Kunden verärgert über neue Kontomodelle der Sparkasse Einige Anfragen bei Verbraucherschützern

Kunden der Sparkasse Dortmund ärgern sich über neue Kontomodelle
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Seit vielen Jahrzehnten ist Frank Schwinge (72) Kunde bei der Sparkasse Dortmund. Jetzt hat er - wie viele Girokonto-Inhaber - von dem Geldinstitut ein Schreiben bekommen. „Für Sie“, heißt es darin, „kombinieren wir modernes Banking und starke Sicherheitsleistungen mit exklusiven Mehrwerten.“

Die Sparkasse kündigt so ihre schon vor etwa einem Jahr eingeführte neue Kontowelt mit dem Titel „Das Echte“ an. Wer noch keine der neuen Konto-Varianten nutzt, soll nun überzeugt werden. Frank Schwinge hat in dem Schreiben neugierig weitergelesen und erfahren, dass er mit der Karte für sein neues Girokonto künftig in 1.200 Online-Shops vergünstigt shoppen kann. Und dass ihm die Konto-Variante „Echt stark“ empfohlen wird. Das Wichtigste erfuhr der Derner am Schluss: „Bitte beachten Sie, dass die derzeitigen Kontomodelle zukünftig nicht mehr fortgeführt werden können.“

„Die Sparkasse behält sich also vor, mir das Konto zu kündigen, wenn ich kein neues nehme, das fast doppelt so teuer ist. Das ist der Hammer. Ich kenne viele ältere Leute, die auch seit Ewigkeiten ein Konto bei der Sparkasse haben, und die jetzt Panik haben“, sagt Frank Schwinge.

8,90 Euro fürs Girokonto

Ähnliches stellt auch Alexandra Kopetzki, Leiterin der Verbraucherberatung an der Reinoldistraße, fest. „Es melden sich vermehrt Betroffene bei uns. Manche beschweren sich über die Preise, andere haben Datenschutzbedenken bezüglich der Bonusprogramme über Drittfirmen oder haben schlicht auch nicht alle Unterlagen vorliegen, um überhaupt entscheiden zu können“, sagt sie.

Weil Banken und Sparkassen für ihre Kunden nicht mehr einfach neue Preise festlegen können, die dann auch akzeptiert werden – wie dies früher möglich gewesen sei –, würden jetzt alle Kundinnen und Kunden angeschrieben. Es reiche nicht mehr, keinen Widerspruch zu bekommen, sondern die Bank brauche die ausdrückliche Zustimmung. „Die Verträge“, erklärt Verbraucherschützerin Alexandra Kopetzki, „laufen so lange weiter, bis man sich auf eine Änderung geeinigt oder eine Seite den Vertrag gekündigt hat. Selbst bei einer Kündigung seitens der Bank hätte man im Normalfall noch mindestens zwei Monate Zeit, sich nach einem neuen Konto umzuschauen. Da sollte man sich als Kunde nicht unter Druck setzen lassen.“

Frank Schwinge sagt, dass er für sein Girokonto derzeit pauschal und inklusive aller Buchungskosten 4,95 Euro im Monat bezahlt. „Jetzt soll ich plötzlich 8,90 Euro bezahlen“, so der 72-Jährige. Dass er dann auch 5 Prozent Rückvergütung auf einen Reisepreis, 5 Prozent auf einen Ticketpreis und auch Preisvorteile beim Online-Shoppen bekommt, interessiert ihn nicht: „Wer braucht denn sowas!?“, sagt er.

„Sinnlose Scheinvorteile“

Alexandra Kopetzki rät den Kunden, sich alle wichtigen Informationen einzuholen und nicht einfach zu unterschreiben - auch wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgeltinformationen der Sparkasse auf 105 (!) Seiten dargelegt sind. „Wenn man sich über die Kontomodelle und Bonusprogramme informiert hat, kann man entscheiden, ob man zu gestiegenen Preisen inklusive Bonusprogrammen bei der Sparkasse bleiben will“, sagt sie und ergänzt: „Nach unserem Verständnis ergibt sich das Problem, dass Kundinnen und Kunden, die nicht am Bonusprogramm teilnehmen möchten und der Datenweitergabe an Drittanbieter widersprechen, nur das Kontomodell ‚Echt Pur‘ nutzen können, was zwar die niedrigste Grundgebühr hat, aber wegen der Buchungsposten-Entgelte meist teurer werden dürfte als die anderen Kontomodelle.“

Ein Sparkassen-Kunde aus Holzen, dessen Name der Redaktion bekannt ist, hat den Oberbürgermeister und auch ein Mitglied im Kuratorium der Sparkasse angeschrieben. Man solle das Konto-Modell in der bisherigen Form verhindern. Ein Girokonto werde „mit sinnlosen Scheinvorteilen wie Einkaufsportal und Schlüsselversicherung“ gekoppelt. Selbst das günstige der „Das Echte“-Konten sei „nun fast doppelt so teuer wie mein bisheriger Tarif“, schreibt der 64-jährige Kunde. Die Sparkasse nutze ihre marktbeherrschende Position aus und treffe auch viele sozial Schwache.

Tatsächlich hat die Sparkasse in Dortmund gut 300.000 Privatkunden. „Sehr viele haben ihr Konto bereits umgestellt und die Vorteilsleistungen sowie auch die Sicherheitsleistungen genutzt. Und sie sind absolut zufrieden, wir haben ein gutes Feedback“, sagt Sparkassen-Sprecherin Sophie Hartmann.

„Erlebbare Mehrwerte“

Man biete den Kunden heute mehr als nur Zahlungsverkehr. „Mit unserer Vorteilswelt“, so Sophie Hartmann, „haben Kunden die Möglichkeit, bares Geld zu sparen. Egal, ob in den mehr als 1.200 Online-Shops oder im regionalen Einzelhandel. Dafür haben wir mit der Mehrwerk GmbH eine verlässliche Partnerin an unserer Seite. Das Unternehmen mit Sitz in Bielefeld ermöglicht vielen Sparkassenkunden in Deutschland erlebbare Mehrwerte. Solche Partnerschaften versetzen uns in die Lage, in vielen Bereichen ein optimales Angebot zu bieten. Die Datenhoheit liegt dabei bei der Sparkasse Dortmund.“

Sparkassen-Sprecherin Sophie Hartmann, dass man von Kunden auch schon sehr viel positives Feedback zum neuen Kontomodell erhalten habe. Die Sparkasse hat in Dortmund rund 300.000 Privatkunden.
Sparkassen-Sprecherin Sophie Hartmann sagt, dass man von Kunden auch schon sehr viel positives Feedback zum neuen Kontomodell erhalten habe. Die Sparkasse hat in Dortmund rund 300.000 Privatkunden. © Sparkasse

Zur Gebührenerhöhung erklärt die Sprecherin: „Genau wie bei den inkludierten Mehrwertleistungen haben wir uns auch bei der Preisgestaltung an den Bedarfen unserer Kunden orientiert. Der Großteil der Menschen wünscht sich bei der Nutzung von Dienstleistungen Pauschalpreise. Deshalb kann der Kunde bei uns aus vier verschiedenen Mehrwertpaketen wählen. Aber auch Kunden, die die Vorteilsleistungen nicht nutzen möchten, finden bei uns das richtige Konto.“

Als regionales Kreditinstitut, so wird betont, biete die Sparkasse dafür die persönliche Beratung an. Rund 500 Beraterinnen und Berater stünden in 19 Filialen telefonisch und digital zur Verfügung. Wer sich bequem von Zuhause einen ersten Eindruck verschaffen wolle, könne den Kontofinder nutzen und auch direkt online sein Konto umstellen oder eröffnen.

Banken haben steigende Kosten

Viele Banken und Sparkassen haben in der Niedrigzinsphase ihre Geschäftsmodelle verändert und Gebühren erhöht. Auch steigende Kosten für Personal oder die Unterhaltung von Geldautomaten setzten die Regionalbanken, die vor Ort ihre Dienstleistungen anbieten, unter Druck. Gebührenfreie Konten sind deutschlandweit inzwischen die Ausnahme.

Die Commerzbank gehört zu den Banken, die noch ein kostenloses Girokonto (Voraussetzung ist ein monatlicher Mindesteingang von 700 Euro) anbieten. „Es ist das beliebteste Konto-Modell“, sagt eine Commerzbank-Sprecherin. Bei diesem digitalen Basisprodukt fallen allerdings zusätzliche Kosten von 2,50 Euro je Vorgang/Scheck für beleghafte Inlands-/SEPA-Überweisungen sowie je Bargeld-Aus- und Bargeld-Einzahlung am Schalter der Commerzbank an. Das Klassikkonto, das solche Leistungen pauschal enthält, kostet 6,90 Euro im Monat.

„Wechsel nicht kompliziert“

Die Dortmunder Volksbank hält ihre Kontoführungsgebühren seit vielen Jahren ziemlich stabil. Die letzte Erhöhung gab es 2017, davor wurde 12 Jahre lang an den Preisen nichts geändert. Das günstigste Konto „meinKontoDirekt“, so teilte die Volksbank auf Anfrage mit, koste monatlich (inklusive Girocard) 4,95 Euro. Es werde von 50 Prozent der Kunden genutzt und biete einen Onlineservice für den Zahlungsverkehr, persönliche Beratung via Kundendialog-Center oder eine persönliche Beratung in den Filialen.

Wer sich über zu teure Kontoführungsgebühren oder für ihn nicht passende Kontomodelle ärgert, dem rät Verbraucherschützerin Alexandra Kopetzki, über einen Wechsel der Bank nachzudenken. „Dieser ist nicht so kompliziert wie manch einer denkt. Alle Institute bieten eine Kontowechselhilfe an. Jede Preiserhöhung sollte Verbraucherinnen und Verbraucher zumindest zum Nachdenken bringen, ob man bei seiner bisherigen Bank gut aufgehoben ist“, sagt sie.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 14. Februar 2024.

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