Krischan Höltershinken ist Inhaber der Firma Hödicon. Sein Start-up-Unternehmen arbeitet für die Gastronomie und bietet Dienstleistungen rund um die Lebensmittel-Hygiene an - zum Beispiel die Reinigung von Fritteusen. Händeringend wartet er auf die Novemberhilfe. © Hödicon

Corona-Krise

Späte Novemberhilfe: Dortmunder Firmenchef sauer auf Minister Altmaier

Unbürokratisch und schnell sollten vom Lockdown betroffene Unternehmen Finanz-Hilfen bekommen. Doch darauf warten die Firmen noch immer. Ein Dortmunder wandte sich nun an Minister Altmaier.

Dortmund

, 26.11.2020 / Lesedauer: 4 min

Wenn es um Sauberkeit und Hygiene im Umgang mit Lebensmitteln geht, dann ist Krischan Höltershinken mit seiner Firma Hödicon als Experte gefragt. Chemiefreie Lebensmittel-Hygiene ist sein Geschäft.

Das Dortmunder Start-up-Unternehmen sorgt mit seinen Dienstleistungen vor allem in der Gastronomie für die erforderliche Reinlichkeit - von der Reinigung der Fritteusen bis zur virenfreien Oberflächen-Hygiene in der Küche.

„Warte dringend auf versprochene Novemberhilfe“

„In diesem Monat habe ich nicht einen Auftrag bekommen und nicht einen Euro verdient. Auch die Gastronomen, die Außer-Haus-Verkauf anbieten, leisten sich derzeit keinen externen Dienstleister. Auf die versprochene Novemberhilfe warte ich also dringend“, sagt Krischan Höltershinken.

Tatsächlich war die staatliche Finanzhilfe bis Dienstag, 24.11., nicht beantragbar. Weshalb Höltershinken sich als Inhaber seiner Firma mit zurzeit 10 Beschäftigten in Kurzarbeit an den Bundeswirtschaftsminister wandte.

Er schrieb Peter Altmaier: „Es wurde zugesagt, dass nach den niedrigen Auszahlungsquoten der Überbrückungshilfe (nur 1 Mrd. von 25 Mrd. Euro) jetzt alles unbürokratisch und schnell gehen sollte. Der Umsatz als Bezugsgröße hatte einfache Verfahren erwarten lassen, denn das Finanzamt kennt die Umsätze auf den Cent genau. Jetzt aber baut sich eine bürokratische Welle auf, die alles verzögert. So darf es nicht weitergehen.“

Plattform mit dem Antragsformular brach zusammen

Als hätte der Minister sich das zu Herzen genommen, war für die Steuerberater, die die Novemberhilfen auf der bundeseinheitlichen IT-Plattform der Überbrückungshilfe beantragen müssen, so ein Antragsformular immerhin am Mittwoch, 25.11., anzuklicken.

„Es hing aber sofort wieder, weil natürlich viele sofort darauf zuzugreifen versuchten“, sagt Steuerberaterin Simone Stier vom Büro Radloff, Ploch & Partner im Defdahl in der östlichen Innenstadt.

Als außerordentliche Wirtschaftshilfe der Bundesregierung in der Corona-Krise kann die „Novemberhilfe“ beantragt werden. Dies müssen allerdings Steuerberater tun. © dpa

Krischan Höltershinken ist einer von vielen Klienten, für die Stier derzeit das Geld vom Staat zu beantragen versucht. „Es sind etliche darunter, die nicht mehr weiter wissen und dringend Unterstützung brauchen. Dazu gehören Gastrobetriebe, Messebauer und vor allem auch Schausteller“, sagt sie.

Für alle bestehe seit dem 1. Oktober wieder eine Insolvenzantragspflicht, wenn es zur Zahlungsunfähigkeit kommt. Die nur in Aussicht stehenden Novemberhilfen dürften vorher nicht gegengerechnet werden. Die Not ist aber jetzt groß, denn zum Monatswechsel müssen Gehälter bezahlt, Kurzarbeitergeld vorgestreckt und Mieten oder Pachten überwiesen werden.

Ob erstmal nur ein Abschlag oder schon die endgültige Summe beantragt werden kann, konnte Simone Stier so schnell am Bildschirm nicht feststellen. Insgesamt sieht sie einen gewaltigen bürokratischen Aufwand und die bleibende Ungewissheit darüber, wann das Geld letztlich ausgezahlt wird.

„Einfacher wäre es gewesen“, sagt auch sie, „die Daten vom Finanzamt zu nehmen. Dann hätte man erstmal effektiv geholfen. Die Kontrolle können Steuerberater hinterher immer noch machen.“

Novemberhilfe: „Komme mir vor wie ein Bettler“

Auch, wenn es nicht von dem Teil-Lockdown direkt betroffen sei, sei ein Unternehmen wie Hödicon ihrer Meinung nach antragsberechtigt. „Die Firma macht mindestens 80 Prozent ihrer Umsätze mit Firmen, die direkt betroffen sind“, so Simone Stier.

Gleiches gilt für René Frauenkron, der gerade im Dortmunder Westen versucht, sich und die vier Mitarbeiter seiner Kronsland GmbH durch die Krise zu bringen. Das Unternehmen produziert an der Martener Straße Pflanzen- und Frittieröle für die Gastronomie. „Wir haben 70 Prozent Umsatzeinbruch und ich komme mir gerade vor wie ein Bettler, wie ein Bittsteller“, sagt René Frauenkron.

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Zum Monatswechsel - Lockdown hin, Lockdown her - muss er die Löhne auszahlen. „Das Kurzarbeitergeld hilft uns. Aber ich muss dafür in Vorleistung gehen und bekomme es erst am 15. zurück. Ich habe ein KfW-Darlehen aufgenommen, um liquide zu bleiben“, so Frauenkron.

Jeder Euro in der Kasse würde gut tun. „Mein Steuerberater“, sagt der Firmenchef, „hat meine Zahlen abgefragt, um nun den Antrag auf die Novemberhilfe zu stellen. Aber wie viel und wann etwas kommt, weiß ich nicht.“ Seinen Mitarbeitern musste er jetzt sagen, dass es kein Weihnachtsgeld gibt. „Das kratzt an meiner Ehre. Aber ich weiß nicht, woher ich es nehmen soll.“

Kammern vertrauen auf das Hilfe-Versprechen

Mut machen sowohl die Industrie- und Handelskammer als auch die Handwerkskammer ihren Mitgliedsunternehmen. Das Bundesfinanzministerium habe am 12. November angekündigt, dass die Beantragung der Hilfe ab der letzten Novemberwoche möglich sei. Dies werde jetzt auch umgesetzt und erste Abschlagszahlungen sollen jetzt erfolgen, teilt die Handwerkskammer Dortmund mit.

Auch die Industrie- und Handelskammer zu Dortmund sieht die Bundesregierung bei den Novemberhilfen noch im selbst gesteckten Zeitplan und vertraut darauf, dass Betriebe, die stark betroffen sind, eine finanzielle Entschädigung für ihre Ausfälle erhalten. Pressesprecher Gero Brandenburg blickt schon weiter nach vorn. „Mit der Verlängerung des Teil-Lockdowns sind natürlich auch Dezemberhilfen notwendig“, sagt er.

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