1999 klang keine Metalband so wie Slipknot, mit ihrer kompromisslosen Härte, versetzt mit elektronischer Musik und ihrer Horror-Ikonografie. Zu seinem 25-jährigen Jubiläum sind Slipknot gerade mit ihrem Debütalbum „Slipknot“ auf Welttournee und nahmen bei einem von drei Deutschland-Stops auch Dortmund mit.
Ausverkaufte Westfalenhalle
Durch den Haupteingang der ausverkauften Westfalenhalle zwängen sich größtenteils schwarz gekleidete, sichtlich vorfreudige Teenager bis hin zu Altrockern.
Die meisten dürften aber zwischen 30 und 40 Jahren alt sein – sie waren Teenager, als Slipknot zwischen 1999 und 2005 auf dem Höhepunkt ihres Schaffens waren und die Musiksozialisation all derer mitprägten, die noch etwas Härteres wollten als Linkin Park. 2005, als Slipknot mit ihrem bis heute größten Hit „Duality“ auch auf MTV liefen, trugen die härtesten Typen, nach denen man sich auf dem Schulhof umgedreht hat, Bandshirts von Slipknot.
Beim Konzert sind die drei Ruhrpottler Vanessa, Fabian und Sebastian, drei extrem erfahrene Konzertgänger im E-Gitarren-Bereich. Auch Slipknot sehen sie an diesem Abend nicht zum ersten Mal, auch wenn es schon ein paar Jahre her ist.

Slipknots Vorband ist auf dem Europa-Teil der Tour die Metalcore-Band „Bleed From Within“ aus Glasgow. Schon während ihres Auftritts ist zumindest der Stehbereich der Westfalenhalle ziemlich voll mit Leuten, die sich schon mal warmmachen wollen.

Bleed From Within klingen ein bisschen so, als hätte man einer KI gesagt, sie soll Musik für eine Metalcore-Band erstellen. Das klingt alles sehr rund, kompetent und modern, besitzt aber kaum Alleinstellungsmerkmale. Vanessa und Sebastian sehen das ähnlich, Fabian findet diese Vorband schlicht „egal“.
Allerdings scheinen viele im Stehbereich die Bemühungen der Band trotz gedrosselten Sounds wohlwollend aufzunehmen. Im kommenden Jahr kehren sie mit neuem Album nach NRW zurück.

Nach der Umbaupause kommen Slipknot überpünktlich um 21 Uhr auf die Bühne. Der Innenraum ist voll, auf den Rängen sitzt niemand, alle stehen.

„Alle bei Slipknot sind richtig gute Musiker“, findet Vanessa, „und ich mag auch alles drumherum“. Slipknot sind bekannt für ihre bestimmte Ikonografie. Auf ihrem Albumcover von 1999 und an diesem Freitag in Dortmund tragen sie ihre roten Overalls und wie immer ihre tatsächlich Angst einflößenden Masken.
Gesamtkunstwerk
Mit dem an Industriebrache erinnernden Bühnenbild müsste Slipknot in Dortmund ohnehin offene Hallentore einrennen. Auch manche Bewegungsabläufe auf der Bühne haben ihre Wirkung, wenn etwa der Schlagzeuger vor dem ersten Song wie ein Psychopath an den Bühnenrand tapst, um dann einem Fan in der ersten Reihe ein Herzsymbol zu zeigen, oder, wenn einer der Perkussionisten scheinbar unberechenbar mit seinem Baseballschläger hantiert, bevor er damit aus einem Stahlfass ein Schlaginstrument macht.
Während der Sänger von Bleed From Within das Publikum noch auffordern musste, „Circle Pits“ und „Walls Of Death“ zu veranstalten, läuft das bei Slipknot von selbst und größer. Zu Polonaisen mit 30 Meter Radius wiegeln sich diejenigen auf, die zum audiovisuellen Erlebnis noch mehr Haptik hinzufügen wollen.
Viele Hits fehlen
Mehr der bekannteren Songs aus Slipknots Gesamtwerk wie „Before I Forget“ oder „The Heretic Anthem“ hätten sich Vanessa, Fabian und Sebastian schon gewünscht an diesem Abend. „Es ist zwar eine coole Idee, sich für eine Jubiläumstour nur dem Debütalbum zu widmen“, findet Fabian, aber zwischen dem Einstieg ins Konzert und der Zugabe, wohin Slipknot die Hits des Albums geschoben hatten, „gab es schon einige Längen“.

Der Rest der ausverkauften Westfalenhalle (Ticketpreis 104 Euro) hätte das wohl auch goutiert, denn schon beim Song „Spit It Out“ sangen die Fans den Refrain mit enormer Lautstärke mit.
Sound hätte besser sein können
Was uns zum Sound der Band bringt. Umso größer die Halle, desto schwerer ist es, gut und hart zu klingen, aber bei Slipknot in der Westfalenhalle war noch Luft nach oben in Sachen Klarheit und Lautstärke.
Beeindruckend war jedoch unter anderem die Stimme des Frontmanns Corey Taylor, der am Sonntag seinen 51. Geburtstag feiert. Seine Stimme ist in der 25-jährigen Bandgeschichte gereift wie Rotwein und ließ nicht den Hauch von Ermatten feststellen.

Vor dem vorletzten Song „Surfacing“ ermunterte Corey Taylor alle 15.000 Zuschauer, ihre Mittelfinger in die Höhe zu recken. „Dieser Mittelfinger ist für alle, die euch sagen wollen, was ihr zu denken und tun habt – inklusive mir selbst“, spricht der Star der Band inbrünstig und die Botschaft kommt hörbar gut an. Zumindest bei der Masse, Fabian findet solche anbiedernden Ansagen immer peinlich.
Unterm Strich waren die drei Ruhrpottler und scheinbar auch der Großteil der 15.000 zufrieden mit dem Abend. Das Konzert hat keine Erwartungen gesprengt, aber das ist Meckern auf hohem Niveau, schließlich war eine Band zu sehen und zu hören, die nicht umsonst seit 25 Jahren weltweit große Hallen füllt, obwohl sie keinen Pop und keine elektronische Tanzmusik macht.