
© Jörg Bauerfeld
Sex für 20 Euro: Aplerbecker klagen über Zustände am Marsbruchplatz
Ruhestörung
Im Dortmunder Süden ist alles besser, heißt es. Die Anwohner am Marsbruchplatz können das nicht bestätigen. Sie klagen über Saufgelage, Polenböller, Einschusslöcher – und zweifelhafte Angebote.
Wilfried Hahn hat die Aussicht überhaupt im Aplerbecker Ortskern. Aus seiner Wohnung im vierten Stock blickt er in Richtung Westen auf das Wasserschloss Haus Rodenberg.
Die Aussicht nach Osten würde er am liebsten „in die Tonne kloppen“. Gut, da ist das Sparkassenhaus, in dem sein Kumpel Wolfgang Vesenberg wohnt, aber dazwischen liegt der Marsbruchplatz.
Über das, was sich dort immer wieder abspielt, muss der 63-Jährige dann doch das eine oder andere Wort verlieren. Denn immer wieder rappelt es hier – und zwar richtig. Die Jugendlichen, die sich regelmäßig in den Abendstunden hier treffen, lärmen nämlich nicht nur rum, sie werfen den Anwohnern auch Polenböller vor die Tür.
„Und sie müssen mal hören, wie das hier hallt, da haut es mich vom Sofa“, sagt Wolfgang Vesenberg. „Der Hund von meiner Nachbarin ist durch die Böllerei schon ganz durcheinander.“ Vesenberg ist jetzt 72 Jahre alt, 35 davon wohnt er in direkter Nachbarschaft zum Marsbruchplatz.
Seit dem Sommer wird es immer schlimmer
„Aber es wird in den letzten Jahren immer schlimmer mit den Jugendlichen“, so Vesenberg. Vor allem das mit der Knallerei. Seit dem Sommer sei das so. „Keine Ahnung, wo die die Dinger herbekommen.“ Im Moment sei es ein wenig ruhiger vor der Tür. Doch: „Gegen 18 Uhr fängt die Versammlung an, das geht dann bis morgens um vier“, sagt Vesenberg.
Der ist, genau wie Wilfried Hahn, nicht nur sauer auf die „Böllerwerfer“. Auch die Polizei hat bei den beiden nicht die besten Karten. Denn Anrufe, wenn es auf dem Marsbruchplatz mit dem Lärm losgehe, blieben oft ohne Reaktion.

Am Marsbruchplatz treffen sich immer wieder Jugendliche. © Jörg Bauerfeld
„Da fliegt ein Böller und die Herren sind zwanzig Minuten später da. Da sind doch schon alle weg“, sagt Vesenberg. Bis auf das eine Mal, wo er den Beamten am Telefon sogar eine genaue Beschreibung von den „Knallern“ mit auf den Weg gegeben hatte. „Ich hab dann vom Fenster aus gesehen, wie die, die ich beschrieben hatte, einfach so an den Polizisten vorbeigingen.“
Schon 14 Polizeieinsätze am Marsbruchplatz
Wobei die Polizei durchaus auch vor Ort ist. „Von Anfang Juni 2019 bis jetzt sind in unserem Einsatzcomputer insgesamt 14 Einsätze nach 20 Uhr am Marsbruchplatz hinterlegt. Nach 22 Uhr sind es 9 Einsätze (in den 14 enthalten). Die Einsatzanlässe reichen von ‚hilfloser Person‘ über ‚Pyrotechnik‘ bis ‚Streit‘“, sagt Peter Bandermann, Pressesprecher der Polizei .

In der dritten Etage ist ein Projektil in die Scheibe geschlagen. © Jörg Bauerfeld
Auch die Verwaltung habe man schon informiert, passiert sei da aber noch nichts, so Hahn und Vesenberg unisono. Dabei hat die Politik vor Ort das Problem durchaus im Blick. So haben schon Gespräche mit der Polizei und auch mit dem Jugendamt stattgefunden. Auch aufsuchende Jugendarbeit soll es vor Ort schon geben.
Die Mauer dient als Bar
„Es gibt aber hier auch so eine Art Grüppchenbildung. Die einen hängen direkt am Marsbruchplatz ab und nutzen die Mauer, die dort ist, als Bar“, sagt Vesenberg, „und dann wird ordentlich gesoffen“. Die anderen würden mehr in Richtung Marktplatz und Emscher stehen.
Das eine oder andere Mal haben die beiden die Jugendlichen auch schon angesprochen. „Wir sind ab und zu im Krönchen und trinken ein Bier und auf dem Rückweg sind die dann natürlich auch da“, so Hahn.
Aber sprechen können man mit denen nicht. Es gäbe nur freche Antworten und auch schon mal einen Spruch von den jungen Mädchen, dass sie es „einem für nen Zwanni oral machen“.
Kein Dummejungenstreich mehr
Dass die ganze Nummer am Marsbruchplatz auch mal ins Auge gehen könnte, liegt nicht nur an den Polenböllern, die nicht nur laut, sondern auch gefährlich sind. Ein Blick auf ein Fenster im 3. Stock des Treppenhauses eines Mietshauses am Marsbruchplatz zeigt auch eine weitere Gefährdung, die über einen Dummejungenstreich hinausgeht.
„Da hat jemand mit nem Luftgewehr draufgeschossen“, vermutet Hahn. Wer das war? Schulterzucken.
Jörg Bauerfeld, Redakteur, berichtet hauptsächlich in Wort, Bild und Ton aus dem Dortmunder Süden.
