
© Oliver Schaper
Selbstversuch: Wir testen einen Mietkoch aus Dortmund
Festmahl
In Zeiten, in denen Restaurants geschlossen sind und man Kontakte vermeiden will, kommt ein Mietkoch sehr gelegen. Der kommt zu einem nach Hause und kocht vor Ort. Wir haben es ausprobiert.
Auch Tage danach habe ich noch Geschmack der saftigen Garnele, der im Mund zerfallenden Ochsenbäckchen und der sehr knusprigen Creme Brûlée im Kopf und mir läuft sofort das Wasser im Mund zusammen.
Aber von vorn: Vor wenigen Tagen hatten wir davon erfahren, dass man in Dortmund einen Koch mieten kann. In Corona-Zeiten genau das Richtige, um sich das Restaurant-Feeling nach Hause zu holen. Die Kontaktaufnahme mit Tobias Filthaut lief über Facebook, dann telefonierten wir. Innerhalb weniger Minuten stand der Termin fest.
„Als Mietkoch ist das finanzielle Risiko dagegen geringer“
Filthaut ist 39 Jahre alt, kommt ursprünglich aus dem Sauerland und machte dort seine Ausbildung zum Koch. Wenig später zog es ihn nach Dortmund. „Schon zu meiner Jugendzeit waren wir häufig in Dortmund, um ins Kino oder die Clubs zu gehen.“ In der Ruhrgebietsstadt arbeitet er zunächst bei Sternekoch Mario Kalweit. Später zog es ihn ins Vida. Aktuell ist er im Restaurant „Der Schneider“ tätig.
Auf die Idee des Mietkochs kommt er, weil er gerne ein bisschen auch sein eigener Chef sein möchte. „Ein eigenes Restaurant zu eröffnen, ist sehr teuer. Als Mietkoch dagegen ist das finanzielle Risiko geringer und man kann sich die Zeit gut einteilen“, erklärt Filthaut.
Sein Plan war es, als Mietkoch in Teilzeit zu arbeiten und zudem weiter im Restaurant beschäftigt zu sein - auch wegen der Versicherung. In diesem Jahr kam Corona dazwischen, aber im nächsten Jahr will er diese Zweiteilung nochmal probieren.
Eine weitere Motivation: Er wollte näher an seinen Gästen sein. Als Koch im Restaurant habe er meist wenig Kontakt zu den Menschen, für die er Essen zubereitet. „Wenn ich bei Leuten zuhause bin, lerne ich sie kennen und wir quatschen miteinander. “
Kartoffelchip sorgt für Abwechslung
Aber nun zum Essen. Er kommt pünktlich und begibt sich sofort in die Küche. Der Umgang ist unkompliziert, nach wenigen Minuten duzen wir uns. Er hat neben dem Essen alles dabei: Teller, Besteck, Schälchen, Töpfe und alle Werkzeuge, die er sonst so braucht. Wir unterhalten uns nett, während er den ersten Gang zubereitet.
Als kleine Vorspeise gibt es ein paar kleine Brotscheiben mit einer frischkäse-artigen Creme mit Kirschtomaten. Lecker. Wenig später steht der erste Gang an: hausgebeizter Lachs mit gebranntem Lauch und Trüffelmayo - dazu gibt es einen kleinen Kartoffelchip, der für eine spezielle Abwechslung auf dem Teller sorgt.
Der Lachs ist super zart und passt gut zu dem Trüffelmayo. Dazu empfiehlt der Koch einen Weißwein vom Weingut Minges - das Besondere hierbei ist die Rebsorte: Scheurebe. Der 39-Jährige erzählt einiges über das Weingut. Da ich eher ein Bier-Mensch bin, bekomme ich ein Arcobräu - ein Helles aus Bayern. Die leicht süffige Note passt super zum Lachs.
Käse mit besonderer Konsistenz
Dann folgt der zweite Gang: eine geflämmte Garnele mit Kürbis und Chicorée. Die Garnele ist super saftig. Der Chicorée, den ich sonst eher als bitter im Kopf habe, ist mild und ergänzt sich gut mit dem bissfesten Kürbis. Aus der Garnele wird zudem noch etwas Saft gewonnen, der dazu serviert wird.
Die Portionsgrößen sind gut gewählt. So, dass man einen guten Eindruck vom Gericht bekommt, aber nicht zu satt wird - auch damit noch Platz für den nächsten Gang bleibt. Zwischen den Gängen lässt Filthaut immer genug Zeit zum Verdauen.
Als nächstes folgt Maishähnchen mit Rahmwirsing und Belper Knolle. „Die Belper Knolle wurde mal bei der Käseproduktion vergessen“, erzählt der Koch, „wenige Tage später fand man ihn dann und der Käse hatte eine besondere Konsistenz. Daraufhin startete man die Herstellung.“
Belper Knolle
Ein Rohmilchkäse, der mit süßem Schweizer Knoblauch versetzt wird, zu Kugeln geformt und mit schwarzem gemahlenem Pfeffer umhüllt ist.Filthaut raspelt die Knolle über dem Maishähnchen. Meine Freundin bleibt noch bei ihrem Wein, ich bin mittlerweile auf ein Pale Ale von Maisel umgestiegen. Der leicht fruchtige Geschmack passt gut dazu.
Creme Brûlée mit knuspriger Zuckerkruste
Als nächstes steht der eigentliche „Hauptgang“ an. Ochsenbäckchen mit Kartoffel-Gemüsestampf mit gerösteten Mandeln und confierten Schalotten. Das Fleisch zerfällt im Mund. Zudem ragt der Kartoffelbrei heraus - gerade wegen seiner fluffigen Konsistenz, aber es sind auch ein paar Kartoffelstücken eingearbeitet - lecker!
Zu dem deftigen Gang empfiehlt er Flying Solo - „einen Rosé, der wie ein Rotwein daherkommt“, wie Filthaut sagt. „Kräftig im Geschmack, aber nicht so schwer wie andere Rotweine.“ Ich gönne mir mein drittes Bier - wohlgemerkt ein 0,33er - ein Grimbergen Dubbel. Ein Dunkles aus Belgien, was gut zur kräftigen Bratensoße passt.
Als Nachtisch gibt es Ingwer Creme Brûlée mit karamellisierter Ananas und Kokoscrumble. Die Zuckerkruste kommt sehr knusprig daher und ist ein guter Kontrast zur fruchtigen Ananas. Ein sehr würdiger letzter Gang des Menus.
Alles zusammen - fünf Gänge plus Wein und Bier - kosten 203 Euro für zwei Personen. Wer drei Gänge - Garnele und Maishähnchen entfallen - mag, zahlt 168 Euro. Das Menü ist ein nur Beispiel. Filthaut passt sich individuell den Wünschen der Gäste an. „Wenn jemand Steinbutt oder Rinderfilet haben möchte, wird es teurer, weil die Ware teurer ist.“
Der Abend geht mit einem netten Plausch zu Ende. Wir unterhalten uns übers Kochen und Essen. Der Koch erzählt, dass er gerne mit vielen Menschen zusammen isst und es ist ihm wichtig ist, sein Essen stets selbst zuzubereiten - auch wenn es nur ein belegtes Brot sei. Die drei Stunden, die der 39-Jährige bei uns war, sind schnell vergangen.
Dieser Artikel ist Teil der neuen Reihe „Foodlover Dortmund“. Alle Artikel dieser Reihe finden Sie hier.
Kontakt
- Tobias Filthaut erreicht man besten unter 0171 48 67 159.
- Aktuell kocht er im Schnitt dreimal die Woche. Termine lassen sich kurzfristig vereinbaren.
Gebürtiger Brandenburger. Hat Evangelische Theologie studiert. Wollte aber schon von klein auf Journalist werden, weil er stets neugierig war und nervige Fragen stellte. Arbeitet gern an verbrauchernahen Themen, damit die Leute da draußen besser informiert sind.
