Selbstoptimierungs-Groteske im Studio uraufgeführt „Der Dämon in dir muss Heimat finden“

Selbstoptimierungs-Groteske im Studio uraufgeführt
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Lola Fuchs hat wieder eine neue Geschäftsidee. In „Der Dämon in dir muss Heimat finden“ geht es um das Mental-Health-Unternehmen Dawn. Die Autorin brachte ihre groteske Komödie als Regisseurin im Studio des Theater Dortmund am Freitagabend zur Uraufführung - und die Eröffnungspremiere erntete reichlich Applaus.

In der vorletzten Spielzeit brachte Lola Fuchs ihre „gewinnorientierte Trashkomödie“, so der Untertitel von „Die Not steht ihr gut“, auf die Studio-Bühne. Damals gehörte sie noch zum Schauspiel-Ensemble und spielte auch selbst mit. Es ging um eine Agentur, die Frauen wieder fit für den Arbeitsmarkt macht. Das Ganze läuft natürlich aus dem Ruder – und nach einem ähnlichen Muster hat sie auch ihr neues Werk konzipiert, mit dem sie ihre humorvoll-überspitzte Erkundung der Gegenwartsgesellschaft mit ihrem Selbstoptimierungswahn fortsetzt.

Szene aus "Der Dämon in dir muss Heimat finden"
Dawn-Chefin und Medium (Marlena Keil) mit ihrem Bruder (Linus Ebner), der mit dem Unternehmen anderes als Selbsthilfe im Sinn hat. © Hupfeld

Hysterisch-aufgedreht stürzen vier Mädels, die Lola Fuchs zeitgeistgemäß mit Doppelnamen ausgerüstet hat, auf die Bühne und weihen das Publikum in die Geschichte ein. Es geht um ihre Freundin Mandy-Galadriel, eine gescheiterte Singer-Songwriterin, die einen Paketshop betreibt. Sie wollen sie von ihrem Loser-Dasein erlösen – und schenken ihr zum 30. Geburtstag einen Gutschein für eine bewusstseinserweiternde Begegnung mit ihrem inneren Kind.

Die mentale Wiedergeburt soll zu einem selbstbestimmten Leben verhelfen. Immerhin hat die Chefin von Dawn den titelgebenden Bestseller geschrieben. Die Freundinnen konnten ja nicht ahnen, zu welcher Katastrophe ihr Geschenk führt. Und der Weg dorthin wird nun in einem knapp zweistündigen Rückblick gezeigt.

Überzeichnetes Mimik-Spiel

Die Geburtstagsparty mit Nika Miskovic als verpeilte Mandy ist als Live-Projektion zu sehen. Sprechende Köpfe, die das überzeichnete Mimik-Spiel des Mimen-Quintetts gut zur Geltung bringen. Und Kameramann Tobias Hoeft hat in dieser Produktion viel zu tun, gefühlt ist das Schauspiel gut zur Hälfte als Live-Video zu sehen. Dafür hat Ausstatterin Anita Ackva, die in dieser Funktion auch schon bei der vorherigen Arbeit von Lola Fuchs mit von der Partie war, drei Kammern und eine weiße Wand auf der Spielfläche aufgereiht.

Im Dawn-Turm trifft Mandy auf die von Linda Elsner im schicken Business-Kostüm überzeugend verkörperte neurotische Ex-Karrierefrau Melli, die mittlerweile unter Angststörungen und Panikattacken leidet. Ekkehard Freye tritt als linksextremistischer Geist Florian auf, der vor Ungemach warnt.

Chefin ist auch ein Medium

Marlena Keil spielt die Dawn-Chefin mit übersinnlichen Kräften, ihre sozialen Medien-Infos bezieht sie aus einer Glaskugel. Und dann ist da noch Linus Ebner in der Rolle ihres Bruders Markus, der in einem rosa Guru-Outfit steckt und mit dem Unternehmen ganz anderes als Selbsthilfe im Sinn hat.

Denn der „Bösewicht“ will dem Arbeitsmarkt genügend Schafe, also Arbeiter besorgen – und da kommen die von seiner Schwester zu Leben erweckten inneren Kinder der Kunden, die sogenannten Schattenkinder ins Spiel, dargestellt von fünf Kinder-/Jugend-Statisten. Während Mandy versucht, ihr inneres Kind zu retten, will Melli ihres kaufen und damit zurück in ihre Karrierewelt kehren…

Weitere Aufführungen

Am Ende rafft es Geist Florian ebenso dahin wie die Dawn-Chefin. Allerdings kehren in dieser amüsant-überdrehten Selbstoptimierungs-Groteske sie und die Schattenkinder als Gespenster zurück und umkreisen singend Markus und sein Sonnenkind Florian, die eigentlich fliehen wollen.

Weitere Aufführungen sind am 22. September, 1., 20. Und 25. Oktober wieder im Studio am Hiltropwall. Karten gibt es im Kundencenter des Theaters am Platz der Alten Synagoge, unter Tel. 5027222 und auf der Theaterhomepage www.theaterdo.de.

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