Über 400 Euro für die Einschulung der Tochter „Hätte ich mir ohne Hilfe nicht leisten können“

„Ohne Eltern hätte ich mir den Schulstart nicht leisten können“
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Eine Einschulung kann ganz schön ins Geld gehen: Schulranzen, Etui, Turnbeutel, Hefte, Stifte, Pinsel – da kommt einiges an Kosten auf die Eltern der i-Dötzchen zu. Manche können sich diese Ausgaben nicht leisten.

Auch bei Kim-Jennifer Schröder (32) aus Dortmund sei es knapp gewesen. Sie hat eine 6-jährige Tochter, die am 22.8. eingeschult wird. Als alleinerziehende Mutter und Integrationskraft in Schulen bezieht sie aufstockend Leistungen vom Amt. Für die Ausgaben zur Einschulung ihrer Tochter Mila haben die jedoch kaum gereicht.

300 Euro für einen Schulranzen

Allein der Preis für einen Tornister habe die Mutter abgeschreckt: „Meine Tochter ist sehr klein für ihr Alter, also ist die Wahl schnell auf ein bestimmtes, mitwachsendes Modell gefallen. Das hat aber leider stolze 300 Euro gekostet.“

Zum Glück habe ihre Mutter die Kosten übernommen: „Sie hatte noch einen 20 Prozent-Gutschein und zusammen mit einer Rabattaktion des Geschäfts ging es dann einigermaßen.“

Die 32-Jährige ist sehr dankbar für die Unterstützung ihrer Eltern: „Wäre meine Mutter nicht zur Stelle gewesen, hätte ich meine Tochter vertrösten und in ihr trauriges Gesicht gucken müssen.“ Bei so einem besonderen Ereignis wie der Einschulung hätte es ihr sehr weh getan, den Wunsch ihrer Tochter nicht zu erfüllen.

Nur mit einem Schulranzen käme Mila in der Schule aber nicht weit. Sie braucht Stifte, Hefte, Trinkflasche und andere Materialien. „Bei unserem Modell war glücklicherweise ein befülltes Etui und ein Turnbeutel dabei. Wir haben aber auch welche für 300 Euro gesehen, die das nicht inklusive hatten.“

Marken-Produkte gewünscht

Für den Rest habe Kim-Jennifer Schröder die gesamten 130 Euro Schulausstattungsgeld des Amtes benutzen müssen: „Auf der Materialliste unserer Schule waren viele Markenprodukte gewünscht. Ich sollte zum Beispiel bevorzugt teure Pelikan-Pinsel kaufen, die ergonomisch geformt sind.“ Ein einziger Pinsel habe 3,50 Euro gekostet.

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Schulbedarfspaket

Das Schulbedarfspaket ist Teil der Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Laut dem Familienministerium gibt es für das erste Schulhalbjahr eines Kindes „130 Euro für Materialien, die in der Schule benötigt werden“. Im zweiten Schulhalbjahr kommen weitere 65 Euro hinzu. Eltern oder Alleinerziehende mit Kind, die Kinderzuschlag, Wohn-, Bürger- oder Sozialgeld, Sozialhilfe oder Asylbewerber-Leistungen erhalten, dürfen das Schulbedarfspaket bekommen.

„Abgesehen davon, dass meine Tochter zu Hause auch mit normalen Holzpinseln super malt: Wie oft verlieren Kinder ihre Klamotten? Die sind ja auch noch jung“, so die Mutter. „Und: Die 130 Euro vom Amt sind für das erste Schulhalbjahr – ich bin dankbar, keine Frage, aber damit kommt man nicht weit.“

Materialliste zur Einschulung
Diese Liste habe Kim-Jennifer Schröder am ersten Elternabend vor der Einschulung von der Grundschule bekommen. © privat

„Angst vor Mobbing“

Sie sei erleichtert, dass ihre Tochter jetzt gut aufgestellt ist für ihren ersten Schultag: „Davor hatte ich tatsächlich am meisten Angst: Dass meine Tochter nicht die Marken hat, wie alle anderen und so der Grundstein fürs Mobbing in der Schule gelegt wird. Das sehe ich auf der Arbeit jeden Tag.“ Schüler würden von anderen gehänselt, weil sie nicht die guten Marken-Stifte hätten, sondern die aus dem Ein-Euro-Laden.

Mit Blick auf die Zukunft mache sich Kim-Jennifer Schröder Sorgen: „Wenn sich bei der Unterstützung vom Amt für Alleinerziehende nichts ändert, glaube ich, dass viele Kinder untergehen werden.“ Zumal mit jedem neuen Fach auf der weiterführenden Schule auch der Materialbedarf steige.

Auch ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass ein Schulleben nicht günstig ist: Laut einer Umfrage des Vergleichsportals idealo aus dem Jahr 2017 zahlen Eltern in Deutschland für eine 12-jährige Schullaufbahn fast 20.700 Euro. In Nordrhein-Westfalen sollen es sogar rund 22.900 Euro sein.

Schulstart-Hilfen in Dortmund

In Dortmund gibt es verschiedene Projekte, die Menschen zum Schulstart unterstützen. Ein Beispiel ist die Stiftung „Help and Hope“: Seit 2021 organisiert sie die Schulstarter-Aktion. „Die Idee dahinter: In Zusammenarbeit mit den Grund- und Förderschulen in Dortmund ermöglichen wir bedürftigen Kindern ein Schulstarter-Paket“, heißt es auf der Internetseite der Stiftung. Darin enthalten sei vieles, das in den Tornister gehört: von Brotdose und Trinkflasche, über Farbmalkasten und Pinsel bis hin zu Schere und Kleber.

2024 konnte die Initiative 2108 Schulanfängerinnen und -anfänger mit einem Schulstarter-Pakete unterstützen. Im Vorjahr waren es 1706.

Eine weitere Aktion ist das Schulranzenprojekt der Stiftung Kinderglück. Hier können ausschließlich Kindergärten, Grundschulen, städtische Familienbüros und andere Jugendhilfeträger Schultaschen, -rucksäcke und weiteres Zubehör für Kinder beantragen. Jeder Antrag werde laut Internetseite der Stiftung nach bestimmten Kriterien geprüft.

Am Verteiltag werden die Sachen in der Kinderglück-Halle, gegenüber des Dortmunder Flughafens in Holzwickede an die Antragsteller ausgegeben. Die Idee dahinter: Die Kinder sollen nicht merken, dass es sich um eine Spende handelt.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 20. August 2024.