„Schuldlos geschieden“ und „Einheirat in Besitztum“ Partnersuche in den 50er-Jahren

Heiratsanzeigen: Was Dortmundern 1955 beim Partner wichtig war
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Das heutige Online-Dating ist keine wirklich neue Erfindung. Schon vor dem digitalen Zeitalter haben sich Paare über geschriebene Nachrichten kennengelernt. „Heiratsanzeigen in unserer Zeitung sind ein beliebter und erfolgreicher Weg, den Partner fürs Leben zu finden“, ist schon in einer Dortmunder Ausgabe vom 11. Februar 1955 zu lesen.

Und doch lief die Kommunikation natürlich ganz anders ab. Wo es heute zum Beispiel auf verschiedensten Datingseiten ausführliche Nutzerprofile mit zahlreichen Fotos gibt, musste man vor fast 70 Jahren noch in wenigen Worten auf den Punkt bringen, nach wem oder was man sucht.

Kostenpunkt für eine solche Zeitungsanzeige: 25 Pfennig pro Wort. Dafür Hunderttausende, die die Anzeige lesen – so heißt es zu jener Zeit in einem Werbetext. Die Menschen formulierten ihre Anzeige damals dann auch auf verschiedene Weise.

Wenige Worte

„Neujahrswunsch! Witwe, 50 Jahre, evangelisch, schlanke Erscheinung, Eigentum, erwachsener Sohn, wünscht Bekanntschaft eines aufrichtigen, berufstätigen Herrn“, heißt es etwa in der Zeitung vom 5. Januar 1955. In wenigen Worten wird hier einiges genannt – unter anderem auch die eigene Konfession.

Ist dies den meisten Menschen des christlichen Glaubens heute wohl eher egal, war diese früher von hoher Bedeutung, denn: Bis 1970 waren Ehen zwischen Menschen mit unterschiedlicher Konfession verboten. Wer also beispielsweise katholisch war, der suchte auch nach einem katholischen Partner.

Besitztum auf dem Lande

In einer weiteren Anzeige derselben Zeitungsausgabe wird einem „strebsamen, gutaussehenden katholischen Herrn Einheirat in ein schönes Besitztum auf dem Lande geboten“. Damit sollen vor allem Handwerker, Eisenbahner oder Menschen mit ähnlicher Berufung angesprochen werden.

Einheirat wird auch in anderen Annoncen aufgeführt, beispielsweise in der Wochenendzeitung vom 8. und 9. Januar 1955: „Tüchtigem Fräulein, gut aussehend, wird Einheirat in Hotel geboten.“

Gruppensuche nach Partnerinnen

In selbiger Ausgabe gibt es sogar auch Sammelanzeigen: Drei „gut aussehende“ Männer geben an, dass sie wiederum „drei gut aussehende Mädchen“ suchen. Diese sollen eine einwandfreie Vergangenheit, Interesse für Natur, Musik, Literatur und alles Schöne haben – hohe Ansprüche in wenigen Worten verpackt.

Um dann auch prüfen zu können, ob die sich auf die Anzeige meldenden Damen aus Sicht der drei Herren auch wirklich „gut aussehend“ sind, wird eine Bildzuschrift vorausgesetzt. In vielen anderen Annoncen wird eine solche ebenfalls verlangt.

In weiteren Anzeigen wird nach „charakterfesten“ oder „lebenstüchtigen“ Partner gesucht, ebenfalls nach jenen in einer „gefestigten“ beziehungsweise „sicheren Position“. Auch eine „tadellose Vergangenheit“ wird häufig erwähnt. Ein Mann sucht ein „edeldenkendes, schaffensfrohes, evangelisches Mädel“, welches die Mutter seiner Buben und ihm eine liebe Lebensgefährtin sein möchte.

„Werbung“ mit Beruf

Häufig wird auch mit dem eigenen Beruf geworben. Es melden sich Bergmänner, Goldschmiede, Kaufmänner, Handwerker oder auch Akademiker.

Ein „katholischer Herr“, der selbst nach einer passenden „Gefährtin fürs Leben“ sucht, möchte gleichzeitig für seine Freundin – ohne ihr Wissen – einen Mann finden. Er solle zwischen 30 und 40 Jahre alt sein, könne Kriegsversehrter oder Witwer mit Kind sein. Sie selbst sei 30 Jahre alt, musikliebend und häuslich – eine Wohnung sei vorhanden, heißt es in der Annonce vom 29. Januar 1955.

Diese Anzeige lässt auch schon erahnen: Die Spuren des 1945 beendeten Zweiten Weltkriegs sind hier gut zu erkennen. Es sind viele Witwen, zum Teil auch Kriegswitwen, die nach einem Lebenspartner suchen. Auch „Kriegsversehrte“ und „Spätheimkehrer“ – also jene, die aus einer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt sind – hoffen, eine Partnerin zu finden.

Geschieden – aber auch schuldlos?

Eine Angabe, die ebenfalls in einigen Annoncen ins Auge sticht: „schuldlos geschieden“. Bis 1977 war das sogenannte Schuldprinzip bei einer Scheidung Teil des westdeutschen Rechts. Grundsätzlich galt: Eigentlich fürs ganze Leben gedachte Ehen sollten nur im Ausnahmefall geschieden werden.

Zumeist war dies dann der Fall, wenn ein Ehegatte oder eine Ehegattin ein schuldhaftes Verhalten gegenüber der anderen Person gezeigt hatte. Ein Beispiel: Ehebruch. Der Schuldspruch hatte dann auch Einfluss etwa auf Unterhaltsfragen.

Für manche Suchende ist eine vorangegangene Scheidung aber auch schon ein K.-o.-Kriterium: „Geschieden zwecklos“, heißt es in manchen Anzeigen. Auch wenn es für den einen oder anderen heute durchaus noch relevant sein kann, ob der potenzielle Partner bereits verheiratet war, wird die „Schuldfrage“ für die Trennung inzwischen wohl eher eine untergeordnete Rolle spielen.

Haben Sie Ihr Glück früher auch über eine Kontaktanzeige gesucht? Haben Sie es sogar auf diesem Weg gefunden und sind inzwischen verheiratet? Erzählen Sie uns Ihre Geschichte und melden Sie sich per Mail unter dortmund@ruhrnachrichten.de.

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