Renate Fichna (l.) verkauft ihre gebrannten Mandeln jetzt im Brechtener Zentrum.

© Irina Höfken

Schaustellerin vom Weihnachtsmarkt: „Viele von uns werden es nicht schaffen“

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Kein Weihnachtsmarkt, keine gebrannten Mandeln? In Brechten gibt es sie noch: Familie Fichna bietet trotz Corona ihre Süßwaren zum Mitnehmen an - trotzdem wird‘s finanziell eng.

Brechten

, 01.12.2020, 11:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Aus der Bahn sieht man den pinkfarbenen Kirmeswagen von Familie Fichna schon von Weitem. Eigentlich sollte er wie jedes Jahr auf dem Weihnachtsmarkt stehen und die Besucher mit gebrannten Mandeln, Zuckerwatte, Lebkuchenherzen, kandierten Äpfeln und Co. versorgen. Jetzt steht er allein im Brechtener Zentrum an der Evinger Straße 587.

Anstatt auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt steht der Wagen der Fichnas dieses Jahr an der Evinger Straße 587.

Anstatt auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt steht der Wagen der Fichnas dieses Jahr an der Evinger Straße 587. © Irina Höfken

Weihnachtsmarkt-Feeling zum Mitnehmen

Wie alle anderen Großveranstaltungen ist auch der Dortmunder Weihnachtsmarkt wegen der steigenden Corona-Zahlen abgesagt worden. „Im Februar waren wir noch auf der Karnevalskirmes, dann haben uns die Absagen wie eine Welle überrollt“, sagt Renate Fichna. Seit Juni steht ihr Wagen im Brechtener Zentrum vor ihrem Imbiss „eat“ zwischen Netto und Aldi statt auf den Jahrmärkten in NRW.

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Für die Anwohner in Brechten ist der pinkfarbene Stand ein süßer Trost in der Vorweihnachtszeit. Direkt vor der Haustür bekommen sie jetzt wenigstens ein bisschen Weihnachtsmarkt-Feeling portionsweise zum Mitnehmen, montags bis samstags von 11 bis 20 Uhr. Für Renate Fichna und ihre Familie ist das eine Überlebensstrategie, um den Kopf finanziell über Wasser zu halten. Das sei eine Notlösung, keine Alternative zum Ausfall. Damit sich auch die Schulkinder in der Pause etwas kaufen können, seien sie sogar mit den Preisen weiter runter gegangen.

Vertrauen in die Hygiene-Konzepte der Schausteller fehlt

Ihr Leben lang arbeiten ihre Eltern, ihre Söhne und sie als Schausteller. Nicht nur finanziell sei die Lage dramatisch, auch das Familienleben werde durch die Krise strapaziert. „Uns hat das plötzliche Berufsverbot erwischt wie ein Lkw. Selbst wenn das Geschäft wieder anläuft, müssen wir erst wieder zurück auf die Bahn finden“, erzählt die Betreiberin von Zuckersüss Fichna.

Trotz Krise lässt sich Renate Fichna nicht den Humor nehmen. Jetzt verkauft sie Lebkuchenherzen mit der Aufschrift "Fuck Corona".

Trotz Krise lässt sich Renate Fichna nicht den Humor nehmen. Jetzt verkauft sie Lebkuchenherzen mit der Aufschrift "Fuck Corona". © Irina Höfken

Was den Schaustellern vor allem fehle, sei das Vertrauen in ihre Hygiene-Konzepte. Erst sei das Wintergeld in die Instandhaltung der Wagen geflossen, dann weiteres Geld in die Umsetzung der Konzepte. Jetzt kommt kaum Geld nach. Weder die Corona-Hilfe im März sei eine Alternative gewesen, noch die jetzt beantragte Novemberhilfe. Mit ihrem Imbiss habe sie wenigstens ein zweites Standbein, viele andere ihrer Kollegen haben das nicht.

„Wenn nicht bald etwas passiert, stirbt die Kirmes“

Ihr trauriges Resümee lautet: „Viele von uns werden es nicht schaffen. Wenn nicht bald etwas passiert, gehen wirklich für immer die Lichter aus. Dann stirbt die Kirmes.“ Lichtblick bliebe nur der Impfstoff.

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Alternative Aktionen können derzeit nicht geplant werden, unterstreicht Patrick Arens, Vorsitzender des Schaustellervereins. Sollten sich die Fallzahlen im Dezember verbessern, würde das neue Möglichkeiten eröffnen, in kürzerer Zeit etwas Neues auf die Beine zu stellen.