China-Restaurant. Ein Wort wie Omas Geburtstag in den 90ern. Mit paniertem Schwein und knallbuntem Gemüse, süß-sauer ertränkt auf blassmintgrünen Tellern in Blattform sitzt die Familie zwischen güldenen Drachenfiguren im düster vertäfelten Schummerzimmer. Die 90er sind vorbei. Und „Miss Mai“ in bester Gastro-Lage an der Lindemannstraße 15 ist völlig anders als die Asia-Tempel von annodazumal.
Was kann der helle, kleine Laden? Auf zum Check 2023.
Die Atmosphäre:
Miss Mai besteht aus zwei Räumen: Im Restaurantbereich dominieren schicke, grobe Holzmöbel in weiß und rot. Grünpflanzen und Kissen sorgen für Heimeligkeit. Das Licht ist vielleicht ein Ideechen zu hell.
Raum Nummer zwei erreicht man quer durchs Treppenhaus. Hier erinnern zumindest die großen, dunklen Holzstühle mit den kerzengeraden Lehnen und die bunten Wände ein klitzekleines bisschen an die China-Tempel der 90er.

Die Speisekarte:
Hier hat die Pandemie ein Spürchen hinterlassen: Auf dem Tisch klebt ein QR-Code, die Karte gibt‘s digital, informiert die Bedienung. Schade um die einzelnen Kärtchen für die Speisen, mit Beschreibung, Foto und teils Rezepten, die es früher gab.
Geblieben ist das Kreative beim Benennen der Gerichte. Die Suppe wird zum „Mekong Reisenden“, oder man bestellt „den Atem des schlafenden Drachen“ oder „Genosse Wu‘s größte Versuchung“.
Die Vorspeisen im Test:

Bei den Vorspeisen ist „Hähnchen auf einem grünen Bett“ der Code für Hähnchen, Gurkenstreifen, Sesam-Erdnusscreme (vegan mit Tofu möglich) - für die Hähnchen-Variante entscheidet sich meine Begleitung.
Ich entscheide mich aus sieben Vorspeisen, die es mehrheitlich auch in einer veganen Variante gibt, für die „Jiaozi - Frau Mai‘s Meisterstück“ - die handgemachten Teigtaschen gibt’s für mich in der variante „grün“ mit Tofu, Spinat, Erdnüssen und Tofucreme.
Meine Begleitung findet für das gebettete Hähnchen nur ein Wort: „Wow“ - und wird diesen Teil des Essens später als das Highlight bezeichnen. Meine Jiaouzi sind überraschend - nämlich buchstäblich grün, der Teig ist gefärbt. Geschmack: Nicht zu weich, leicht salzig. Der Tofu in der Füllung ist kleingehackt, was ihm ein bisschen den Charakter von sehr, sehr feinem Hackfleisch verleiht.
Jetzt liegt die Latte der Erwartungen hoch...

Die Hauptspeisen im Test:
Hauptspeisen stehen sechs Stück zur Auswahl. Man kann jeweils wählen zwischen Fleisch, Fisch oder Tofu. Veganer oder Vegetarier sind hier also nicht im Nachteil. Dickes Plus, denn selbst in asiatischen Restaurants ist das nicht selbstverständlich - trotz der verglichen mit Europa viel längeren fleischlosen Ernährungstradidtion vieler Landesküchen.
Zweite Besonderheit: Standard-Basis der Gerichte ist kein Reis. Sondern es gibt Bandnudeln, handgemacht laut Karte. Wer Reis oder Reisnudeln bevorzugt, kann dies bei der Bestellung angeben.

Ich entscheide mich für den „Feuerspucker aus Sichuan“, das schärfste Gericht auf der Karte (Gemüse, Sichuanpfeffer, Chiliflocken, für mich vegan mit Tofu). Meine Begleitung wählt das poetischste: „Sandy Beaches, Green River... next to a Mangotree“ (Gemüse, Kokos-Mango-Currysauce, leicht pikant, in diesem Fall mit Schweinefleisch).
Der „Feuerspucker“ wird mein Highlight: Fabelhafte Schärfe, aber brennt nicht. Die Aromen sind gut zu schmecken. Die Schärfe kann man erhöhen. Was „sogar für Chinesen scharf“ (Aufpreis: zwei Euro) bedeutet, macht mich als Fan von sehr (wirklich sehr) scharfem Essen neugierig... Meine Begleitung bezeichnet das Schwein vom Sandstrand als „sehr lecker, fruchtig bis cremig, echt gut“. Erwartungslatte souverän übersprungen.

Das Dessert im Test:
Die vier Desserts schlagen den Bogen nach Europa: Schokladenkuchen („Tod durch Schokolade, Klassiker, möchte man sagen), Möhrenkuchen, weiße Schokomousse. Letztere ist zumindest „Prinzessin Yuzu liebstes Dessert“, wie die Karte verrät. Und enthält Yuzu. Eine asiatische Frucht, etwas zwischen Orange und Zitrone, wie die ebenso kompetente wie freundliche Bedienung erläutert. Gekauft. Meine Begleitung bleibt klassisch beim Schokokuchen.
Urteil: beides gut, kreativ angerichtet. Das Prinzessinnen-Dessert mit rosa Zuckerpuder und Goldverzierung ein echter Augenschmaus. Aber trotz Yuzu geschmacklich wenig exotisch.

Der Service:
Wir wurden im Laufe des Abends von zwei Servicekräften bedient. Beide sehr freundlich und bemüht, dass wir uns heimisch fühlen und einen schönen Abend verbringen. Das Du war Standard. Einer fehlten noch ein wenig die Sprachkenntnisse. Das machte sie durch Freundlichkeit, Lächeln und echtes Bemühen wett.
Barrierefreiheit:
Beide Räume des Miss Mai sind klein und eng. Im Restaurantraum dürfte es mit einem Gefährt ab der Größe eines Kinderwagens schwierig werden. Der Caféraum ist etwas großzügiger. In beiden gibt es Tische in Türnähe, die gut zu erreichen sind. Am besten vorher einfach anrufen und abklären, was möglich ist.
Parkplatzsituation:
Gibt keine. Kreuzviertel halt. Punkt. Am besten mit der Bahn anreisen. Die U- und S-Bahnstation Möllerbrücke ist keine drei Minuten entfernt.
Kinderfreundlichkeit:
Keine Aussage möglich, da am Abend (20 Uhr) keine Kinder anwesend waren. Die Räume sind wie erwähnt sehr eng. So betrachtet eher was für Familien mit älteren Kindern ohne Tobe-Drang.
Die Preise:
Vorspeisen gibt es von 4,90 (gewürzte Edamame) bis 19,90 Euro (die große Variante der „Pekingente neu aufgelegt“, was aber wohl eher eine Hauptspeise ist. Hauptspeisen gibt es von 11,90 Euro (vegane Variante ohne Tofu) bis 17,90 (mit Riesengarnelen). Desserts kosten 4,20 bis 4,90 Euro. Getränke-Stichprobe: Wasser 2,90, Tsingtao-Bier 3,50 Euro, Rotwein (Primitivo) 5,90 Euro.
Netzstimmen:
Bei Google erhält Miss Mai 4,6 von 5 möglichen Sternen bei 619 Bewertungen (Stand Januar 2023). Bei Trip Advisor gibt es bei 131 Bewertungen 4,5 von 5 möglichen Sternen. Miss Mai wird damit auf Platz Nummer 12 von 509 bewerteten Dortmunder Restaurants gelistet.
Restaurant Miss Mai - alles auf einen Blick
Adresse: Lindemannstraße 15, 44137 Dortmund
Öffnungszeiten: Donnerstag bis Dienstag 12-22 Uhr, Mittwochs Ruhetag
Web: missmai.de
Telefon: 0231-3382799
Reservierung telefonisch
Parkplätze: Keine
ÖPNV: S+U Möllerbrücke (U42, S4)
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