„Unmögliches Verhalten“, eine „Sauerei“ – Frank Zinkes Wortwahl lässt keinen Zweifel daran, dass er einen Hals auf den Energieversorger Eon hat. Grund für den Ärger ist die Heizkostenabrechnung für das Jahr 2021. Betroffen sind große Siedlungen im Dortmunder Westen, die flächendeckend mit Fernwärme von Eon beheizt werden, etwa die Adressen Grollmannsweg in Westerfilde und Siepmannstraße in Kirchlinde.
Eon-Kunden müssen nachzahlen
Erst im Oktober vergangenen Jahres erhielten die Dortmunder Fernwärme-Kunden von Eon ihre Endabrechnung für 2021. Beim Öffnen der Post dürften viele einen Schreck bekommen haben. Eon schreibt, dass das Ablesen der Verbräuche nicht möglich gewesen sei und der Gesamtverbrauch der kompletten Siedlungen daher über die Quadratmeter auf die einzelnen Kunden verteilt werden müsse.
Auf Nachfrage bestätigt Eon, dass das Unternehmen „Techem“ für die falsche Ablesung verantwortlich ist, sowohl im Grollmannsweg als auch in der Siepmannstraße. „Die Ursache war ein händischer Fehler in der Datenerfassung des Zählerstands“, so eine Eon-Sprecherin. Dass man dazu mit „Techem“ im Austausch stehe, ist alles, was Eon zu möglichen Konsequenzen in der Zusammenarbeit mit dem Dienstleister sagt.

Seinen Kunden in den betroffenen Straßen gegenüber erhebt Eon außerdem happige Nachzahlungsforderungen, teils vierstellig (wir berichteten). Frank Zinke soll zwar nur 50 Euro nachzahlen, aber: „Verglichen mit den Vorjahren ist das sehr ungewöhnlich. Wir haben normalerweise immer um die 500 Euro zurückbekommen.“ Seine Frau und er hätten gezielt höhere Abschläge gezahlt, um am Ende Geld zurückzubekommen und nicht draufzahlen zu müssen, erklärt Frank Zinke.
Seine Tochter und Schwiegereltern, die ebenfalls in der Siepmannstraße wohnen, müssen ebenfalls nachzahlen. „Meine Tochter hat in den Vorjahren auch immer etwa 300 Euro zurückbekommen“, berichtet Frank Zinke. „Jetzt soll sie 400 Euro nachzahlen. Das heißt also eine Kostenerhöhung von 700 Euro.“
Eon: Haben früh informiert
Laut Eon haben die Ablesungsfehler allerdings nur wenig mit den Nachzahlungen zu tun. Wesentlicher Grund seien die gestiegenen Energiepreise auf dem internationalen Markt. Auf Anfrage teilt eine Sprecherin des Konzerns mit: „Insbesondere seit September 2021 sind die Marktpreise für Energie und vor allem Erdgas deutlich gestiegen.“ Da auch bei der Fernwärmeerzeugung Erdgas benötigt werde, sei man gegenüber den Kostensteigerungen machtlos.
Eon habe die Kunden allerdings möglichst früh über die Preissteigerungen informiert, teilt die Unternehmenssprecherin mit. Frank Zinke findet tatsächlich noch einen Brief von Oktober 2021, in dem Eon empfiehlt, die Abschlagszahlungen zu erhöhen. „Da wir sonst ja immer viel zurückbekommen haben, haben wir da damals nur drüber gelacht“, so Zinke.
Der springende Punkt ist für Frank Zinke allerdings auch nicht die Nachzahlung, sondern die Tatsache, dass die Energierechnung für das Jahr 2021 nicht auf Basis der realen Verbräuche ermittelt wurde, sondern nach Quadratmeterzahl. Das findet Frank Zinke mehr als ärgerlich: „Hätte man einfach alle Heizungen den ganzen Winter durchlaufen lassen, bezahlt man das Gleiche wie jemand, der seine Heizung gar nicht genutzt hat. Das ist in meinen Augen die größte Sauerei.“
Frank Zinke schaltet Anwalt ein
Für den Dortmunder ist es nicht nachvollziehbar, dass Eon sich nicht stattdessen an den Vorjahresverbräuchen orientiert hat. Auch das von Eon mit der Ablesung beauftragte Unternehmen Techem sieht Frank Zinke in der Verantwortung: „In meinen Augen sollte dieser Dienstleister dann für den Schaden aufkommen, den er durch falsches Ablesen verursacht hat. Dass alles jetzt auf die Mieter abgewälzt wird, ist natürlich schön einfach.“
Bei der Abrechnung über die Quadratmeter beruft sich Eon auf die Heizkostenverordnung. Darin ist in der Tat geregelt, dass die Kosten pro Quadratmeter berechnet werden müssen, wenn für über 25 des Wohnblocks keine Verbrauchsdaten vorliegen.

Die Zinkes haben sich an ihren Anwalt gewandt. „Der hat Eon jetzt gebeten, die Zahlungsaufforderung noch mal detaillierter zu begründen.“ Aus der Sicht des Anwalts habe Eon sich allerdings an die Heizkostenverordnung gehalten. „Also müssten wir gegen die Heizkostenverordnung selbst klagen“, so Frank Zinke. Um zu beurteilen, ob das Sinn ergebe, sei es aber noch zu früh.
An der Gesamtrechnung kürzen?
Was Frank Zinke aber auf jeden Fall vor hat, ist die Gesamtrechnung nur zu etwa 85 Prozent zu bezahlen. „Bei einer nicht durch Zählung erstellen Abrechnung können zweistellige Prozentbeträge von der Abrechnung abgezogen werden“, ist er sich sicher. Dieser Auffassung ist auch der Mieterverein „Dortmund und Umgebung e.V.“
Eon nicht. Eine Sprecherin sagt auf Anfrage unserer Redaktion, dass der Konzern solche Kürzungen der Kunden nicht akzeptieren werde. Es sei entsprechend der „geltenden Verordnung abgerechnet worden“, heißt es von Eon. Auch bei dieser Frage könnten also Rechtsstreits folgen. Frank Zinke hat die 50 Euro Nachzahlungsforderung aber zunächst bezahlt. Kürzen oder zurückfordern will er gegebenenfalls später noch.
Was die Situation in den Siedlungen des Dortmunder Westens besonders brisant macht: Im Grollmannsweg und der Siepmannstraße sind die Mieter auf Eon angewiesen, ein Versorgerwechsel nicht möglich. Denn das Unternehmen ist in diesen Bereichen der einzige Fernwärme-Anbieter. „Das wurde bei uns sogar im Mietvertrag festgehalten“, sagt Frank Zinke.
Er und seine Frau wohnen mittlerweile nicht mehr in der Siepmannstraße. Vor einem halben Jahr sind sie nach Bövinghausen umgezogen und damit auch dem Angewiesen-Sein auf Eon entkommen.
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