Falls Tesla-Gründer Elon Musk mit seinem Privatjet einen Tesla-Standort in Deutschland besuchen möchte, gibt es ein Ziel, das für ihn verkehrsgünstiger liegt als das Werk im brandenburgischen Grünheide. Das Tesla-Center Dortmund Holzwickede befindet sich direkt gegenüber vom Flughafen Dortmund – und ist damit eine der weltweit am besten per Flugzeug erreichbaren Verkaufsstellen der US-Marke.
Der libertäre Multimilliardär und Unternehmer (Tesla, X, SpaceX) hat sich verstärkt auch in die deutsche Politik eingemischt. Während Musk für den kommenden US-Präsidenten Donald Trump als Regierungsberater aktiv ist, verschafft er der AfD beim Kurznachrichtendienst X ein Millionenpublikum und beleidigt deutsche Politiker.
Bundeskanzler Olaf Scholz nannte er einen Narren, Bundespräsident Frank Walter Steinmeier einen undemokratischen Tyrannen. Für sein aggressives Auftreten und seine rechten Standpunkte wurde Musik kritisiert. Für Befremden sorgte auch sein Livetalk mit AfD-Chefin Alice Weidel.
Trennen zwischen Marke und Person
Wie Tesla-Kunden und -mitarbeiter die Meinungsäußerungen von Elon Musk aufnehmen, lässt sich womöglich am Tesla-Center in Holzwickede herausfinden. Der Standort ist neben Duisburg eine von nur zwei Vertriebsstätten der US-Marke im Ruhrgebiet. Der Weg in das Gebäude, dessen Architektur an einen Flugzeughangar erinnert, führt durch eine breite Glas-Schiebetür, durch die auch ein Tesla passt.
Es ist schon dunkel an einem Abend im Januar, als ein Mann mit einem Mercedes direkt vor den Eingang fährt. Er hat es eilig, das Autohaus zu betreten, denn gleich ist Ladenschluss. Aber im Vorbeigehen beantwortet der Kunde die Frage, was ihn zu Tesla führt und was er über den Chef denkt: „Ich will mich über einen Tesla informieren. Elon Musk finde ich zum Kotzen.“ Der Mann, der seinen Namen nicht nennen möchte, trennt zwischen der Marke und der Person.
Ideales Familienauto gefunden
Ein Paar mit zwei Kindern verlässt das Autohaus. Familienvater Björn Lange aus Dorsten will statt eines Fords ein „Model Y“ kaufen und ist von der Tesla-Technik überzeugt. „Das ist der einzige Hersteller, der auf meine Kundensicht eingegangen ist. Bei den anderen, wo ich nach einem Elektroauto angefragt habe, hatte ich das Gefühl, dass sie keines verkaufen wollen“, sagt er.
Lange lacht laut, als er auf Musk angesprochen wird. Ob der Tesla-Chef seine Sicht auf die Marke beeinflusst? „Da bin ich zwiegespalten. Seine Äußerungen sind nicht nachvollziehbar, und in dieser Hinsicht ist Elon Musik verrückt. Aber in dem, was er als Unternehmer erreicht hat, ist er genial.“ So verrückt Musk auch sein mag: Von einem Autokauf hält das Lange nicht ab.
Aydin aus Dortmund hat eine Probefahrt mit einem Tesla gemacht und gibt ihn an diesem Abend wieder zurück. „Mal gucken“, sagt er auf die Frage, ob er so einen Wagen auch kaufen wird. Egal wie die Entscheidung letztlich ausfällt: „Elon Musk verändert meinen Blick auf die Marke nicht“, meint er. „Muss er selber wissen, was er von sich gibt.“
Boykott-Aufrufe gegen Tesla wegen Musk
Einige Tage später, diesmal an einem Vormittag, steht Tesla-Fahrer Muhamed Acerbas wartend vor der Tür. Der Dortmunder hat Ersatzteile bestellt und bekommt sie gleich übergeben. Acerbas war kürzlich auf der Autobahn in einen Unfall verwickelt, sein Tesla erlitt dabei einen Schaden, dessen Reparatur er selbst in die Hand nimmt. „Ich bin begeisterter Tesla-Fahrer und bin auch Elon Musk positiv gestimmt“, sagt Acerbas. „Jedem seine eigene Meinung. Aber er als Chef eines so großen Konzerns sollte sich vielleicht zurückhalten, was solche Aussagen über die AfD betrifft.“
Wenn Elon Musk sich auf X äußert, provoziert er regelmäßig. Deshalb wurden schon Boykott-Aufrufe gegen Tesla laut. Das war 2024 so, als sich Musk als Unterstützer von Donald Trump zeigte. Die Drogeriekette Rossmann kündigte an, man wolle in Zukunft keine Teslas mehr kaufen. In einer Umfrage von „Stern“ und „Forsa“ gaben 47 Prozent der Befragten an, dass sie einen Boykott für richtig halten. 37 Prozent sprachen sich dagegen aus, 16 Prozent wollten sich nicht äußern.
Keine Presseauskunft, aber Probefahrt-Angebot
Schon ein Jahr länger liegt eine Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg zurück. Sie ergab 2023, dass viele Tesla Model-3-Besitzer von Elon Musk enttäuscht sind und glauben, dass er der Marke durch seine Äußerungen geschadet hat. Dennoch gaben 87 Prozent der Befragten an, dass sie den Kauf eines anderen Tesla als ihr nächstes Fahrzeug erwägen.
Von den Tesla-Kunden, die ihr Auto verkauften und durch einen Wagen einer anderen Marke ersetzten, gaben 21,5 Prozent Elon Musk als Grund an, es folgten Bedenken wegen der Qualität (18,7 Prozent), Unzufriedenheit über die Markenwahrnehmung (17,8 Prozent) und Kosten (13,1 Prozent).

Wer das Tesla-Autohaus in Holzwickede betritt, geht direkt auf einen Empfang zu, wo an einem Januarmorgen zwei Männer und eine Frau sitzen. Weiter links stehen sieben Fahrzeuge hintereinander in der langgezogenen Verkaufshalle, die im Volksmund auch „Toblerone“ genannt wird, weil sie fast wie der Schokoriegel geformt ist.
Ob der Standortleiter für einen Reporter zu sprechen ist? Wer sich am Empfang durchfragt, findet Fabian Bornemann. Der „Store Supervisor“ reagiert zwar freundlich auf das Erscheinen des Reporters, lehnt aber die Beantwortung jeglicher Presseanfragen ab. Diese müssen direkt an Tesla gerichtet werden.
Bornemann bietet an, die passende E-Mail-Adresse herauszusuchen, und begibt sich dazu in ein gläsernes Büro. Kurz darauf kommt ein anderer Tesla-Mitarbeiter heraus und fragt, ob er eine Probefahrt anbieten könne. Das Angebot wird dankend abgelehnt. Eine Antwort Teslas auf eine schriftlich gestellte Anfrage steht noch aus.
Wer gegenüber Holzwickeder Tesla-Mitarbeitern auf Elon Musk zu sprechen kommt, erhält als Kunde eine diplomatische Antwort. „Die Autos sprechen für sich selbst“, heißt es dann. Andere Tesla-Mitarbeiter wollen sich – auch nach Feierabend außerhalb des Firmengeländes – lieber nicht über ihren Arbeitgeber äußern.
Kaufentscheidung für ein in Deutschland gebautes Auto
Für den Holzwickeder Tesla-Kunden Muhamed Acerbas berührt die Frage, wie man zu Elon Musk steht und welche Konsequenzen für die persönliche Automarke man daraus zieht, ein grundsätzliches ethisches Problem von Konsumenten. Wie weit geht man, wenn man ein Produkt mag, aber das Drumherum nicht? „Dann dürfte man ja viele andere Dinge auch nicht mehr kaufen“, meint Acerbas.
Ein anderer Kunde, der seinen Namen nicht nennen will, fährt ein Model Y und ist sich wegen Elon Musk nicht sicher, ob er noch einmal einen Tesla kaufen würde. „Der Typ ist wahnsinnig.“ Für seine Kaufentscheidung war aber etwas anderes viel wichtiger: „Ich habe mich bewusst für ein in Deutschland gebautes Elektroauto entschieden“, sagt der Lüner.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 14. Januar 2025.