Seit zwei Jahren scheint klar, dass das Westbad abgerissen und in Wischlingen neu gebaut wird. Am Donnerstag entscheidet der Rat. Einige Dorstfelder kämpfen noch für den alten Standort.
Die Zukunft des Westbads am Kortental ist spätestens seit dem Jahr 2015 Thema in Dortmund. Das Bad müsste in den nächsten Jahren saniert oder neu gebaut werden.
Viele Bürger und Politiker sind für einen Neubau am alten Standort, andere haben für einen Neubau in Wischlingen plädiert – in unmittelbarer Nähe zum dortigen Revierpark und angeschlossen an das Soleband. Die Entscheidung pro Wischlingen hat der Rat der Stadt grundsätzlich schon im Juli 2017 getroffen. Am Donnerstag (4. Juli) steht das Thema noch einmal auf der Tagesordnung. Die Ratsmitglieder fällen dann den endgültigen Baubeschluss.
Zu erwarten ist, dass es beim Ja zu Wischlingen bleibt. Aber mit der Entscheidung ist mancher unzufrieden - und zwar quer durch die großen Parteien. An der Basis von SPD und CDU brodelt es noch immer.
CDU-Ortsunion mahnt: „Überlegt euch, was ihr tut!“
Wilhelm Schulte-Coerne, Vorsitzender der CDU-Ortsunion Dorstfeld, appelliert an die Fraktionen: „Überlegt euch, was ihr tut!“ Er traut der Studie nicht, die für einen Neubau in Wischlingen günstigere Kosten veranschlagt hatte als für einen Neubau in Dorstfeld. „Das ist nicht fair beurteilt worden“, sagt der 69-Jährige. Er glaubt, dass die tatsächliche Summe die veranschlagten Kosten von 12,1 Millionen bei weitem übersteigen wird.
Dorstfeld habe ein wunderbares Schwimmbad, das mit einem Kinderbecken auch für Familien attraktiv sei. „Wir waren früher selbst oft mit unserem kleinen Sohn da.“ 14.000 Unterschriften haben Wilhelm Schulte-Coerne und seine Mitstreiter gesammelt, um das Bad am alten Standort im Kortental zu erhalten oder dort neu zu bauen. Schulte-Coerne: „Wir standen kurz vor dem Bürgerbegehren.“
Seine Argumente: „Die Schüler von zwei Grundschulen müssten zukünftig mit dem Bus zum Schwimmunterricht gefahren werden. Die Schwimmabteilung des ATV sowie die DLRG mit ihren Übungseinheiten müssten ebenfalls nach Wischlingen fahren, sollte das Dorstfelder Bad abgerissen werden.“ Und der Abriss wäre klar, sobald der Neubau steht, davon geht der Ortsunions-Vorsitzende fest davon aus.
Bezirksbürgermeister: „Sind dafür, dass das Bad in Dorstfeld bleibt“
„Die Berechnungen überzeugen mich nicht“, sagt auch Bezirksbürgermeister Ralf Stoltze (SPD). „Aus sozialpolitischer Sicht sind wir von der Bezirksvertretung dafür, dass das Bad in Dorstfeld bleibt.“ Eine Entfernung von 1,5 Kilometern könne ein Grund für viele Leute sein, das Bad nicht mehr zu besuchen.
Stolzes Meinung wird in der Bezirksvertretung Innenstadt-West einmütig geteilt. Alle Bezirksvertreter haben sich jüngst in einer Abstimmung für den Standort Kortental ausgesprochen.
Das Problem der örtlichen Politiker: Die großen Ratsfraktionen SPD und CDU sowie die FDP und die AfD sehen die Sache anders. Zum Beispiel Hans Peter Balzer, SPD-Ratsvertreter für Dorstfeld. Der 67-Jährige sagt: „Wir werden den Beschluss fassen, das Bad in Wischlingen neu zu bauen, und das halte ich auch für sinnvoll.“ Das alte Bad in Dorstfeld habe keine Aufenthaltsqualität, und es sei Trend, Sportbäder an ein Spaßbad anzudocken.

Viele Menschen hatten sich im Herbst 2014 vor dem Hallenbad versammelt, um zu protestieren. © Schütze
Den Vorwurf, bei seiner Entscheidung die Basis alleinzulassen, hält Balzer für ungerecht. „Wenn ich in meiner Fraktion keine Mehrheit für den alten Standort kriege, was soll ich dann machen? Wenn mir 47 Leute sagen: Wenn überhaupt, dann bauen wir es in Wischlingen. Dann bin ich doch froh, wenn es überhaupt gebaut wird.“
Balzers Argumente: Ein zusätzliches Bad würde die Schwimmflächen in der Stadt erst einmal vergrößern. „Würde man das marode Bad abreißen und dort erneuern, wären die Schulen und Schwimmvereine für mindestens zwei Jahre heimatlos.“
Marodes Bad oder Super-Standort?
Bezirksbürgermeister Ralf Stoltze kontert: „Die Baufläche neben dem Westbad wäre groß genug, um ein neues Bad zu bauen und das alte so lange weiter zu unterhalten. Das ist aber nicht untersucht worden, weil gar kein Interesse da war.“
Richtig deutlich wird Karl-Otto Galler, Vorsitzender des ATV: „Wir sind dagegen, haben kräftig protestiert und alles ins Feld geführt. Jetzt sind wir schwer enttäuscht.“ Wischlingen sei vergleichsweise nah, aber ein „menschenleerer Raum“ und viel schlechter zu erreichen als das Bad am Kortental.
Er glaubt nicht, dass das Westbad marode sei. „Es ist mit das jüngste aller Dortmunder Bäder. Seit 1983 bringen wir Tausenden Kindern das Schwimmen an einem Super-Standort bei. Dann hätten die anderen vorher geschlossen werden müssen.“ Mit der Summe von 12,1 Millionen Euro, sagt Galler, habe man „die Ja-Sager bedient“.
„Politik ist der Weg des Machbaren!“
Hans Peter Balzer sagt, die Diskussion rege ihn allmählich auf. „Die Welt wird für einen Sportverein nicht untergehen, wenn man anderthalb Kilometer weiter fahren muss.“ Die Einsparung an Betriebskosten, das sei im Gutachten ausgerechnet worden, betrage 650.000 Euro. Im Jahr.
Die Wischlingen-Gegner sind sich einig: Viele wollen das Bad nicht an diesem Standort. „Das ist kein demokratischer Stil, wenn man die Bevölkerung überfährt“, sagt Karl-Otto Galler. „Die Parteien sollten die Menschen mitnehmen und nicht umgekehrt.“
Balzer dagegen sagt: „Politik ist der Weg des Machbaren. Nur dann kann man Politik machen.“
Begegnungen mit interessanten Menschen und ganz nah dran sein an spannenden Geschichten: Das macht für mich Lokaljournalismus aus.
