
© Kevin Kindel
Raser am Hafen: „Ich halte die Situation für wahnsinnig gefährlich“
Autorennen
Gegen die Raser auf dem Wall in der City gibt es neue Blitzer und Straßen-Umbauten. Im Hafen sieht die Polizei keinen Raser-Schwerpunkt – was Anlieger der Speicherstraße ganz anders sehen.
Anwohner und Hausbesitzer aus dem Dortmunder Hafenviertel ärgern sich seit langer Zeit schon über rücksichtslose Autofahrer in den Abendstunden. Dazu heißt es von der Polizei aber: „Es ergaben sich keine Hinweise auf eine Raserszene im Bereich der Speicherstraße.“
Als Pascal Frai diese Aussage hört, muss er lachen. „Ich kenne einige Leute, die das anders sehen“, sagt der Pressesprecher des Dortmunder Hafens. Auch Unternehmensvorstand Uwe Büscher habe selbst schon „einige Filmschnipsel“ von rasenden Autos aufgenommen.
Es sei im Viertel auch bekannt, dass die Fahrer mit ihren Wagen ab und an sogenannte „Donuts“ drehen, sagt Frai. Dabei malt der Reifenabrieb des driftenden Wagens Kreise auf den Boden. Das Quietschen der Reifen und die aufheulenden Motoren stellen für Anwohner häufig eine Lärmbelästigung dar.
Die Dortmunder Polizei führe wöchentlich Schwerpunkteinsätze und Großkontrollen in der ganzen Stadt durch, sagt ihr Sprecher Sven Schönberg: Eine Raserszene am Hafen sei nicht bekannt. „Davon unabhängig wird der betroffene Bereich durch Polizeibeamte der zuständigen Inspektionen regelmäßig bestreift“, so Schönberg.
Große Parkflächen als Treffpunkte
Auch dabei ergaben sich seiner Auskunft nach „bislang keine Hinweise auf illegale Fahrzeugrennen oder das Etablieren einer Raserszene“. Die großen Parkflächen im Bereich des Eventschiffes Herr Walter und der Anlagestelle der Santa Monika dienten am Wochenende kleineren Personengruppen allerdings immer wieder als Treffpunkte.
Wichtig fürs Verständnis ist der Unterschied zwischen Tuning- und Raserszene. Wer sein Auto aufmotzt und es zur Schau stellt, handelt nicht automatisch rechtswidrig. Überhöhte Geschwindigkeiten und Lärmbelästigungen sind es, die die Polizei bekämpfen will.
Im vergangenen Jahr seien im Zuständigkeitsbereich der Polizeibehörde - also in den Städten Dortmund und Lünen - weniger illegale Rennen festgestellt worden als zuvor. Waren es 2018 noch 62 Fälle, sank die Zahl auf 51.
Die Raser im Hafen stellen aus Pascal Frais Sicht jedenfalls unabhängig von der Jahreszeit ein Problem dar, unter dem einige Anlieger des Hafens sehr leiden würden. So auch für Milena Rethmann. Sie betreibt die Gastronomie Umschlagplatz in direkter Nähe des Treffpunkt-Parkplatzes nahe der Sunderweg-Brücke.
„Wir haben schon zwei-, drei- oder 17-mal die Polizei gerufen“
Sie sagt: „Ich halte die Situation für wahnsinnig gefährlich.“ Definitiv habe sich im vergangenen Jahr eine Szene etabliert, die am Hafenbecken grillt, Shisha raucht, auch Drogen konsumiert und Müll zurücklässt. Wenn die Autofahrer über die Speicherstraße rasen, „da wird einem schlecht“, so Rethmann.
Des Öfteren sei es fast zu Unfällen gekommen, wenn Gäste des Umschlagplatzes ausparken wollten und andere Autos mit geschätzten 80 km/h aus der Kurve angeschossen kamen. Viele Familien seien dort mit kleinen Kindern unterwegs, wenige Meter entfernt stehen Mehrfamilienhäuser. „Wir haben schon zwei-, drei- oder 17-mal die Polizei angerufen“, sagt Milena Rethmann.
Pascal Frai meint: „Die Dortmunder Polizei hat eine Chance verstreichen lassen, die Anwohner vor einer Gefahr zu bewahren.“ Mit dem anstehenden Umbau des Hafen-Areals werde sich das Problem womöglich automatisch erledigen. Ende Januar sollen erste Gebäude an der Speicherstraße abgerissen werden.
Kevin Kindel, geboren 1991 in Dortmund, seit 2009 als Journalist tätig, hat in Bremen und in Schweden Journalistik und Kommunikation studiert.
