Zwangsversteigerungen platzen wegen zu großem Andrang Dortmunder Ralf Schmidt übt Kritik

Zwangsversteigerungen geplatzt – Andrang war zu groß für die Räume
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Ralf Schmidt ist ein in Dortmund bekannter Liebhaber und Kenner von Fachwerkhäusern. Als solcher geht er auch ab und an zu Zwangsversteigerungen. Nicht unbedingt, um mitzubieten. Sondern um zu verfolgen, was aus solchen denkmalgeschützten Bauten wird.

Der Imker bewohnt auf seinem Grundstück in Sölde selbst ein Fachwerkhaus. Aus Interesse wollte er dabei sein, als vor einem Jahr der markante Fachwerkbau „Schiefereck“ in Mengede zwangsversteigert werden sollte. Am 9. Dezember sollte das markante, aber verfallende Gebäude für einen Euro unter den Hammer kommen (bei Sanierungskosten von mehr als einer Million Euro).

Doch dazu kam es nicht; denn das Amtsgericht sagte den Zwangsversteigerungstermin am selben Tag ab. Grund: Zu viele Menschen wollten in den Saal des Gerichtsgebäudes.

Grundsatz der Öffentlichkeit

In anderen Städten wie zum Beispiel Wuppertal, führt Schmidt an, dürften bei zu großem Andrang nur Menschen in den Saal, die anhand von beglaubigten und gesicherten Verrechnungsschecks über einen standardmäßig als Sicherheit geforderten Teil der potenziellen Kaufsumme nachweisen könnten, dass sie tatsächlich mitbieten wollen. Alternativ können sie das Geld auch auf ein entsprechendes Konto überweisen und dies nachweisen.

Schmidt fragt sich, warum Dortmund das nicht genauso handhabt.

Dazu sagt Michael Tebbe, Sprecher des Dortmunder Amtsgerichts, die von anderen Gerichten praktizierten Beschränkungen durch Einforderung von Sicherheitsleistungen sähen die zuständigen Rechtspfleger „überwiegend als äußerst problematisch“ an und würden sie deshalb nicht anwenden. Sie verweisen, so Tebbe, auf den Grundsatz der Öffentlichkeit von Versteigerungsterminen.

Doch kann man dann nicht anberaumte Versteigerungstermine einfach platzen lassen, indem man Horden von Zuschauern dorthin bestellt?

21 Zwangsversteigerungstermine

Im laufenden Jahr habe es vor dem Dortmunder Amtsgericht bislang 21 Zwangsversteigerungstermine gegeben, berichtet Tebbe auf Anfrage. Zwei weitere Termine stünden noch am 13. Dezember an. Seit Beginn der Corona-Pandemie hätten zwei Versteigerungstermine wegen Platzmangels für die Öffentlichkeit abgebrochen und verlegt werden müssen.

Tebbe: „Aufgrund der pandemiebedingten Personenbeschränkungen in den Sitzungssälen im Amtsgericht einerseits und des aufgrund des überhitzten Immobilienmarktes gestiegenen Interesses an Zwangsversteigerungen andererseits hatte sich das Amtsgericht zunächst entschieden, Zwangsversteigerungstermine im Reinoldinum am Schwanenwall durchzuführen.“

Nachdem abzusehen gewesen sei, dass es auch dort zu Platzproblemen kommen könnte, fänden die Versteigerungstermine derzeit im FZW statt. „Dort hat es noch keinen Platzmangel gegeben“, so Tebbe.

Einstellung des Verfahrens

Hauptgrund für die Absage von Versteigerungsterminen sei auch nicht der Platzmangel, sondern die Einstellung des Verfahrens, betont der Gerichtssprecher, „zum Beispiel, weil der Schuldner die zu vollstreckende Forderung begleicht oder der Antrag des Gläubigers zurückgenommen wird.“

Das Dach vom Schiefereck in Mengede ist nach der geplatzten Versteigerung im vergangenen Sommer abgebrannt. Wann es zu einem neuen Versteigerungstermin kommt, ist nicht klar.

An Interessenten appelliert

„Jede verhinderte Versteigerung ist ein Schaden für den Gläubiger“, sagt Ralf Schmidt, und ein Schaden für Gebäude, die – wie das Schiefereck in Mengede – durch anschließende Sanierung vor dem weiteren Verfall geschützt werden müssten; denn die Denkmalbehörde lässt zumindest beim Schiefereck keinen Abbruch zu.

Ralf Schmidt war auch bei der Versteigerung eines Problemhauses in der Nordstadt dabei. Auch in diesem Fall wäre die Versteigerung beinahe wegen zu großen Andrangs ausgefallen. Doch die Rechtspfleger appellierten an die Menschenmassen, nach Hause zu gehen, falls sie nicht mitbieten wollten. Mit Erfolg.

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