Über 80 und sportverrückt Dieter Jung aus Dortmund setzt sich bei Radrennen gegen Jüngere durch

Silber bei „Rad am Ring“: „Mich zu fordern, hält mich einfach jung“
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Wenn Dieter Jung (83) aus Dortmund-Berghofen einmal anfängt zu erzählen, gibt es kein Halten mehr. Sport ist sein Leben. Er liebt es, seine körperlichen Grenzen auszutesten. Auch heute noch, mit 83 Jahren. Das Alter sieht man ihm nicht an. Vielleicht ist sein Nachname Programm. „Mich zu fordern, hält mich einfach jung“, sagt der 83-Jährige, der gerade von seinem letzten Abenteuer zurückgekehrt ist.

„Rad am Ring“ heißt die Veranstaltung, an der mehr als 6.000 Radsportbegeisterte teilgenommen haben – in verschiedenen Rennen und nach Altersklassen. Für Dieter Jung gibt es dabei allerdings eigentlich keine mehr. „Ab 70 ist Schluss“, sagt der Berghofer. Also habe er sich mit den teilweise über zehn Jahre jüngeren Radfahrern gemessen. Das Rennen ging über 25 Kilometer – auf dem weltberühmten Nürburgring, auch „Grüne Hölle“ genannt.

Eine Startnummer für Rad am Ring am Nürburgring
6.123: Mit dieser Startnummer ist Dieter Jung bei „Rad am Ring“ an den Start gegangen. © Jörg Bauerfeld

Silber bei „Rad am Ring“

Dort war Dieter Jung bereits im vergangenen Jahr am Start und wurde damals Dritter. Diesmal reichte es nach 84 Kurven, über 600 Höhenmetern und der Überquerung der berüchtigten Nordschleife für Silber. „Hätte ich nicht einen Defekt gehabt, hätte ich gewonnen. Den Jüngeren vor mir hatte ich voll im Griff“, sagt Dieter Jung.

Er ärgert sich, dass er die Schaltung an seinem Carbon-Rennrad selbst eingestellt hatte. „Hätte das mein Sportkollege Otto gemacht, wäre mir das nicht passiert.“

Dieter Jung aus Dortmund-Berghofen spielt bei "Rad am Ring" Mundharmonika.
Dieter Jung gab auf dem Siegerpodest erst einmal ein kleines Mundharmonika-Konzert. © privat

So fuhr der 83-Jährige bei über 30 Grad als Zweiter über die Ziellinie. „Nächstes Jahr wird es Gold“, sagt er lächelnd und fügt hinzu. „Wenn die Gesundheit mitspielt. Man weiß ja nie. Es kann plötzlich vorbei sein.“ Doch was treibt den Berghofer an, seinen Körper in diesem Alter noch so zu belasten?

„Für mich ist das Lebensqualität“, sagt Dieter Jung. So gelinge es ihm, den Alterungsprozess zu verlangsamen. „Man lebt vielleicht nicht länger, aber man stirbt gesünder“, sagt Dieter Jung und lacht.

Nie im Sportverein

Dabei ist er alles andere als ein Asket. „Ich rauche, trinke das eine oder andere Bierchen, aber ich bewege mich viel.“ Dabei hat das mit dem vielen Bewegen erst relativ spät angefangen. „Als Kind hatte ich in der Schule in Sport immer eine Drei“, erinnert er sich. In einem Sportverein war er nie. „Ich war immer Einzelkämpfer und habe immer verrückte Sachen gemacht.“ Während seines Maschinenbaustudiums habe er mit dem Laufen angefangen.

Eine Urkunde für einen Ultra-Marathon.
Über 100 Kilometer ging der Ultra-Marathon in der Mongolei. 1999 war das. © Jörg Bauerfeld

Aber die ganz verrückten Sachen kamen erst viel später, zum Beispiel ein Ultra-Marathon in der Mongolei. 100 Kilometer am Stück. „Da war ich 60.“ Seinen ersten Marathon lief Dieter Jung mit 55 in Shanghai. Nach China hatte es ihn beruflich verschlagen. Fünf Jahre lang war er dort für ein internationales Unternehmen tätig. „Wenn ich da nicht das Laufen gehabt hätte, wäre ich kaputtgegangen.“

Seine sehr sportliche Figur ist Dieter Jung sicher immer entgegengekommen. „Luftgetrocknete 70 Kilo bei 1,76 Meter.“ Den Berlin-Marathon ist der heute 83-Jährige mehrmals gelaufen, auch den in Stockholm. Mit Freunden ist er bis ins Basislager des Mount Everest gestiegen. „Ich muss mich bei meiner Frau Heidi bedanken, dass sie das alles so geduldig mitmacht.“ Dann kam eine Arthrose im Zehgelenk – doch statt aufzugeben, stieg Dieter Jung vom Laufen aufs Rad um.

Film über „Fit im Alter“

„Das habe ich schon immer gemacht, aber seit es mit dem Laufen nicht mehr geht, fahre ich Radrennen.“ Wie zuletzt am Nürburgring. Und langsam wird er auch eine Berühmtheit. Der SWF war dabei, als Dieter Jung durch die „Grüne Hölle“ radelte. Daraus ist ein Film mit dem Titel „Fit im Alter“ entstanden. „Die haben mich komplett verwanzt. Da sind natürlich auch meine Flüche zu hören, als ich den Defekt hatte.“

Dieter Jung aus Dortmund-Berghofen fährt mit seinem Rennrad.
Dieter Jung in Aktion: Auch mit 83 Jahren gibt er alles. © privat

Bis vor drei Jahren ist Dieter Jung auch noch Skigefahren. „Die Geschwindigkeit ist für mich alles. Angst hab ich nicht. Wenn es passiert, dann passiert’s.“ Hobbys hat der 83-Jährige aber auch noch abseits vom Sport: Motorradfahren zum Beispiel und Oldtimer. Am Nürburgring ist er mit seinem Rennrad für den Oldtimer-Stammtisch Dortmund-Unna an den Start gegangen. Und für den will er auch im nächsten Jahr wieder mit dem Rennrad siegen. Auf der berühmten Nordschleife – allein unter Jüngeren.