Das Konzert von Pur in der Dortmunder Westfalenhalle war gewissermaßen der absolute Gegensatz zu dem von Helene Fischer. Was, frei von jeder persönlichen Präferenz, einfach heißen soll: Es war ein klassisches Konzert, nur die Band und ihre Musik, nicht viel Schnickschnack.
Gutes Licht und ein bisschen Pyrotechnik machten die Show, Pur-Frontman Hartmut Engler (61) konzentrierte sich lieber aufs Singen. Aufs Musizieren mit einer Band, die wirklich so wirkte, als hätte sie Lust auf dieses Konzert. Was nach so vielen Jahren – die längsten Bandmitglieder spielen bald seit 50 Jahren zusammen – ja durchaus nicht selbstverständlich ist.

Zwei Konzerte in Dortmund
Vielleicht hat die gute Laune auch damit zu tun, dass in Dortmund der Abschluss ihrer Tour ist. Am Samstag (6. Mai) spielen sie noch ein zweites Konzert, dann die Dernière. 22.000 Leute haben laut Veranstalter für die beiden Dortmunder Shows Karten gekauft, womit die Westfalenhalle am Freitagabend ziemlich voll war.

Die vielen Zuschauer durften Teil von etwas ganz Intimen sein: Nachdem Engler „Wenn sie diesen Tango tanzt“ gesungen hatte, den Lieblingssong seiner mittlerweile verstorbenen Mutter, und anschließend noch ein kleines Ständchen extra für sie („Anni“), begann ein Moment der Trauer. Während das Publikum noch klatschte, sagt Engler nichts mehr, blickte abwechselnd zum Boden, Publikum und hoch zum Himmel. Er sah aus, als müsse er weinen.
Kurzes Statement zu „Indianer“
Es sei ein Privileg, so eine Emotion mit so vielen Menschen teilen zu dürfen, sagte er, als sich die traurige Stimmung aufs ganze Publikum übertragen hatte. „Ich werde diesen naiven Gedanken nicht los, dass sie, während wir hier unten sind, da oben sitzt, zuhört, Spaß hat, ein Glas Sekt trinkt und irgendwie zu mir sagt: ‚Bub, du hast es gut gemacht.‘“
Was ein insgesamt wirklich emotionaler Moment in Dortmund war – der allerdings, wie sich in Berichten über bisherige Konzerte seiner Tour zeigt, wohl fest zum Programm gehört. Und zwar mit exaktem Wortlaut und Tränen.
Davon kann man nun halten, was man will – genau wie vom Song „Indianer“, den Pur trotz einiger Diskussionen um diesen Begriff spielten. Engler machte dabei auch Indianergeheul und forderte das Publikum auf, es ihm gleichzutun. Anschließende Erklärung: „Das Lied hat nichts mit dem Schicksal der amerikanischen Ureinwohner zu tun. Es handelt sich um unsere Kindheitserinnerungen. Und das lassen wir uns auch nicht nehmen.“ In der Halle erhielt er dafür Applaus.

Spätestens bei „Abenteuerland“ standen alle Zuschauer in der Halle. Und dann war das Konzert nach knapp zwei Stunden auch schon ziemlich schnell vorbei – dachte man zumindest. Auf die erste Verabschiedung folgten noch drei Songs als Zugabe. Und nach einer weiteren Verabschiedung noch drei Songs als Zugabe.
So viel Zugabe hat man selten
Das war also mehr als eine halbe Stunde Zugabe, gut 20 Prozent des ganzen Konzerts. Natürlich – auch das lässt sich aus den Setlists der vorherigen Städte erkennen – nicht, weil das Dortmunder Publikum so euphorisch um eine Zugabe gebeten hat, sondern als fest eingeplantes Programm.
So waren einige Highlights in die Zugabe gepackt: Duette mit Sängerin Peppa. Ein Song mit dem Ensemble des mehrfach beworbenen „Abenteuerland“-Musicals, das bald Premiere haben soll. Und mehrere Songs mit der US-amerikanischen A-Capella-Band Naturally 7, die auch schon als Vorband aufgetreten war.

Und dann folgte – als zum ersten Mal wirklich nach Ende aussah und die ersten bereits gegangen waren – die vielleicht einzige echte Zugabe dieses Abends. Noch einmal spielten sie „Abenteuerland“. Wie heißt es darin so schön: „Komm mit mir ins Abenteuerland – der Eintritt kostet den Verstand.“
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