Eine Veranstaltung, die aller Voraussicht nach nicht stattfindet, sorgt weiter für Diskussionen. Im Rat der Stadt Dortmund ging es am Donnerstag (9.2.) um den abgesagten Auftritt von Daniele Ganser, der Verschwörungstheorien nahesteht und antisemitische Thesen verbreitet.
Es ist ein gemeinsamer Antrag mehrerer Fraktionen verabschiedet worden, in dem die Kündigung des Mietvertrages begrüßt wird. Das Personal städtischer Tochterunternehmen solle in Zukunft besser für Themen wie Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit geschult werden. Nur die AfD stimmte dagegen.
Kritik an „Zensur“
Vor der Ratssitzung demonstrierten rund 50 Privatpersonen vor der Westfalenhalle 1. Sie sprachen sich auf Transparenten und in Redebeiträgen gegen „Zensur“ aus.
In einem Redebeitrag sprach eine Frau etwa über ihren Wunsch nach Frieden und einem Ende der Spaltung der Gesellschaft sowie die Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine.
Das – laut Ankündigung für alle offene - Mikrofon ergriff auch Claus Cremer, ein Funktionär der rechtsextremen NPD, die neuerdings unter „Heimat Dortmund“ auftritt.
Vor Ort war in Dortmund auch Artur Helios aus Schwerte. Er trat im Umfeld der Corona-Protest-Demos bereits häufiger in Dortmund in Erscheinung.
Youtube-Kanal
Auf einem für verschwörungsideologische Thesen bekannten Youtube-Kanal wurden Wortbeiträge der Demonstration übertragen.
In einer davon nannte Rechtsextremist Claus Cremer die Ratssitzung eine „Demokratiesimulation“ und rief zu „Widerstand“ auf. Artur Helios nahm ihn am Ende der Rede dankbar in den Arm.
Ein anderer Teilnehmer sprach von „Chemtrails“ am Himmel, also vermeintlichen Chemikalien aus Flugzeug-Turbinen, mit denen Menschen angeblich vergiftet werden sollen. Hierbei handelt es sich um eine verbreitete und mehrfach widerlegte Verschwörungserzählung.
Historiker zu Ganser
Aus Sicht von Martin Aust, Historiker an der Universität Bonn und Vorsitzender des Verbands der Osteuropa-Historiker, besitzt die Art der Argumentation Gansers und seiner Anhänger „eine starke Radikalität“.
Ganser arbeite mit „unglaublich vielen Verdrehungen, Verkürzungen und Falschdarstellungen“. Er suggeriere dabei, Historiker zu sein - sei es aber durch den Abbruch seiner Promotion wegen wissenschaftlicher Mängel nicht.
„Für uns gehört er nicht dazu“, sagt Martin Aust.
Zugleich stellt er fest: „Die Selbstinszenierung funktioniert. Es zieht bereits viel zu weite Kreise, als dass man es noch ignorieren könnte.“
Zur Meinungsfreiheit gehöre, sich zu fragen, was die Grundlage eines Gespräches sei. „Wenn Aussagen erkennbar so falsch und an vielen Stellen widerlegt sind, ist es keine Einschränkung der Meinungsfreiheit, das Gespräch zu beenden“, sagt Martin Aust.
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