
© Joscha F. Westerkamp
Polizistin Candice (34) rettet Dortmunder das Leben - Hunderte schauen zu
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Vor den Augen von Hunderten Schaulustigen hat Polizistin Candice (34) in der Nordstadt einen Mann vor dem Tod gerettet. Hier spricht sie über ihre außergewöhnliche Erfahrung.
Candice N. (34) arbeitet bei der Polizei als Verkehrssicherheitsberaterin. Gerade kam sie mit dem Auto von einer Grundschule zurück, als sie einen 24 Jahre alten Mann in der Nähe des Nordmarkts auf dem Bürgersteig liegen sah. Offensichtlich bewusstlos, Speichel floss aus seinem Mund; ein Passant stand schon daneben, winkte um Hilfe. „Da bin ich sofort rangefahren, habe den Puls überprüft“, sagt die Polizistin.
Noch war ein Puls da – allerdings war der sehr hoch. Candice N. setzte Schmerzreize, legte die bewusstlose Person in die stabile Seitenlage, überprüfte immer wieder den Puls - sie wandte exakt das an, was sie zum Thema Erste Hilfe gelernt hatte. Und dann blieb bei der dritten Überprüfung der Puls aus...
„Ich habe dann mit der Herz-Lungen-Massage begonnen, allerdings ohne Beatmung“, erinnert sie sich an die Situation. Als Polizistin hat sie regelmäßig Erste-Hilfe-Schulungen – doch ernsthaft gebraucht hat sie das Wissen noch nie. Bis zu jenem Moment.
Einige Tage nach dem Vorfall haben sich die Eindrücke etwas gesetzt: „Jetzt bin ich etwas sicherer geworden. Die Bestätigung ist gut, dass das, was man gelernt hat, auch wirklich hilft. Dass man das tatsächlich kann“, sagt Candice N.
War sie aufgeregt im Moment ihrer Tat? nein, sagt sie, sei sie nicht gewesen: „Da hat man einfach funktioniert.“ Dann kam natürlich das Adrenalin - „aber auch das ging schnell wieder runter.“
Mitarbeiter des Ordnungsamts übernahmen
Zufällig befanden sich bei ihrem Eintreffen direkt im Auto hinter ihr Mitarbeiter des Ordnungsamts. „Die haben mir dann die Herz-Lungen-Massage abgenommen. Das wurde körperlich doch ziemlich anstrengend für mich“, erzählt die Polizistin.
Kurze Zeit später kam die Feuerwehr mit Rettungswagen und übernahm: „Gefühlt waren die in einem Fingerschnipp da. Darüber bin ich echt dankbar.“
Nach etwa zwanzig Minuten war der bewusstlose Mann transportfähig und konnte ins Krankenhaus gebracht werden. Mittlerweile sei sein Zustand stabil, heißt es.

Für zwanzig Minuten wurde die Mallinckrodtstraße an dieser Stelle gesperrt, dennoch versammelten sich hier mehrere hundert Menschen. © Joscha F. Westerkamp
All dies ereignete sich am Freitag, 5. November, gegen 12 Uhr. An der mehrspurigen Mallinckrodtstraße in der Nordstadt, direkt am Eingang des Nordmarkts. Einem belebten Ort.
Besonders beim Eintreffen des Rettungswagens versammelten sich immer mehr Menschen um Candice und ihre Kollegen; versuchten, selbst einen Blick auf das Geschehen zu werfen. Etwa 350 Schaulustige insgesamt, schätzt die Polizei. „Die waren alle friedlich“, sagt Polizistin Candice. „Es gab dennoch mehrere Dutzend Platzverweise. Wir mussten einfach Übersicht schaffen.“
Straße abgesperrt
Prinzipiell verboten sei das Zusehen in diesem Moment nicht gewesen. „Gefährlich wird es immer dann, wenn die Menschen die Abläufe stören und im Weg stehen. Aber das war nicht der Fall“, so die Polizistin.
Während Candice den Mann noch reanimierte, hatten Kollegen bereits den Bürgersteig abgesperrt und Fußgänger auf die andere Straßenseite geleitet. Später wurde die ganze Einsatzstelle für zwanzig Minuten abgesperrt.
Bei all dem, meint Candice, habe ihr Job als Polizistin eigentlich überhaupt keine Rolle gespielt: „Das hätte jeder machen können, der da war. Ich war ja auch rein zufällig hier, sogar in einem zivilem Fahrzeug.“
Ein Zeuge bestätige der Polizei später, dass sie tatsächlich eine der ersten Personen vor Ort war. Nur „eine Minute“ vor ihrer Ankunft sei der Mann umgefallen.
Candice N.: „Ich bin einfach froh, dass alles so professionell abgelaufen ist. Feuerwehr, Ordnungsamt, Polizei: Jeder hat seinen Job gemacht.“