Fünf Mannschaftswagen der Polizei stehen am Donnerstagmorgen an der Ecke Saarlandstraße/Ruhrallee. Mehrere Polizeibeamte kommen gegen 9.30 Uhr aus einem Hauseingang. Für sie ist die Durchsuchung beendet, die am Morgen um 6 Uhr zeitgleich an 27 Objekten im ganzen Ruhrgebiet gestartet ist. Der Schwerpunkt der Durchsuchungen liege in Dortmund und Essen, teilte die federführende Polizei Gelsenkirchen mit. 19 Verdächtige wurden insgesamt identifiziert.
Die großangelegte Durchsuchungsaktion steht im Zusammenhang mit der Fan-Massenschlägerei vom 19. Februar in Gelsenkirchen. Damals griffen gegen 6.20 Uhr mindestens 100 gewaltbereite Menschen, die nach ersten Ermittlungen den Fan-Szenen von Borussia Dortmund und Rot-Weiß Essen angehören, Fans von Schalke 04 an, die sich zur gemeinsamen Auswärtsfahrt zum Spiel gegen Union Berlin getroffen hatten.
Wie viele Objekte in Dortmund von der Razzia betroffen sind und wo im Stadtgebiet sie liegen, wollte ein Polizeisprecher am Donnerstag nicht sagen. Dass die Durchsuchung im Saarlandstraßenviertel aber Teil dieser Aktion ist, liegt auf der Hand. Die Polizei Dortmund bestätigte auf Nachfrage unserer Redaktion, dass die Gelsenkirchener Kollegen die Einsatzleitung vor Ort hatten.
Wie unser Reporter vor Ort beobachtete, fuhr bei der Durchsuchung an der Saarlandstraße auch ein Lkw des Landeskriminalamtes vor, als die Mannschaftswagen der Polizei wieder abgezogen worden waren.
Nicole Bekemeyer hat am Morgen mitbekommen, wie die Polizeibeamten die Treppen zur durchsuchten Wohnung in der Saarlandstraße hochgestiegen ist. Sie arbeitet in einer Arztpraxis, die im selben Haus ist. „Das lief alles sehr ruhig ab und nicht so, wie man das aus Filmen kennt, in denen Türen aufgebrochen werden“, sagt die Arzthelferin.
Anders sah das in Gladbeck aus. Dort setzen Polizisten an einem Haus eine Sprengladung ein, auch eine Hundestaffel war bei der Durchsuchung im Einsatz. In Gelsenkirchen wurde das Vereinsheim der Ultras, vor dem die Auseinandersetzungen stattgefunden haben, durchsucht. Das bestätigte ein Sprecher der Polizei der dpa.
SEK-Beamte und Festnahme-Einheiten waren insgesamt in acht Städten im Einsatz: So wurden Objekte in Dortmund, Essen, Schwelm, Bergheim, Gladbeck, Beelen, Bottrop und Gelsenkirchen durchsucht.

Bei den 27 Durchsuchungen wurden die Personen, die ins Visier der Staatsanwaltschaft Essen gekommen waren, laut Polizei "überwiegend angetroffen". Allerdings wurde niemand festgenommen. Die Beamten stellten umfangreiches Beweismaterial sicher. Personen kamen bei den Aktionen nicht zu Schaden.
"Wir haben 19 Tatverdächtige im Auge. Wir haben in mühsamer Kleinarbeit ermittelt, wer das war und haben bei denen jetzt mal einen Hausbesuch gemacht“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) der dpa. „Ich finde es riesig, dass wir in diesem Bereich der Hooligan-Szene jetzt mal Tabula rasa gemacht haben“, lobte Reul den Einsatz der Polizei.
Vier Schwerverletzte
Bei der Massenschlägerei am 19. Februar waren mehr als hundert Personen auf Schalker Fans losgestürmt und hatten sie mit Baseballschlägern und anderen Schlaginstrumenten attackiert. Vier Personen wurden schwer verletzt, darunter ein unbeteiligter Busfahrer. Als die Polizei eintraf, waren die Angreifer verschwunden.
Die Polizei ermittelt nun wegen Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung – und blickt mit Sorge auf das Revierderby am Samstagabend: Es sei nicht auszuschließen, dass der Angriff auf die Schalke-Ultras „eine Reaktion nach sich zieht“, hieß es von der Polizei. Allerdings stehen die Durchsuchungen in keinem Zusammenhang mit dem anstehenden Derby, sagte ein Polizeisprecher auf Nachfrage unserer Redaktion.
Bei einem Mann, der am Donnerstagmorgen im Kiosk neben der durchsuchten Wohnung an der Saarlandstraße einen Kaffee trinkt, sorgt die Gewalt vor dem Derby für Kopfschütteln. „Meinetwegen sollen die sich irgendwo treffen, wenn die sich einen auf die Mappe geben wollen, aber wenn da Unbeteiligte mit reingezogen werden, ist das doch scheiße“, sagt er. „Eine gewisse Rivalität macht ja Spaß, aber es reicht doch, wenn man sich mit Gesängen im Stadion beleidigt.“
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