Wären die Karstadt-Oberen oder die des Karstadt-Eigentümers Signa aus Österreich am Donnerstag (10.11.) im Dortmunder Rat gewesen, ihnen hätten die Ohren geklungen. Ingrid Reuter, Fraktionschefin der Grünen, sprach von „einem Unding“. Zwei Jahre nach dem Theater um Karstadt, Karstadt Sports und dem Kaufhof in 2020 muss Dortmund erneut um den Bestand des Karstadthauses am Westenhellweg bangen.
Wieder ist Galeria Karstadt Kaufhof in ein Schutzschirmverfahren (eine Insolvenz in Eigenregie) gegangen. 40 Häuser wurden zuletzt geschlossen, 131 sind geblieben. Nun soll angeblich jedes dritte dichtgemacht werden. Noch ist offen, ob Dortmund dabei ist.
Gutes schwant den Ratsfraktionen jedenfalls nicht. Das Personal, darunter viele Frauen in Teilzeit, sei in einem Alter, in dem eine neue Beschäftigung nur schwer zu finden sei, sagte Reuter. Signa als Karstadt-Eigentümer sei gefordert, endlich ein tragfähiges Geschäftsmodell vorzulegen. „Das Ganze ist eigentlich unfassbar“, assistierte Franz-Josef Rüther (SPD).
Das Kaufverhalten der Menschen habe sich deutlich verändert. „Eigentlich hätte man davon ausgehen müssen, das Management lernt daraus“, so Rüther. Häuser schließen und Menschen auf die Straße setzen, das sei keine Lösung. Udo Reppin (CDU) wurde noch deutlicher: Er halte es „ein Stück weit für eine Unverschämtheit, die Beschäftigten bis Januar hinzuhalten". Hintergrund: Die eingesetzten Sanierer wollen das Weihnachtsgeschäft sichern - und erst danach die Katze aus dem Sack lassen, welches Haus es trifft.
CDU wünscht einen "Plan B"
Und so brachte der Rat in seltener Einstimmigkeit erneut eine Resolution auf den Weg. Sie gilt einerseits den Beschäftigten, denen die Politiker Ihre „Solidarität“ erklären. Der weitere Adressat ist die Signa Holding, die einmal mehr aufgefordert wird, „ein zukunftsfähiges Konzept für ihre Warenhäuser zu entwickeln.“ Gelobt wird der von OB Westphal einberufene Krisenstab. Die Kontaktadressen dürften im OB-Büro bekannt sein: Es sind dieselben Teilnehmer wie 2020.
Allerdings möchten auch die Ratsfraktionen einbezogen werden, wenn sich Vertreter von IHK, Handelsverband, Verdi und weitere am Donnerstag, 15.11., zu ihrer ersten Runde treffen. Wird dann schon über einen „Plan B“ gesprochen, falls Karstadt schließen oder das Haus, das einem Fonds gehört, teilweise räumen sollte?
Diese Idee brachte die CDU ins Spiel. Sie schloss sich wie alle Fraktionen der Resolution an, legte aber zusätzlich einen eigenen Antrag vor. „Ein auch nur teilweiser Leerstand in der exponierten Lage muss verhindert werden“, heißt es. Ziel müsse es sein, gemeinsam mit dem Eigentümer zu einem Nutzungskonzept zu kommen, das langfristige Perspektiven für den City-Standort schaffe.
Unterkunft für Obdachlose
Prompter Gegenwind von Michael Kauch, Fraktionschef von FDP/Bürgerliste: „Es ist nicht Aufgabe der Stadt, Konzepte zu entwickeln.“ Zuvor hatten bereits Grüne und SPD deutlich gemacht, dass sie den CDU-Vorstoß zwar nicht für gänzlich falsch halten. „Der Antrag kommt aber zu früh“, sagte Grünen-Chefin Reuter. SPD-Wirtschaftsmann Rüther warnte davor, über Leerstand zu sprechen, solange die Entscheidung noch ausstehe.
Die Satirepartei „Die Partei“ tat es mit einem makaber-ironischen Antrag: Im Falle einer Schließung könne das Haus „als bedingungslos kostenlose Unterkunft für Obachlose" genutzt werden. Dafür möge man Gespräche mit dem City-Ring führen – ausgerechnet mit jener Organisation der City-Händler, die einen Sicherheitsdienst gegen Obdachlose möchte.
Alternativ, so Die Partei, könne eine Etage des Hauses für Cannabis-Anbau herhalten. Motto: „In breiten Köpfen ist mehr Platz für Toleranz.“ SPD-Mann Rüther registrierte den Sarkasmus. Originell fand er ihn nicht. Bei Karstadt gehe es schließlich um menschliche Schicksale, so Rüther.
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