Schlafende Drachen, Mönche mit scharfer Klinge und verführte Genossen – im Miss Mai im Dortmunder Kreuzviertel gibt es viel zu entdecken. Wie es war, verrät unser Restaurant-Check.
Es passiert schnell, dass man das Miss Mai übersieht, so klein ist das chinesische Restaurant an der Lindemannstraße direkt an der Möllerbrücke. Was schade wäre, denn hinter der schmalen Glasfront verbirgt sich eines der aktuell bestbewerteten Lokale Dortmunds.
Wer unter chinesischer Küche vor allem große Büffet-Tafeln und viel Reis versteht, wird im Miss Mai überrascht werden. Generell gibt es viel zu entdecken in Dortmunds laut Eigenwerbung „erstem chinesischen Café“.
Sehen Sie sich im Miss Mai um!
Das Essen im Miss Mai:
Statt Reis dominieren im Miss Mai handgemachte, breite Bandnudeln. Sie bilden das Rückgrat der Speisekarte, die auf ungewöhnliche Weise daherkommt: Sie besteht aus vielen losen quadratischen Pappkarten, eine für jedes Gericht. Auf ihnen wird jede einzelne Speise ausführlich beschrieben, teilweise sogar mit Rezepten zum Nachkochen.
Dreht man die Karten um, erwartet einen ein Bild der Speisen. Im ersten Moment ist das ungewohnt und ein wenig unübersichtlich, wird aber schnell zu einer Art Bestellungs-Memory-Spiel, das durchaus Spaß macht (hier geht es zur kompletten Speisekarte).
Auch bei den Namen der Gerichte merkt man, dass sich da jemand viele Gedanken gemacht hat (wie generell bei der Einrichtung, siehe den Punkt „Atmosphäre“ unten). Sie tragen poetische Titel wie „Genosse Wu's größte Versuchung“ (Bandnudeln mit Soße aus Bohnenpaste und fermentierten Schwarzen Bohnen und frischem Gemüse, je nach Beilage zwischen 10,90 und 15,90 Euro), „Mönch Tudou's scharfes Messer“ (fein geschnittene Kartoffelstreifen mit Paprika, Duftessig-Soja-Dressing und Sichuanpfefferöl, 4,90 Euro) oder „Meister Cai's Wut auf Chinakohl“ (Chinakohl mit Karotten und Glasnudeln und einem Dressing aus Duftessig, Sojasoße und Sesamöl, 5,90 Euro).
Ich muss gestehen, dass ich mein Gericht nach seinem Namen ausgesucht habe: Der „Atem des schlafenden Drachen am Meer“ (14,90 Euro) hörte sich einfach zu schön an. Dahinter verbargen sich Bandnudeln mit Mu’er-Pilzen (auch Wolkenohrenpilze genannt, was dem Gericht einen weiteren Namens-Pluspunkt gab), frischem Gemüse und Rindfleisch in einer sogenannten „Fischduft-Soße“, die aber gar nicht keinen Fisch enthält, sondern lediglich Chili, Zwiebeln, Ingwer, Knoblauch, Sojasoße, Zucker und Salz.

Wie ein Bilder-Memory: die Speisekarte des Miss Mai. © Thomas Thiel
Heraus kommt ein interessanter süß-saurer-salziger Mix, bei dem ich bei der Bestellung entscheiden konnte, wie scharf er werden sollte. Als ich die höchste Stufe (das Original-Rezept) bestellte, sah mich die Kellnerin mit großen Augen an, also nahm ich am Ende eingeschüchtert doch nur die zweitschärfste Variante – glauben Sie mir, es war noch scharf genug für mich…
Die Mischung stimmte, die Zutaten passten richtig gut zueinander, auch wenn für meinen Geschmack etwas zu wenig Rindfleisch dabei war. Interessant war vor allem die Konsistenz der Wolkenohrenpilze, die mich an Seetang erinnerte. Sie schmeckten auch nach Meer, sehr salzig, waren ansonsten aber relativ geschmacksneutral. Das würde ich jederzeit wieder bestellen.
Als Vorspeise hatte es zuvor Jiaozi (9,70 Euro) gegeben, neun kleine Teigtaschen gefüllt mit Schweinefleisch und Chinakohl, die man in einen Dip aus Sojasoße, Duftessig und Sesamöl tunken konnte – sehr lecker!
Da sich das Miss Mai als Café versteht, gibt es auch eine große Auswahl an Kuchen. Doch da ich abends da war, habe ich sie nicht getestet.
Die Preise:
Sind teurer, als man es sonst von einem chinesischen Restaurant gewohnt ist – aber das Miss Mai ist wie gesagt kein normaler Chinese. Die sechs Bandnudel-Klassiker, zu denen auch der „Atem des Drachen“ (oben) gehört, kosten in der vegetarischen Grundvariante alle 10,90 Euro. Je nachdem, ob man noch Hühnchen, Schwein oder Ente, Rind oder Riesengarnelen dazu haben möchte, kann der Preis auf bis zu 15,90 Euro steigen.
Die Salate liegen zwischen 4,90 und 6,90 Euro, die anderen Hauptgerichte wie Peking-Ente oder eine Reispfanne liegen zwischen 12,90 und 15,90 Euro.
Die Atmosphäre:
Ist sehr angenehm. Obwohl der Raum mit seinen lediglich fünf Tischen sehr klein ist, die bei unserem Besuch alle besetzt waren, fühlten wir uns nicht beengt. Dabei helfen die Glasfront und die hohen Decken, aber auch die Inneneinrichtung, bei der viel Liebe im Detail steckt. So besteht Tisch, an dem wir saßen, aus einer umgebauten farbigen Schubladenfront unter einer Glasplatte.
Über dem größten Tisch, an dem etwa acht Leute Platz finden, hängt ein großer, dünner Birkenast, über den anderen Tischen bepflanzte Deckenlampen. Die Wände sind in Weiß und Rot gehalten und mit Schriftzeichen verziert. Generell eine sehr hippe, und trotzdem entspannte Atmosphäre.
Urbanes Flair auch draußen auf dem Bürgersteig. Dort stehen drei kleine Tische am Aufgang zur Möllerbrücke. Durch die viel befahrene Lindemannstraße kann es dort aber auch ziemlich laut sein.
Der Service:
Ist gut. Sehr zurückhaltend und höflich-asiatisch. Die Kellnerin beantwortete bei der Bestellung kompetent alle Fragen nach einzelnen Zutaten (und bewahrte mich wohl davor, mir den Mund zu verbrennen, siehe „Essen“).
Das Essen kam nach einer angemessenen Zeit, wir wurden mehrfach gefragt, ob alles in Ordnung sei, die Getränke kamen zügig.
Kinderfreundlichkeit:
Es gibt keine Kindergerichte auf der Karte, aber wenn man fragt, lässt sich der Koch was einfallen. Beliebt ist Tomate mit Ei und Bandnudeln. Für alle Fälle gibt es auch kleines Spielzeug zur Bespaßung bereit.
Aufgrund der Enge im Raum gibt es nur begrenzt Platz für Kinderwagen im Miss Mai, wenn man aber vorher reserviert und sagt, dass man etwas Platz braucht, sollte es aber klappen.
Barrierefreiheit:
Das Miss Mai ist aufgrund seiner Winzigkeit nur bedingt barrierefrei. Die Tische stehen ziemlich nah beieinander, da wird es mit einem Rollstuhl oder einem Rollator eng. Während der Zugang zum Restaurant mit ein wenig Anstrengung oder Hilfe funktionieren sollte (an der Eingangstür gibt es eine niedrige Stufe), ist die Toilette schlicht zu klein und damit nicht barrierefrei.
Anfahrt / Parkplatzsituation:
Nun, man muss es sagen, wie es ist: Das Kreuzviertel, in dem das Miss Mai liegt, ist das Viertel in Dortmund, in dem man am schwierigsten einen Parkplatz bekommt. Wenn man Pech hat, kreuzt man schon einmal 15 bis 20 Minuten durch die benachbarten Straßen, bis man fündig wird, besonders abends.
Viel besser sieht es da mit der Anbindung an den öffentlichen Nachverkehr aus: Die S- und U-Bahn-Station Möllerbrücke (S4 / U42) liegt nur wenige Meter vom Miss Mai entfernt.
Was sagt das Netz zu Miss Mai?
Beim Reise- und Gastroportal TripAdvisor schneidet Miss Mai exzellent ab: Das Lokal belegt Platz 5 von 655 Restaurants in Dortmund (Stand 25.4.2018). Von den aktuell 77 Bewertungen geben drei Viertel dem kleinen Chinesen die höchste Bewertung „Ausgezeichnet“. 15 Prozent haben ein „Sehr gut“ vergeben, 10 Prozent ein „Befriedigend“. Schlechte Bewertungen fehlen.
Das Miss Mai sei „total liebevoll eingerichtet“, schreibt zum Beispiel ein Nutzer, der die Höchstwertung vergeben hat. „Das Essen war grandios, die Getränke ebenso und der Service war auch sehr aufmerksam“. Das Lob steht stellvertretend für viele der positiven Kommentare. „Wir waren erst vor Kurzem in Beijing und von den Gewürzen her war das bei Miss Mai definitiv in der gleichen Liga“, schreibt ein anderer, für den dritten ist das Lokal an der Möllerbrücke sogar der „beste traditionelle Chinese in Dortmund.“
Die kritischen Kommentare sind in der Minderheit. Die Zutaten seien „schlecht zueinander abgestimmt und nicht gut gewürzt“, schreibt einer, „man sitzt sehr nah bei seinen Nachbarn, was nicht immer nett ist“, ein anderer. Ein weiterer Gast berichtet von seinen Erfahrungen als Teil einer achtköpfigen Gruppe, welche wohl die Küche überfordert habe: „Das Essen wurde in größeren Abständen serviert und war teilweise richtig kalt.“ Auch die relativ hohen Preise für ein chinesisches Restaurant wurden teilweise bemängelt.
Bei Facebook kommt das Miss Mai auf einen Schnitt von 4,9 von 5 Sternen bei 125 Bewertungen (Stand 25.4.2018). Es sei „eine kleine Wohlfühloase mitten in der Stadt“, das Essen werde „wirklich mit viel Liebe zubereitet“, es gebe „um ehrlich zu sein kein anderes Restaurant, in dem man derart persönlich bedient wird“, lauten unter anderem die Kommentare.
Restaurant-Infos:
Miss Mai, Lindemannstraße 15, 44137 Dortmund, Reservierung (aufgrund der wenigen Tische immer ratsam) & Info: (0231) 33 89 27 99, E-Mail: kontakt@missmai.de, Website. Öffnungszeiten: donnerstags bis dienstags 12-22 Uhr, Mittagstisch 12-17 Uhr, Abendkarte durchgängig, mittwochs Ruhetag.
1984 geboren, schreibe ich mich seit 2009 durch die verschiedenen Redaktionen von Lensing Media. Seit 2013 bin ich in der Lokalredaktion Dortmund, was meiner Vorliebe zu Schwarzgelb entgegenkommt. Daneben pflege ich meine Schwächen für Stadtgeschichte (einmal Historiker, immer Historiker), schöne Texte und Tresengespräche.
