Pflegerin über gerettete Katzen aus Hostedde „Die Mama sah mega-ausgemergelt aus, erschreckend“

„Die Mama sah mega-ausgemergelt aus, erschreckend“
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Karin Tewes war noch mit Arbeitskollegen unterwegs, als am späten Mittwochabend die Meldung kam: „Es brennt.“ Sie kam vom Katzenschutzbund.

Die Tierschützer und ihre Kollegen von der Organisation „Arche90“ hatten gerade kurzfristig 20 Katzen und 6 Frettchen aus einer Laube in Hostedde geholt, die seit Montag (29.5.) Schlagzeilen gemacht hatte. Dort war aufgefallen, dass ein Mieter in dem Schuppen zahlreiche Tiere (viele der Katzen waren erst wenige Wochen alt) unter hygienisch schlechten Bedingungen hielt.

Nachdem das Veterinäramt bereits am Montag sechs verwahrloste Katzen mitgenommen hatte, die in Käfigen gehalten worden waren, retteten die Tierschützer am Mittwoch den Rest der Tiere, nachdem der Halter sein Ok gegeben hatte. Gegen 23 Uhr war die Räumung der Laube abgeschlossen.

Doch wohin mit den Tieren? Nicht ins städtische Tierheim, so viel war klar: „Da hätte uns das Veterinäramt geschlachtet“, sagt „Arche90“-Aktivistin Gabi Bayer - schließlich habe sich das Amt bewusst dagegen entschieden, die restlichen Tiere mitzunehmen.

Eine von 16 privaten Pflegestellen

Private Pflegestellen mussten her - Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler, die sich bereiterklärt haben, Tiere in Notsituationen aufzunehmen. 16 hat der Katzenschutzbund Dortmund in seiner Kartei. Karin Tewes ist eine von ihnen.

Die 52 Jahre alte Mitarbeiterin eines Tierbedarfhandels und ihr Mann haben ihren alten Trainingsraum im Keller zu einem Extra-Katzenraum umgebaut - ein Refugium mit holzvertäfelten Wänden, Katzenklos, Körbchen und Kratzbäumen.

Das Katzenzimmer der Tewes': Hier verbrachten 12 der geretteten Katzen aus Hostedde ihre erste Nacht.
Das Katzenzimmer der Tewes': Hier verbrachten 12 der geretteten Katzen aus Hostedde ihre erste Nacht. © Katzenschutzbund

Das Problem war nur: Der Raum war eigentlich schon belegt, durch eine Katzen-Mutter und ihre Kitten. Doch da die Not so groß war, machten es die Tewes‘ trotzdem möglich. Die eigentlichen Untermieter kamen kurzerhand ins Schlafzimmer.

Weil Karin Tewes‘ Mann mitten in der Nacht zur Arbeit musste, wurde er ausquartiert - und die Couch im Schlafzimmer kurzerhand auch. In den Katzen-Raum im Keller zogen zehn Kitten, ihre Mutter und eine weitere Katze ein.

„Das war schon erschreckend“

„Die Kleinen sahen ok aus“, sagt Tewes über den Zustand der Kätzchen. Das Muttertier machte ihr hingegen Sorgen: „Die Mama war mega-ausgemergelt. Das war schon erschreckend.“ Sie sei so dünn gewesen, dass die Knochen unter der Haut aus dem Rücken ragten.

Erst gegen 1.30 Uhr in der Nacht sei alles geregelt gewesen, berichtet Tewes. Am Donnerstagmittag zogen die Kurzeit-Bewohner dann schon wieder aus: Es ging zum Tierarzt, wo alle Katzen untersucht, entwurmt und geimpft werden. Danach sollen sie zu anderen Pflegestellen kommen.

Motorisch unterentwickelt

Die kurze Zwischenstation bei den Tewes‘ scheint den zwölf Katzen jedoch ganz gut gefallen zu haben: „Unheimlich schön war, als zwei Kitten einfach anfingen zu spielen, als wäre nichts gewesen“, erzählt ihre Kurzzeit-Herbergsmutter. „Nach und nach trauten sich alle aus der Box.“

Dennoch habe man ihnen die schlechten Verhältnisse, unter denen sie zuvor leben mussten, angemerkt. „Von der Motorik her waren die ein bisschen hinten. Kitten dieser Größe können sonst schon besser klettern“, sagt Tewes, die in den vergangenen drei Jahren rund 30 Katzen bei sich pflegte, neben den vier, die die Familie privat hat.

Fälle wie der aktuelle aus Hostedde sind für Tierschützerin Gabi Bayer inzwischen „trauriger Alltag“. „Alle paar Monate“ komme es inzwischen vor, das man auf größere Mengen verwahrloster Tiere auf engem Raum aufmerksam werde, „Tendenz steigend“.

Ende April sorgte ein Fall für Aufsehen, bei dem Polizei und Veterinäramt über 40 Hunde aus einem Haus in der Nordstadt geholt hatten. Gegen die Halterin wird ein Tierhaltungsverbot angestrebt.

Allein der Katzenschutzbund betreut aktuell 35 erwachsene Katzen und 24 Kitten.

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