Die Stadtverwaltung Dortmund hat seit 2019 genau 1.387,5 zusätzliche Planstellen eingerichtet. Damit die Personalexplosion nicht vollends aus dem Ruder läuft, hat sich der Rat auf einen „Deckel“ von maximal 200 zusätzlichen Planstellen im Jahr geeinigt. Aber es können auch mehr sein, denn: Von EU, Bund oder Land bezahlte Stellen fallen nicht unter diesen „Deckel“.
„Wir wären ja dumm, wenn wir diese Förderungen liegen lassen würden.“ So verteidigte Dortmunds Personaldezernent Christian Uhr vor einigen Monaten diese Regelung. Nach dem Motto: Was wir umsonst kriegen können, nehmen wir mit. Dass solche Stellen am Ende ebenfalls das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler kosten, scheint dabei keine Rolle zu spielen, solange es nicht direkt die Dortmunder Haushaltskasse belastet.

Wie das konkret aussieht, lässt sich am Beispiel der Gesundheitsdienste der Stadt Dortmund ablesen. Bund und Land einigten sich vor mehr als sieben Jahren darauf, den „Öffentlichen Gesundheitsdienst“ (ÖGD) zu fördern. „Dies betrifft insbesondere die Themenfelder Personalaufbau, die Steigerung der Attraktivität des ÖGD und den Aufbau zukunftsfähiger Strukturen“, schreibt die Pressestelle der Stadtverwaltung auf unsere Anfrage.
Ähnlich steht es auch schon in dem Papier, mit dem der Rat der Stadt am 23. Juni 2022 der Teilnahme an diesem Programm zugestimmt hat. Darin bewilligte der Rat das „vom Gesundheitsamt der Stadt Dortmund dargelegte Personalaufwuchskonzept“. Das klingt danach, als sei zusätzliches Personal an sich bereits ein erstrebenswertes Ziel.
Keine neue Aufgaben, aber Gesamtkosten: gut 12 Millionen Euro
Auf unsere Nachfrage hin, welche zusätzlichen Aufgaben denn die zusätzlich eingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernehmen sollten, antwortet Pressesprecher Christian Stein: „Bei den Aufgaben handelt es sich nicht um neue zusätzliche Aufgaben, sondern um originäre Aufgaben des Gesundheitsamtes.“
Neue Aufgaben gibt es also nicht, neue Stellen aber sehr wohl: Insgesamt geht es um 40,22 zusätzliche Stellen, die in zwei Förderrunden bis 2026 durch einen Zuschuss des Landes finanziert werden. Gesamtkosten: gut 12 Millionen Euro.
Umwandlung in „Planstellen für alle Zeiten“ schon angedacht
Christian Stein versichert für die Pressestelle der Stadt, dass es sich bei den mit dem Projekt geschaffenen 40,22 Stellen ausschließlich um befristete Stellen handle.
Ob die so einmal geschaffenen Stellen nach dem Auslaufen der Förderung tatsächlich beendet werden, da darf man allerdings getrost seine Zweifel haben. So steht bereits in der von Dezernentin Birgit Zoerner zu verantwortenden Beschlussvorlage für den Rat am 23. Juni 2022: „Darüber hinaus beauftragt der Rat der Stadt Dortmund die Verwaltung, die Verstetigung der Planstellen über das Ende des derzeitigen Förderzeitraums (...) hinaus zu prüfen. Sofern die Finanzierung über das Ende des Förderzeitraums zu einem späteren Zeitpunkt sichergestellt ist, beschließt der Rat der Stadt Dortmund die entsprechende Verlängerung der Befristung bzw. die Entfristung der Planstellen, sofern dies durch Sicherstellung der Finanzierung möglich ist.“
Das riecht geradezu danach, dass 2027 aus befristeten Projekt-Stellen Planstellen für alle Zeiten werden.
Nun ließe sich einwenden, dass die Coronazeit gerade gezeigt habe, dass das Gesundheitsamt extrem unter Druck geraten war und daher dringend eine Entlastung durch zusätzliches Personal bedurfte. Dem dürfte kaum jemand widersprechen, allerdings: Auch ohne das ÖGD-Förderprojekt ist die Zahl der Stellen im Gesundheitsamt von 2019 bis heute um 28,11 auf aktuell 221,05 in Vollzeit umgerechnete Planstellen gestiegen.
Außerdem haben zwischen Mitte 2020 und Ende 2023 rund 130 Unterstützungskräfte aus anderen Fachbereichen das Gesundheitsamt zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie verstärkt. Teils, so teilte Pressesprecher Stein auf Anfrage mit, seien diese Kräfte inzwischen wieder auf ihre alten Stellen zurückgekehrt oder seien auf andere freie Planstellen in anderen Bereichen gewechselt.
Bund der Steuerzahler ist gegen immer neue Förderprogramme
Der Bund der Steuerzahler NRW sieht die Förderpraxis übrigens sehr kritisch. Joscha Slowik, Referent für Haushalts- und Finanzpolitik, wurde auf Anfrage sehr deutlich: „Ein Punkt, den wir sehr kritisch betrachten, sind die vielen neuen kommunalen Personalstellen im Bereich der Förderungen. Der Bund der Steuerzahler hat gerade in diesem Jahr im Rahmen vieler Gespräche mit Bürgermeisterinnen und Stadtkämmerern aus erster Hand erfahren, dass die NRW-Kommunen in den letzten Jahren viele zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt haben, die die Aufgabe haben, Fördermittel zu akquirieren. Diese Förderprogramme kommen von der EU, dem Bund und den Ländern. In diesem Zusammenhang fordern wir, die Anzahl der personalintensiven Förderprogramme zur verringern und die eingesparten Beträge den Kommunen als Pauschale zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Durch diese Maßnahme lässt sich als wichtiger Nebeneffekt auch der Personalapparat wirksam verkleinern, weil sie Bürokratie abbaut und den Personalbedarf reduziert.“
Sie haben Informationen zu diesem oder einem anderen Thema - wollen aber anonym bleiben? Dann nutzen Sie unseren anonymen Briefkasten: rn.de/briefkasten