Er sei Dortmunder mit Leib und Seele. „Und ich möchte Ihr Oberbürgermeister werden“. Martin Cremer macht Ernst: In einem von ihm in Auftrag gegebenen Videofilm kündigte er am Montag (10.3.) öffentlich seine Bewerbung ums OB-Amt bei der Kommunalwahl im September an. Cremer ist Dipl.-Kaufmann und Unternehmer. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
Das Besondere an seiner Bewerbung: Im Gegensatz zu den bisherigen Kandidaten gehört Cremer keiner Partei an – und wird aktuell auch von keiner Partei getragen. „Ich kandidiere unabhängig, und zwar ganz bewusst“, sagt er in dem gut dreiminütigen Videofilm, in dem er die Bürger direkt anspricht. Das Leitmotiv seiner Kampagne ist so einfach wie einprägsam: „Da für Do.“
„Wir erleben endlose Diskussionen der Parteien“, kritisiert Cremer. „Nichts geht voran.“ Seine Botschaft: Bürgersinn statt Bürokratie; Vernunft statt ideologischer Entscheidungen. „Dortmund könnte so viel mehr“, sagt Cremer in seinem Video. Er habe sich zum Ziel gesetzt, im Falle seiner Wahl „Dortmund jeden Tag ein bisschen lebenswerter zu machen.“
„Vieles läuft überhaupt nicht“
Was er darunter versteht, beschreibt er so: Dortmund brauche mehr bezahlbaren Wohnraum, zuverlässige Kitas und ordentliche Schulen. Straßen, auf denen „Fahrradfahrer nicht über den Lenker gehen und eine City, in der wir uns wieder wohl und sicher fühlen“, spielt Cremer auf die aktuellen Probleme von Obdachlosigkeit und Drogenkriminalität an. Dazu brauche Dortmund eine starke, leistungsfähige Wirtschaft, die Arbeitsplätze schaffe. All das sei die Voraussetzung dafür, dass auch die wichtigen Klimaziele erreicht werden könnten, so Cremer.
Es gebe so manches in Dortmund, worauf man stolz sein könne. „Aber vieles läuft eben überhaupt nicht“, bemängelt Cremer. Sein Credo: Schluss mit könnte, hätte, müsste. „Ich will machen“, betont der OB-Kandidat in seinem Video vor wechselnden Kulissen am U-Turm, Phoenixsee, Deusenberg und am Dortmunder Hafen. Die Videobotschaft ist Cremers erster, öffentlicher Aufschlag im Vorbereitung seiner OB-Kandidatur. Ein weiterer soll im April folgen, kündigt Cremer in einer ebenfalls mitgesandten Presseerklärung an: Im Rahmen einer Pressekonferenz will er seine Ziele genauer erläutern und sich Fragen stellen.
Ein Merkmal, mit dem sich Cremer von allen bisherigen Mitbewerbern ums OB-Amt abhebt, ist seine Parteilosigkeit. Ist das ein Vorteil oder eher ein Makel? Jörg Bogumil, Politik- und Verwaltungswissenschaftler an der Bochumer Ruhr-Uni, hatte die generellen Erfolgsaussichten parteiloser Kandidaten in Großstädten in einem Interview mit dieser Redaktion eher skeptisch beurteilt. „Es gibt zwar manchmal Parteilose, die dann aber zumindest von Parteien nominiert werden“, so Bogumil. In kleineren Städten seien die jeweiligen Personen besser bekannt. In größeren Städten dagegen orientiere sich der Wähler stärker an Parteien.
Wähler der bürgerlichen Mitte
Ein Kandidat ohne Parteibuch und ohne Parteistrukturen im Rücken, benötige auf jeden Fall Unterstützung, zum Beispiel von Wirtschaftsverbänden. „Allein wird er das nicht schaffen“, sagt Bogumil voraus. Zumal Cremer genau wie CDU-OB-Kandidat Alexander Kalouti „vom Profil her die bürgerliche Mitte“ und damit ähnliche Wählerpotenziale anspreche.
Zu seinem Unterstützerkreis macht Cremer in seiner Videobotschaft noch keine Angaben. Er bezeichnet sich als Ur-Demokrat, für den es kein Links und kein Rechts gebe, sondern nur eine Richtung: „Nach vorn“, wie er sagt. Ihm gehe es immer um die beste Lösung. „Ich will und kann für die Bürger da sein, nicht für Parteiprogramme.“ Er sehe seine parteipolitische Unabhängigkeit als „große Chance, sachorientierte und bürgernahe Lösungen zu finden, über alle Parteigrenzen hinweg“, so Cremer. Tatsächlich sei inzwischen knapp die Hälfte aller deutschen Bürgermeister parteilos, darunter auch immer mehr Oberbürgermeister, heißt es in seiner Pressemitteilung.
Der Blick in die Statistik zeigt, dass von 81 Bürger- und Oberbürgermeistern in Städten mit mehr als 100.000 Einwohner derzeit 10 parteilos sind.
Aufgewachsen in Dortmund, hat Cremer sein Abitur am Stadtgymnasium gemacht. Nach dem Wehrdienst schloss sich ein Studium der Betriebswirtschaft an der Münsteraner Uni an, das er als Diplom-Kaufmann abschloss. Sein beruflicher Schwerpunkt liegt in der freien Wirtschaft: Er war unter anderem als geschäftsführender Gesellschafter mehrerer Firmen tätig – etwa der JMC Immobilien GmbH & Co. KG, die er bis heute führt.
Kandidatenfeld füllt sich
Von 2017 bis 2022 hatte er Leitungsfunktionen bei Lensing Media inne: bis 2021 als Geschäftsführer der Lensing Druck GmbH & Co.KG und von 2021 bis 2022 als Geschäftsführer der damaligen "Brief & mehr GmbH & Co.KG", ein Tochterunternehmen vom Lensing Media, zu der auch die Ruhr Nachrichten gehören. Seit 2023 ist Cremer als freiberuflicher Berater von Wirtschaftsunternehmen unterwegs, zudem sitzt er seit 2022 im Aufsichtsrat der Wilo SE.
Mit seiner OB-Kandidatur hat sich Cremer ein Ziel vorgenommen, das als ambitioniert gilt: Er will den amtierenden OB und SPD-Kandidaten Thomas Westphal ablösen. Gleichzeitig müsste er sowohl an CDU-OB-Kandidat Alexander Kalouti als auch an Grünen-Bewerberin Katrin Lögering vorbeiziehen – und, wenn möglich, zudem Stimmen aus dem Lager von FDP-OB-Kandidat Michael Kauch auf sich vereinen. Die AfD hat Fraktionschef Heiner Garbe als Kandidat aufgestellt. Die Linken wollen ebenfalls noch einen Bewerber aufbieten.
Angesichts der Vielzahl an Kandidaten käme es einer Riesenüberraschung gleich, würde einer von ihnen am Wahltag (14.9.2025) gleich im ersten Rutsch die notwendige, absolute Mehrheit der Wählerstimmen erreichen. Bei den zurückliegenden Wahlen hat das keiner der Kandidaten geschafft – der spätere Sieger, zuletzt SPD-Bewerber Westphal, musste stets in den zweiten Wahlgang. Der findet zwei Wochen nach dem ersten statt. Beim zweiten Wahlgang stehen sich jene beiden Kandidaten gegenüber, die im ersten Durchlauf die meisten Stimmen holten. Im zweiten Wahlgang reicht dann die einfache Mehrheit der Stimmen.
Transparenzhinweis: Martin Cremer war in den Jahren 2017 bis 2022 in verschiedenen Unternehmen der Lensing Media Gruppe (zu der auch diese Zeitung gehört) in den Segmenten Druck, Logistik und Immobilien führend tätig.