Familie von Bandido nach Panzer-Einsatz in Dortmund: „Wir sind fix und fertig“

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Familie von Bandido nach Panzer-Einsatz in Dortmund: „Wir sind fix und fertig“

rn„Kriminelle Vereinigung“

In einer beschaulichen Wohngegend waren am Dienstagmorgen Sturmgewehre und ein Panzer im Einsatz. Die Polizei suchte einen Bandido-Rocker. Ein Familienmitglied erhebt Vorwürfe.

Dortmund, Holzen

, 28.01.2020, 14:47 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der Höhenweg in Dortmund-Holzen gehört zu den Wohngebieten, wo die Welt richtig in Ordnung zu sein scheint. Große, opulente Wohnhäuser, gepflegte Vorgärten, hinter den Häusern sieht man kilometerweit nur Bäume und Felder. Doch am Dienstagmorgen (28.1.) sind die Anwohner von Spezialkräften der Polizei geweckt worden.

Gegen 6 Uhr rollte ein grünes Panzerfahrzeug der Polizei durch die schmale, gepflasterte Straße - um unerwartet das schwere schwarze Stahltor einer Hauseinfahrt aus dem Weg zu rammen. Anwohner berichten von einem lauten Knall und Blendgranaten, vermummte Polizisten mit Sturmgewehren liefen auf das Grundstück. Die Polizei bezeichnet das Vorgehen später als „Schlag gegen Rockerkriminalität“.

Die Ermittler gehen von einer „kriminellen Vereinigung“ aus

Zeitgleich wurden acht Wohnungen in Holzen, Wuppertal, Gelsenkirchen, Schwerte, Herne, Castrop-Rauxel und Schermbeck durchsucht. „Auseinandersetzungen zwischen zwei Rockergruppen in Hagen“ seien der Grund dafür, die Ermittler gehen von einer „kriminellen Vereinigung“ aus.

Die Freeway Riders sind vor 45 Jahren in Hagen gegründet worden, sie haben lange betont, nicht in den Konflikt zwischen Bandidos und Hells Angels hineingezogen werden zu wollen. In einem Interview mit der Westfalenpost hieß es im Jahr 2009 aber auch schon: „Wir dulden nicht, dass hier andere reinkommen.“

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In den vergangenen Jahren wollten sich die Bandidos nun immer stärker in Hagen niederlassen, Revierkämpfe entstanden. In Dortmund sind sie seit Jahrzehnten präsent, aktuell ermittelt die Polizei wegen Messerattacken und Schüssen zwischen Bandidos und einem verfeindeten Familienclan.

Die Freeway Riders haben ihre Position im Großraum Hagen gegen die Bandidos behaupten können, heißt es vom Landeskriminalamt im aktuellsten Bericht über das Jahr 2018: „Auch diese Auseinandersetzungen waren von schweren Gewalttaten - bis hin zu versuchten Tötungsdelikten - geprägt.“

240 Polizisten waren bei dem Einsatz am Dienstag insgesamt beteiligt, sechs Personen zwischen 36 und 56 Jahren wurden festgenommen. Unter ihnen ist nach Informationen unserer Redaktion auch einer der Deutschland-Chefs der Bandidos.

Das schwere Tor wurde zerstört und lag nach dem Einsatz verbogen auf dem Boden.

Das schwere Tor wurde zerstört und lag nach dem Einsatz verbogen auf dem Boden. © Jörg Bauerfeld

Drei Stunden nach dem Einsatz in Holzen lag das große Zugangstor zum Grundstück noch an derselben Stelle verbogen auf dem Boden. Die Wucht des Aufpralls ist an den Mülltonnen zu sehen, die wie Pappkartons von dem Tor zerquetscht wurden.

Pfeilspitzen, die eigentlich verhindern sollen, dass jemand oben über das Tor klettert, stehen jetzt wie Nagelbänder vom Boden ab. Würde man versuchen, mit einem der beiden abgestellten teuren Mercedes-Benz-Autos die Einfahrt zu verlassen, würde man alle Reifen zerstören.

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Ein Bewohner des betroffenen Hauses steht vor der Einfahrt und fotografiert die Szenerie. „Den Schaden werden wir denen in Rechnung stellen“, sagt er gereizt: „Das war nicht in Ordnung, wie die Polizei hier vorgegangen ist.“

Der Mann sei gerade erst nach Hause gerufen worden, sagt er. Während des Einsatzes sei er nicht dort gewesen. Ja, jemand aus dem Haushalt sei Mitglied bei den Bandidos, er selbst aber nicht. „Wir sind fix und fertig, meine Schwägerin war mit ihrem einjährigen Kind hier“, sagt der Mann: „Das muss ich erst mal sacken lassen.“ Seines Wissens nach sei die Polizei nach einer Durchsuchung einfach wieder abgezogen, ohne jemanden mitzunehmen.

Angaben zu den einzelnen Tatorten gibt es nicht

Wie viele Personen in welchen Städten festgenommen wurden, dazu machen die Ermittler auch auf Nachfrage keine Angaben, weil die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Warum in Holzen der Panzerwagen zum Einsatz kam, bleibt ebenso offen.

„Auf einsatztaktische Fragen sowie zu den Personalien der Festgenommenen wird eine Auskunft nicht erteilt“, schreibt Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli per E-Mail. Er antwortet nicht einmal auf die Frage, ob der Holzener Verdächtige vor Ort angetroffen wurde. Immerhin lässt er sich entlocken: „Zu Widerstandshandlungen kam es nicht.“ Die Aktion habe sich „im Wesentlichen“ gegen Mitglieder des Bandidos MC gerichtet.

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