OB-Pläne für ein Stadtamt lösen heftigen Zoff aus Ratsmehrheit wirft OB Westphal „Willkür“ vor

Zoff um ein Stadtamt: Ratsmehrheit wirft OB Westphal „Willkür“ vor
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Bleibt das Amt für Stadterneuerung mit seinen rund 70 Mitarbeitern nun erhalten? Oder wird es, wie es OB Thomas Westphal wünscht, aufgelöst und die Mannschaft in sein OB-Amt integriert? Und dort teilweise mit der Aufgabe betreut, Grundlagen und Planungen für den Fall vorzubereiten, dass Dortmund 2035 auf 650.000 Einwohner wächst, wie in einem von insgesamt drei Szenarien vorausgesagt? Der OB will das Stadtamt bei sich – die Mehrheit des Rates nicht.

Und so kam, was sich in den zurückliegenden Tagen angedeutet hatte: Mit Stimmen von Grünen, CDU, Linke+ sowie Die Partei hat der Rat am Donnerstag (21.3.) entschieden: Nein, das Amt bleibt erhalten, die Mitarbeiter werden nicht ins OB-Amt überführt. Im Gegenteil: Die Verwaltung, so der weitere Teil des Beschlusses, solle umgehend das Verfahren zur Neubesetzung der frei gewordenen Amtsleiterstelle auf den Weg bringen. Die SPD stimmte dagegen, die FDP/Bürgerliste teilweise. Sogleich kündete OB Westphal an, dass er den Ratsbeschluss „beanstanden“ werde. Soll heißen: Er wird die Ratsentscheidung nicht umsetzen.

Vorausgegangen war eine teils hitzige Diskussion, in der der CDU-Fraktionsvize Uwe Waßmann dem OB „Willkür“ vorwarf. Die Grünen betrachten das Vorhaben, „ihrem“ Dezernenten Stefan Szuggat das Amt für Stadterneuerung „wegzunehmen“, sogar „als Angriff“, wie Sprecher Christoph Neumann formulierte.

"Fadenscheinige Gründe"

Mindestens ebenso hart war zuvor seine Fraktionskollegin Katrin Lögering mit dem OB ins Gericht gegangen: „Ein voll funktionsfähiges Amt und ein sehr gut aufgestelltes Haus in sechs Teile zu zerschlagen, um es mit fadenscheinigen Gründen bei sich anzusiedeln, ist für den OB also ganz normales Tagesgeschäft“, merkte die Grünen-Faktionssprecherin ironisch an. Und machte deutlich, dass Stadterneuerer ein anderes Aufgabenspektrum hätten, als jenes, auf das Westphal ziele. Sie könne die Rückmeldung der Mitarbeiter aus dem betroffenen Amt „nicht mehr an zwei Händen abzählen“, so Lögering. Das Zitat des Tages sei: „Wer berät diesen OB?“

CDU-Fraktionschef Jendrik Suck betonte in Richtung Westphal, es sei angemessen gewesen, „wir hätten uns als Erstes mit einer Vorlage über die Frage der Bevölkerungsprognose auseinandergesetzt" – und erst danach diskutiert, wie das organisatorisch umzusetzen sei. Das war zugleich die Hauptkritik, die sich wie ein roter Faden durch viele Reden zog: Der OB entscheide im Alleingang, statt den Konsens mit der Politik zu suchen. „Wir bedauern, dass das Verhältnis zwischen OB und Teilen des Rates ein Stück weit als zerrüttet bezeichnen werden muss.“

Der Verwaltungsvorstand sei „keine Stadtregierung“, pflichtete Utz Kowalewski bei, Fraktionschef von Linke+. Auch er warf dem OB „Willkür“ vor. Es gehe darum, die eigene Machtposition zu festigen. Zudem bezweifelte Kowalewski, ob die Prognose für eine derart stark wachsende Einwohnerschaft treffend sei. „Woher das Wachstum kommen soll, bleibt unklar“, sagte AfD-Mann Heiner Garbe, der von „einem kuriosen Vorgang“ sprach.

Die SPD verteidigte das Vorgehen „ihres“ OB. Planungen und Grundlagen für ein Bevölkerungswachstum seien „übergeordnete Aufgaben“, die alle Dezernate beträfen und nirgendwo besser angedockt seien als im OB-Amt. Michael Kauch, Chef von FDP/Bürgerliste, sprach von einem „Machtkampf zwischen dem OB und der Ratsmehrheit“, dessen Härte mit dem kommenden Kommunalwahlkampf zu erklären sei. Der OB bereite „seine Organisationsstruktur für den OB-Wahlkampf vor“, sagte Kauch. Und sprach aus, was CDU, Grüne und Linke+ vermuten. Gleiches hielt Kauch allerdings Westphals Gegenspielern vor. Inhaltlich teile man die Auffassung der Ratsmehrheit – rechtlich aber sah Kauch eher den OB auf der sicheren Seite. Der Rat könne dem OB nicht vorschreiben, welche Stadtämter er einzurichten habe, so Kauch.

OB bleibt bei seiner Haltung

Es dauerte lange, bis Westphal in die Debatte eingriff: Er warf seinen Gegenspielern vor, sich nicht mit der eigentlichen Sache auseinandersetzen zu wollen: mit der Prognose zur Bevölkerungsentwicklung. Dabei „ist es als Verwaltungschef meine vorderste Aufgabe, die Verwaltung auf das Großprojekt vorzubereiten“, verteidigte der OB seine Marschroute – und wurde stellenweise emotional. „Weil wir Zuwanderung haben werden, müssen wir jetzt dafür sorgen, dass wir keine Wohnungsnot haben, dass wir Kitas, Schulen und Straßen haben“, meinte Westphal. Er blieb bei seiner Auffassung: „Ich habe das absolute Recht, meine Verwaltung umzugestalten. Auch zu dem Zeitpunkt, den wir jetzt haben.“

Der vorherigen Aufforderung von CDU-Sprecher Waßmann, „noch einmal in sich zu gehen“, mochte der OB nicht folgen. Er kündigte aber an, „nach Ostern“ erneut mit den Ratsfraktionen sprechen zu wollen. Und was geschieht nun mit dem Ratsbeschluss, den Westphal „beanstandet“ hat? Im Mai kommt es nochmals zur Diskussion. Bleiben beide Seiten dann immer noch bei ihrer Haltung, wandert der Zankapfel zur Kommunalaufsicht in Arnsberg. Selbst ein Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht ist nicht ausgeschlossen.