Thomas Westphal legt jährlich seine Nebeneinkünfte offen. Das nordrhein-westfälische Korruptionsbekämpfungsgesetz zwingt Hauptverwaltungsbeamte, wie Leiter von Kommunen genannt werden, dazu. Netto nahm Westphal im vergangenen Jahr 116.000 Euro darüber ein. Doch wie viel ist das im Vergleich zu anderen OBs im Ruhrgebiet - und welche Rolle spielt RWE?
Wie hoch ist das Gehalt von Thomas Westphal?
Als Leiter einer großen nordrhein-westfälischen Behörde fällt ein Oberbürgermeister in die Besoldungsgruppe B. Dort erreicht Westphal die elfte und damit höchste Stufe für Behördenleiter von Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern. Im Jahr 2023 standen ihm demnach 14.703 Euro als monatliches Brutto-Grundgehalt zu. Im Jahr 2025 sind es bereits 15.723 Euro. Dazu kommen Familienzuschlag für Ehefrau und Kinder, Inflationsausgleich und Aufwandsentschädigungen. 2024 dürfte Westphal nach einer groben Schätzung monatlich auf rund 18.400 Euro gekommen sein. Auf das Jahr gerechnet sind das 220.800 Euro. Sollte Westphal ein zweites Mal ins Amt gewählt werden, könnte ihm zudem eine Zulage von acht Prozent gewährt werden, die jedoch nicht auf die Pension angerechnet werden darf.
Das reine Gehalt Westphals beträgt damit bereits deutlich mehr als das Doppelte, was ein durchschnittlicher Arzt verdient. Zum einen Prozent der am besten verdienenden Deutschen gehört Westphal jedoch erst, sobald man seine Nebeneinkünfte dazurechnet.
Welche Nebeneinkünfte bezieht Westphal?
Wie auch schon bei seinem Amtsvorgänger Ulrich Sierau bezieht Thomas Westphal erhebliche Nebeneinkünfte über Mitgliedschaften in Aufsichts- und Verwaltungsräten großer Unternehmen und Stiftungen. Im Jahr 2024, Westphals viertem vollen Amtsjahr, bezog er 116.000 Euro über solche Einkünfte, also noch einmal rund die Hälfte seines regulären Einkommens.
Rund 40 Prozent seiner Nebeneinkünfte generiert Westphal über seinen Sitz im Aufsichtsrat und im Prüfungsausschuss des Essener Energiekonzerns RWE. Ein Aufsichtsrat hat die Aufgabe, die Geschäftsführung zu überwachen und strategische Entscheidungen zu fällen. Neben Westphal hat der RWE-Aufsichtsrat 19 weitere Mitglieder, darunter auch den Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen. Für die Vergütung seiner Arbeit erhielt Westphal im vergangenen Jahr 41.000 Euro. Westphals Posten im RWE-Konzern ist jedoch relativ neu. Erst zum 3. Mai 2024 wurde er in den Aufsichtsrat gewählt, zuvor hatte den Posten noch sein Vorgänger Ulrich Sierau inne. In den Jahren vor Westphals Wahl in den Aufsichtsrat waren seine Nebeneinkünfte deutlich niedriger.
Weitere wichtige Nebeneinkünfte Westphals:
- 23.000 Euro von der Schüchtermann-Schiller‘schen Familienstiftung Dortmund. Heinrich Schüchtermann war ein bis 1895 lebender Unternehmer, der die Maschinenfabrik Schüchtermann & Kremer gründete, einem wichtigen Zulieferer für den Ruhrbergbau. Die von ihm und seiner Frau Antoinette Schiller gegründete Stiftung unterstützt nicht nur die Familiennachkommen, sondern fördert auch caritative und soziale Projekte der Kirche und der Stadt Dortmund. Westphal sitzt dem Stiftungsvorstand vor.
- 12.000 Euro von den Schüchtermann-Schiller‘schen Kliniken in Bad Rothenfelde am Teutoburger Wald. Die Klinik ist eine der elf größten Herzzentren Deutschlands. Westphal sitzt im Aufsichtsrat der Klinik.
- 10.000 Euro von der Sparkasse Dortmund. Hier hat Westphal den VOrsitz im Verwaltungsrat inne und ist Mitglied im Risiko- und Hauptausschuss.
- 7.000 Euro von Borussia Dortmund, die Westphal aber an die BVB-Stiftung „Leuchte auf“ gespendet hat
- Weitere Einkünfte von mindestens 1.000 Euro von DEW21, DSW21, dem Dortmunder Klinikum, den Dortmunder Stadtwerken und der Emschergenossenschaft
Wie ist die Höhe von Westphals Nebeneinkünften einzuordnen?
Der Vergleich zu Westphals Amtsvorgänger Ulrich Sierau zeigt: Westphals Nebeneinkünfte sind für Dortmund nicht ungewöhnlich hoch. Eher im Gegenteil: Während Westphal in seinem vierten vollen Amtsjahr 116.000 Euro einnahm (2024), generierte Ulrich Sierau in dessen viertem Amtsjahr 2013 bereits 190.000 Euro. Die Posten stimmten in vielen Punkten bereits mit jenen überein, die Westphal heute innehat, RWE und die Schüchtermann-Schiller‘sche Stiftung sowie dessen Klinik waren auch damals schon die Haupteinnahmequellen.
Allerdings bekam Sierau damals von RWE bereits 121.000 Euro, das ist dreimal so viel wie Westphal heute für denselben Posten bekommt. Sierau saß in seinem vierten Amtsjahr schon zwei Jahre im Aufsichtsrat von RWE, die Wahl in den wichtigen Posten erfolgte also zwei Jahre früher in seiner Amtszeit als bei Westphal. Das liegt daran, dass Westphals Vorgänger Sierau noch drei Jahre Teil des Aufsichtsrats blieb, obwohl er kein Oberbürgermeister mehr war. Sieraus Nebeneinkünfte stiegen Jahr für Jahr bis zum Jahr 2017, in seiner zweiten Amtszeit sanken die Einkünfte dagegen wieder langsam.
Auch bei Westphal steigen die Einkünfte Jahr für Jahr. In seinem ersten vollen Amtsjahr 2021 bekam er noch 41.000 Euro, 2023 waren es bereits 80.000, seit dem Aufsichtsrats-Posten bei RWE sind es nun 116.000 Euro. Völlig unabhängig davon, ob Westphal bei der Kommunalwahl im September 2025 im Amt bestätigt wird oder nicht - für den Aufsichtsratsposten wurde er bis zum Jahr 2027 gewählt. Solange bezieht er auch die Einkünfte von RWE - bei einer Abwahl als OB dann sogar ohne einen großen Teil davon an die Stadt abführen zu müssen.
Im Vergleich zu anderen Oberbürgermeistern in der Region sind die Nebeneinnahmen Westphals durchaus hoch. Stephen Keller, OB von Düsseldorf und wie Westphal nun vier volle Jahre im Amt, bekam im vergangenen Jahr nur 48.000 Euro, also weniger als die Hälfte wie Westphal. Keller fehlt der ausschlaggebende RWE-Posten, der Großteil seiner Einnahmen stammt von der städtischen Sparkasse. Auch die OBs von Bochum, Duisburg und Münster verdienen weniger nebenher als Westphal. Ausnahme ist der Essener Bürgermeister Thomas Kufen: Er verdiente 176.000 Euro - wie bei Westphal vor allem durch RWE.
Warum ist RWE für Westphal so wichtig?
RWE und die Stadt Dortmund sind historisch miteinander verknüpft. Im Jahr 2000 fusionierten die Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen, ein regionales Energieversorger-Unternehmen mit Sitz in Dortmund, mit dem Essener Konzern RWE. Bis heute ist Dortmund der größte Einzelaktionär des Energiekonzerns. Über die Stadtwerke DSW21 hält die Stadt 23,6 Millionen an RWE-Aktien. Dadurch übt die Stadt Einfluss auf den Energiekonzern aus, unter anderem auch über Westphal. Außerdem befindet sich der Dortmunder Energie- und Wasserversorger DEW21 zu 40 Prozent im Besitz eines Unternehmenverbunds, zu dem auch RWE gehört. Umweltinitiativen kritisieren die Verflechtung Dortmunds mit dem Energiekonzern, der bis heute noch Kohlekraftwerke betreibt.
Ein Stadtsprecher betont jedoch: Dass Dortmund einen Posten im RWE-Aufsichtsrat stellt, ist kein Automatismus, auch wenn selbst Sieraus Vorgänger Gerhard Langemeyer bereits in dem Gremium saß. Offiziell wurde Sierau als Vertreter der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) für das Gremium vorgeschlagen und schlussendlich auch gewählt.
Was bleibt Westphal von seinen Einkünften?
Insgesamt stehen Westphal jährlich rund 337.000 Euro an Einkommen zur Verfügung. Davon abgezogen wurden im Jahr 2024 rund 67.000 Euro, die an die Stadt gehen. Doch auch von den überbleibenden 270.000 Euro bleibt Westphal längst nicht alles. Zwei Beispiele:
- 25 Prozent der Vergütung von RWE hat Westphal in RWE-Aktien investiert. Die Aufsichtsratsmitglieder haben sich dem verpflichtet und sind dem laut RWE auch allesamt nachgekommen.
- Als Oberbürgermeister hat Westphal Mandatsabgaben an seine eigene Partei abzuführen. Bei der SPD hat ein OB jährlich 6.600 Euro abzuführen. Tatsächlich führte Westphal 2023 10.229 Euro an seine Partei ab, weil die SPD auch für seine Aufsichtsratsposten weitere Abgaben berechnet. Westphal ist damit der einzige Dortmunder, der jährlich über 10.000 Euro an die SPD abgibt oder spendet.