Dieter Jung (82) wäre fast gestorben Jetzt fährt er Radrennen - „Ich liebe die Geschwindigkeit“

Im Sport und im Leben: Dieter Jung (82) vollbringt wahre Wunderdinge
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Ja, er ist stolz – so richtig stolz. Als das Jedermann-Radrennen auf dem Nürburgring beendet war, war klar, dass Dieter Jung (82) aus Berghofen mal wieder Unglaubliches geleistet hatte. Auf seinem Carbon-Rennrad ließ der 82-jährige Diplom-Ingenieur fast alle Mitstreiter in der „oberen“ Altersklasse hinter sich. Nur zwei waren auf den 25 Kilometern mit insgesamt 560 Höhenmetern und 84 Kurven schneller. „Und die waren mehr als zehn Jahre jünger als ich“, berichtet Dieter Jung und muss grinsen.

Er sei an diesem Tag mal wieder an sein Limit gegangen. Mit über 80 km/h preschte der Senior, der sich selbst gerne als „Fossil“ bezeichnet, beispielsweise die berühmte Fuchsröhre hinunter. Beim Anstieg zur „Hohen Acht“, die den Formel 1-Fans bekannt sein dürfte, musste Dieter Jung sich dann durchbeißen. 17 Prozent Steigung hat die legendäre Rennstrecke hier. „Da überlegst du kurz, ob du weiterfährst.“ Die Beine waren schwer, der Körper wollte eigentlich nicht mehr. Doch der 82-Jährige ging aus dem Sattel und fuhr weiter. „Ohne meine Frau Heidi hätte ich das an diesem Tag nicht geschafft“, sagt er heute.

Ehefrau unterstützt bei „Rad am Ring“

Sie habe ihn enorm unterstützt, Getränke gereicht und Mut gemacht. „Man, war ich am Ende platt“, sagt Dieter Jung. Dafür konnte er sich über Rang 3 und damit einen Platz auf dem Treppchen freuen. Diese Siege über den inneren Schweinehund nehme er typischerweise mit Zufriedenheit hin, so der Berghofer. Große Gefühle hätten in solchen Momenten keinen Platz.

Urkunde Rad am Ring 2023
Eine Urkunde und die Bronzemedaille gab es für den dritten Platz beim Radrennen auf dem Nürburgring. © Jörg Bauerfeld

Groß gefeiert wurde der dritte Platz auch nicht. „Mit Wasser und wir haben kurz noch etwas gegessen“, sagt Ehefrau Heidi. „Dieter musste den Wagen ja noch zurück nach Dortmund fahren.“ Seit mehr als 50 Jahren sind die beiden ein Paar. Heidi Jung ist es daher gewohnt, dass sich ihr Mann von einem Abenteuer ins nächste stürzt – Alter spiele da keine Rolle.

Mit über 40 fing Dieter Jung beispielsweise mit dem Marathon-Laufen an. Im Alter von 60 Jahren lief er dann einen Extremmarathon durch die Mongolei. „Ich war immer ein Einzelkämpfer, hab mich nie an einen Verein gebunden.“ Aber wie geht das alles? Er ernähre sich gesund, dafür sorge schon seine Frau Heidi, so der 82-Jährige. Regelmäßige Medizinchecks beim Arzt gehören ebenfalls dazu. Ein richtiges Geheimnis stecke jedoch nicht dahinter – Tipps zum Altwerden habe er keine.

Dieter Jung (r.) bei der Siegerehrung von Rad am Ring
Dieter Jung (r.) bei der Siegerehrung. Er war mit seinen 82 Jahren der älteste Teilnehmer. © privat

Geschwindigkeit und Risiko

„Bei ihm ist das mit der Fitness sicher auch Veranlagung“, sagt Heidi Jung. „Luftgetrocknete 70 Kilo“ bringt Dieter Jung bei einer Größe von 1,77 Meter auf die Waage. „Ich habe immer Angst, dass ihm etwas passiert“, gibt Ehefrau Heidi zu. „Aber er hört ja nicht. Die Familie sagt da auch schon nichts mehr zu.“ Ganz nach seinem Motto „No Risk, no fun“ (Kein Risiko, kein Spaß) gibt Dieter Jung immer Vollgas. So, wie er es im Beruf stets getan hat.

„Ich habe ja auf dem zweiten Bildungsweg Maschinenbau studiert“, erzählt er. Anschließend habe er auf internationaler Ebene gearbeitet, immer am Limit. „Vielleicht bin ich so ein wenig Workaholic, das sagt meine Frau auch immer“.

Dieter Jung bewegt sich, wie er selbst sagt, immer im Grenzbereich. Und das nicht nur beim Radsport. Der 82-Jährige geht regelmäßig ins Fitnessstudio und fährt immer noch für sein Leben gern Ski, Motorrad und Sportwagen. „Ich liebe einfach die Geschwindigkeit, egal womit“, sagt er. Und das Risiko. Doch er gibt auch zu: „Wenn ich mit dem Rennrad bei über 80 km/h gestürzt wäre, wäre es wohl vorbei gewesen.“

Schwer erkrankt nach Zeckenbiss

Bremsen können ihn solche Gedanken nicht. Nach außen wirkt er stets gelassen, einen Blick ins Innere lässt er kaum zu. Nachdenklich wird er nur, als er über ein Ereignis vor über zehn Jahren spricht, das ihm beinahe das Leben gekostet hätte. „Ich bin weltweit gereist, hab alle Kontinente besucht, habe in allen Weltmeeren getaucht. Aber hier, im eigenen Garten, erwischt es mich“, erzählt Dieter Jung.

Ein Zeckenbiss war es, der ihn „brutal erwischt“ hat. Diagnose: Borreliose. Eine Krankheit, die die Haut, aber auch das Nervensystem, die Gelenke und das Herz betreffen kann. „Wenn sie mich nach Dortmund ins Krankenhaus gebracht hätten, wäre ich tot.“ In Gelsenkirchen habe es zum Glück einen Spezialisten gegeben, der ihm geholfen habe. Morphium-Hammer, aufs Röntgengerät und dann sechs Wochen lang starke Medikamente. „Wenn ich nicht so eine gute Konstitution gehabt hätte, hätte ich nicht überlebt. Ich wollte sterben vor Schmerzen. Ich konnte nicht mehr.“

Doch Dieter Jung kam wieder auf die Beine, konnte wieder Vollgas geben. Der 82-Jährige fährt aktuell zwei bis drei Mal in der Woche jeweils rund 60 Kilometer mit dem Rennrad – auch, damit er weiter solche Erfolge feiern kann, wie bei „Rad am Ring“. Und, weil er damit seinem Alter ein Schnippchen schlägt.

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