Nichts schmeckt so sauer wie Rhabarber Koch Günther Overkamp macht feines Gemüse daraus

Koch Günther Overkamp macht feines Gemüse aus saurem Rhabarber
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Jetzt ist ja der Rhabarber reif. Ein Gewächs, genauer gesagt: ein Knöterich-Gewächs, das mir immer schon suspekt war und auch heute noch ist. Wir befassen uns trotzdem jetzt mal damit, vor allem weil kein Mensch weiß: Ist das nun ein Gemüse oder ein Salat? Oder doch Obst?

Warum ist er so rätselhaft? Der Rhabarber hat bei uns im Garten eigentlich gar nichts zu suchen. Wir denken ja, der wächst hier schon seit Urzeiten. Ist aber nicht so. Tatsächlich kommt er aus Asien. Ist aber schon lange her.

Als die Römer auf den Rhabarber trafen, nannten sie ihn bereits „Barbarenwurzel“. Was darauf hinweist, dass sie wohl auch so richtig nichts damit anfangen konnten.

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Um jetzt das Rätsel zu lösen: Am Ende gehört Rhabarber botanisch zum Gemüse. Obwohl wir ihn ja wie Obst behandeln. Wir machen Kompott daraus und meinen, er gehört auf den Kuchen. Weil wir eben keine Asiaten sind.

Junge Stängel am besten

Wenn man einfach reinbeißt, ist das ja ganz fürchterlich. Solange die Stängel noch jung sind, kann man ihn roh verzehren. Theoretisch. Die Säure hat sich dann noch nicht so entwickelt. Aber lecka ist das nicht. Eher eine Mutprobe.

Übrigens hat der Rhabarber den gleichen Stichtag wie der Spargel. Nämlich den 24. Juni. Ab diesem Termin haben die beiden Stangengemüse so viel Säure, dass der Verzehr ungesund werden kann. Es ist die sogenannte Oxal-Säure. Sie kann durch ernährungs-physiologische Prozesse im Körper zu einem Nährstoff-Mangel führen.

Nach 24. Juni nicht ernten

Heißt also: Ab diesem Stichtag nicht mehr ernten und schon gar nicht essen. Und erst recht nicht die Blätter vom Rhabarber. Da ist noch mehr Säure drin.

So. Jetzt müssen wir den Rhabarber aber mal von der Anklagebank holen. Denn wir Köche - und auch der Gaumen - finden ja Sachen sehr lecker, die gleichzeitig süß und sauer sind. Sozusagen Yin und Yang.

Den Rhabarber-Kuchen und den Kompott lassen wir jetzt trotzdem mal weg und machen eingedenk der Tatsache, dass es sich um ein Gemüse handelt, eine herzhafte Beilage, die wunderbar zu feinen Lebensmitteln passt wie Fisch oder Geflügel.

Mit karamellisierten Zwiebeln

Was man dafür auf jeden Fall braucht, sind kleine rote Zwiebeln oder Schalotten, die man in kleine dünne Streifen schneidet und dann im Topf mit etwas Zucker karamellisieren lässt. Aber aufpassen: Nach Dunkelbraun kommt Hellschwarz.

Den Rhabarber natürlich waschen und von der Haut befreien. Dann in 3 cm lange Stücke schneiden.

Stücke nicht zerfallen lassen

Die Zwiebeln mit etwas Rotwein ablöschen und ein wenig kalte Butter dazugeben. Die Rhabarber-Stücke darin dünsten. Sie dürfen nicht zerfallen. Die Stücke müssen noch zu erkennen sein. Dann mit Salz, Pfeffer und ein wenig Honig würzen.

Die Süße, die der Rhabarber braucht, haben wir durch die karamellisierten Zwiebeln. Sie verbindet sich jetzt aufs Wunderbarste mit der Säure des an sich suspekten Rhabarbers, der aber nun harmonisch gezähmt ist.

Zu feinem Fisch wie Zander

Am liebsten genießen wir dieses Gemüse zu feinem Fisch wie Zander, Kabeljau oder zu hellem Geflügel wie Poularde (alles natürlich vom Markt). Beim Einkauf die dünnen jüngeren Stangen bevorzugen. Wie gesagt: Sind nicht so sauer.

Ein bisschen sauer ist aber schön, denn sauer macht bekanntlich lustig. In diesem Sinne: Bis denne!