Neue Schulden für die Verteidigung So stehen Dortmunds Politiker zum Milliardenpaket

Neue Schulden für die Verteidigung: Das sagen Dortmunds Politiker
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Der Bundestag hat am Dienstag (18.3) dem milliardenschweren Finanzpaket für Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz zugestimmt, auch der Bundesrat votierte am Freitag (21.3) dafür. Um die Verteidigung Deutschlands finanziell abzusichern, darf künftig ab Ausgaben von einem Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung (BIP) eine Ausnahme von der Schuldenbremse gemacht werden. Darunter fallen Ausgaben für die Bundeswehr, den Zivil- und Bevölkerungsschutz, die Nachrichtendienste, Cybersicherheit und Hilfen für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten wie etwa die Ukraine. Wie stehen Dortmunder Politiker dazu?

OB Westphal: Verteidigung, aber keine Waffenlieferungen

Der Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) hatte vor drei Jahren gegenüber der Bild-Zeitung noch gesagt, er halte eine Beendigung des Krieges in der Ukraine nur durch Waffenlieferungen für nicht möglich. Die Forderungen nach mehr Waffen seien für ihn „befremdlich“. Heute sei er immer noch kritisch gegenüber Waffenlieferungen, sagt er, obwohl diese im Finanzpaket, das auch seine Partei mitentwickelt hatte, enthalten sind. „Ich würde dazu raten, unsere Verteidigungsfähigkeit strikt von Waffenlieferungen für die Ukraine zu trennen“, meint Westphal. „Ich bin immer dafür, dass der Krieg schnell eingedämmt und beendet wird und Deutschland auf keinen Fall Kriegspartei wird. Ich habe aber immer davor gewarnt, dass Waffenlieferungen auch zur Ausweitung des Krieges führen können. Das Geld, was wir wirklich brauchen, gilt der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands.“

So werde das Finanzpaket auch Auswirkungen auf den Zivil- und Bevölkerungsschutz in Dortmund haben, glaubt Westphal. Er werde sich dafür einsetzen, dass auch bei den Kommunen Geld ankommt. Dabei gehe es nicht zwangsläufig um Bunker, sondern zum Beispiel um die Abwehr von Cyberangriffen oder die Beschaffung von Dieselgeneratoren, um im Krisenfall die Arbeit in den Krankenhäusern aufrechterhalten zu können. „Wir brauchen dafür kommunale Budgets, über die wir selber entscheiden können“, so Westphal auch im Hinblick auf die Gelder für Infrastruktur, die er vor allem in Schulen, Kindergärten und Straßen investieren möchte.

CDU: „Müssen Drohkulisse aufbauen“

Mehr Berücksichtigung der Kommunen hätte sich auch der Dortmunder SPD-Abgeordnete Jens Peick gewünscht. „Gerade in NRW ist es ein Problem, dass Bundesmittel häufig bei der schwarz-grünen Landesregierung versacken und nicht in Dortmund ankommen.“ Er befürworte aber, dass der finanzielle Spielraum für die Verteidigung weder zeitlich noch in der Höhe beschränkt worden sei.

Die Dortmunder CDU hält nicht nur neue Schulden für die Verteidigung für richtig, sondern stehe auch für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht, so Parteichef Sascha Mader - wenn auch mit der Alternative, stattdessen einen sozialen Dienst abzuleisten. „Wir können unsere eigenen Freiheiten nur garantieren, wenn wir unseren Nachbarn signalisieren, dass wir verteidigungsfähig sind. Zumindest müssen wir eine Drohkulisse aufbauen“, so Mader. „Das geht aber nur aus einer Position der Stärke.“ Deswegen gebe es für die Union nur den einen logischen Schluss, mehr Geld für die Bundeswehr in die Hand zu nehmen - und zwar aus Schulden. Damit lasse sich vermeiden, dass in anderen Bereichen wie etwa im Sozialen Einschnitte gemacht werden müssten.

AfD: Verteidigung nur durch geschlossene Grenzen

Die Dortmunder Grünen-Chefin Hannah Rosenbaum nennt das Schuldenpaket ebenfalls eine „zukunftsweisende Investition“: „Deutschland und Europa müssen

unabhängig von der US-Politik mehr Verantwortung für ihre eigene

Sicherheit übernehmen“, so Rosenbaum; ein Verteidigungsetat, der dauerhaft sowohl NATO-Vorgaben als auch nationale Bedarfe erfülle, sei essenziell. Sie betont jedoch auch, dass der Etat eben nicht ausschließlich für die reine Verteidigungsfähigkeit bestimmt sei. Es sei ein Erfolg der Grünen, auch Punkte wie den Ausbau der Nachrichtendienste oder die Unterstützung beispielsweise der Ukraine darunter zu fassen.

Die AfD hat im Bundestag gegen das Schuldenpaket gestimmt, und so äußert auch der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich Kritik: „Milliardenschulden sind nicht dazu geeignet, unsere Wehrfähigkeit herzustellen“, schreibt er. „Wir können erst dann wieder verteidigungsfähig sein, wenn wir die eigene Kultur und die eigenen Grenzen für schützenswert erachten.“ Helferich sieht in dem Schuldenpaket die Gefahr eines „aufziehenden Weltkriegs gegen Russland“. Laut ihm sei es der deutschen Wirtschaft und dem Frieden dienlicher, wenn die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland und die deutsch-russische Gas-Pipeline Nord Stream 2 wieder aufgenommen würden.

Linke: Bundeswehr hat genug Geld

Auch die FDP, die nicht mehr im neuen Bundestag sitzen wird, hatte genau wie die AfD und die Linke vergeblich versucht, das Schuldenpaket per Verfassungsklage zu stoppen. Der Dortmunder Fraktionsvorsitzende Michael Kauch lehnt „ein Schuldenpaket für alle möglichen Zwecke“ ab, weil dadurch die regulär über den Bundeshaushalt zu finanzierenden Verteidigungsausgaben sinken würden. Kauch betont, dass die FDP stattdessen ein eigenes Sondervermögen Verteidigung vorgeschlagen hatte.

Die neue Dortmunder Bundestagsabgeordnete der Linke, Sonja Lemke, lehnt die Ausnahme von der Schuldenbremse ab. „Der Etat der Bundeswehr beträgt bereits etwa 50 Milliarden Euro. Diese Mittel würden ausreichen, um eine Verteidigungsfähigkeit herzustellen“, so Lemke. Durch die neue Regelung sei außerdem eine grundlegende Reform oder Aufhebung der Schuldenbremse nicht mehr möglich, was sie befürwortet hätte. Zudem seien Investitionen in die soziale Infrastruktur unter den Tisch gefallen.