Nazis, Linke und Islamisten in Dortmund Welche Gruppen der Verfassungsschutz im Blick hat

Nazis, Linke und Islamisten: Welche Gruppen der Verfassungsschutz im Blick hat
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Mehr als 400 Seiten umfasst der neue Verfassungsschutzbericht für Nordrhein-Westfalen. Dortmund wird darin stolze 63 Mal explizit erwähnt: In allererster Linie geht es dabei weiterhin um Rechtsextremismus - auch wenn die Polizei die organisierte Szene in der Stadt als „zerschlagen“ betrachtet.

Rechtsextremismus:

Der Verfassungsschutz erwähnt den Kreisverband der Partei Die Heimat (ehemals NPD) unter anderem mit seiner antisemitischen Haltung zum Krieg im Nahen Osten. Der Vorsitzende Sascha Krolzig ist im Februar 2023 wegen Volksverhetzung und des Verbreitens von Propagandamitteln zu einer Bewährungsstrafe von 12 Monaten verurteilt worden.

Der stellvertretende Vorsitzende Alexander Deptolla organisiert seit Jahren die rechtsextremistische Kampfsportreihe „Kampf der Nibelungen“. „Diese ist darauf ausgerichtet, die Teilnehmer auf den Kampf gegen das System physisch und psychisch vorzubereiten und einzuschwören“, so der Verfassungsschutz. Im Mai habe das Team die sogenannte „European Fight Night“ in Ungarn veranstaltet.

Ein Mann trägt eine Jacke mit der Aufschrift „Kampf der Nibelungen - Disziplin ist alles“, während er in einem Gerichtssaal auf den Beginn des Verfahrens wartet.
Ein Mann trägt eine Jacke mit der Aufschrift „Kampf der Nibelungen - Disziplin ist alles“, während er in einem Gerichtssaal auf den Beginn des Verfahrens wartet. © picture alliance/dpa

Im November gab es eine Veranstaltung des AfD-Bezirksverbands Arnsberg an der Hohensyburg, die im Bericht erwähnt wird. Dort habe Björn Höcke versucht, nationalsozialistische Verbrechen zu relativieren. Die „Junge Alternative“, die Jugendorganisation der AfD, habe im September eine sogenannte Akademie-Veranstaltung in Dortmund abgehalten. Ein österreichischer Redner habe dort gesagt: „Ich war unter den 17 Glücklichen, die (...) wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt waren.“

Eine „lose organisierte Szene um den Neonazi Steven F.“ habe sich in Dortmund 2023 entwickelt. Er wolle „insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene erreichen, die mit klassischen rechtsextremistischen Social-Media-Formaten kaum Berührungspunkte haben“. Eines der Videos erreichte über 1,5 Millionen Aufrufe. Diese Szene agiere „im Umfeld des Dortmunder Kreisverbands von Die Heimat“.

Deligitimierung des Staates:

Im Kapitel „Demokratiefeindliche und/oder sicherheitsgefährdende Deligitimierung des Staates“ ist die Gruppe „Demokratischer Widerstand Dortmund“ benannt. Diese Bewegung sei im Zuge der Corona-Pandemie entstanden und versuche, „dem abflachenden Zulauf entgegenzuwirken“. Mehrfach seien Mitglieder der Dortmunder Neonazi-Szene bei sogenannten „Friedensdemonstrationen“ mitgelaufen.

Linksextremismus:

Die linke Szene in Dortmund beschäftigte zuletzt vor allem das Thema Polizeigewalt, wie der Verfassungsschutz feststellt. Unter anderem habe sich im vergangenen Jahr die Gruppe „Defund the Police Dortmund“ gegründet, die die Schließung der Polizeiwache Nord sowie „Alternativen zur Polizei und emanzipatorische Formen sozialer Sicherheit“ fordere.

Auslandsbezogener Extremismus:

Die Föderation der demokratischen Aleviten (Feda) hat ihren Sitz in Dortmund. Dieser Organisation wird eine Nähe zur in Deutschland verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zugeschrieben. Die Partei strebte ursprünglich einen eigenen kurdischen Nationalstaat an.

Islamismus:

Nach dem Ende der Corona-Einschränkungen hat die Polizei wieder vermehrt Vorträge extremistischer Salafisten verzeichnet. Namentlich genannt wird dabei der Prediger Ibrahim El-Azzazi, der unter anderem in Dortmund aufgetreten sei. Er inszeniere sich als Gelehrter und fordere eine Abgrenzung von Muslimen gegenüber „Ungläubigen“.

Die libanesische Hisbollah zeige Bezüge zur „Gemeinschaft Libanesischer Emigranten“ (GLE) aus Dortmund. Die Hisbollah bestreite offen das Existenzrecht des Staates Israel und gilt als Terrororganisation, auch in anderen Ländern habe es Anschläge auf jüdische Ziele gegeben.

Dortmund sei außerdem ein regionaler Schwerpunkt der Islamischen Befreiungspartei „Hizb ut-Tahrir“ eines ehemaligen Mitglieds der ägyptischen und palästinensischen Muslimbruderschaft. Vorrangiges Ziel sei die Errichtung eines islamischen Staats unter Führung eines Kalifen. In Deutschland gilt für die Gruppe ein Betätigungsverbot.

Seit 2015 gibt es außerdem das Furkan-Kultur- und Bildungszentrum an der Rheinischen Straße. Die Furkan-Gemeinschaft wolle die „Islamische Zivilisation“ durchsetzen, laut Verfassungsschutz weise sie bei ihren regelmäßigen Veranstaltungen „einen beinahe sektenartigen Charakter“ auf. Die Angriffe der Hamas auf Israel seien als Akt der Selbstverteidigung dargestellt worden: „Berichterstattungen über die Hamas werden als unwahr dargestellt.“

Offene Bezüge zur Hamas habe der in Dortmund gemeldete Verein „Die Barmherzigen Hände“ gezeigt. Im August wurde er jedoch aus dem Vereinsregister gelöscht.