Nach kinderfeindlichem Shitstorm Café-Besitzerin (30) lädt Zwillingsvater aus Dortmund ein

Nach Facebook-Ärger: Café-Besitzerin (30) lädt Zwillingsvater ein
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Dieser Abend in einem Restaurant in Dortmund – Selvi Aksünger Caphur erinnert sich noch genau daran: Wie sie (hochschwanger), ihr Mann Ali und ein weiterer Erwachsener am Tisch saßen. Wie unterm Tisch ihr siebenmonatiger Sohn rumgluckste – und wie vom Nebentisch böse Blicke kamen.

„Er konnte gerade eigenständig stehen, wenn er sich irgendwo festgehalten hat. Unter dem Tisch ist er die ganze Zeit aufgestanden und wieder hingefallen, hat gelacht und sich gefreut.“ Ganz im Gegensatz zu den beiden weißhaarigen Damen nebenan.

Noch vor dem Essen gegangen

Die genervten Blicke der beiden Frauen, dieses demonstrative Kopfschütteln „hat mich so genervt, dass ich, noch bevor wir unser Essen bekommen haben, gesagt habe: ‚Bitte packen Sie uns das Essen ein. Wir nehmen es mit.‘“

An diesem Tag hätten sie und ihr Mann „gemerkt, wie schwierig es ist, mit einem Kind irgendwo hinzugehen“. Und als die beiden kurz darauf – mitten in der Corona-Zeit – ihr „Café Rot“ im Kaiserviertel in Dortmund eröffneten, war klar: Hier soll es ganz anders laufen. Hier sollen Kinder willkommen sein.

Spielzeug, Malblock, Bücher

In einer Ecke steht eine Spielküche, liegen Fischer-Price-Spielzeuge, die bei Knopfdruck dudeln und blinken können. Daneben hängt eine große Klett-Wurfscheibe, während am Mini-Tisch zwei Meter entfernt Malblöcke und Stifte liegen. Direkt am Eingang wiederum gibt es Bilder- und andere Bücher. Und all das findet Aksünger auch aus Gastronomen-Sicht sinnvoll.

„Es bringt dir ja auch Umsatz, wenn die Eltern sich nicht mit dem Kind beschäftigen müssen, sondern mit ihren Freunden quatschen“, unterstreicht die 30-Jährige: „Sie essen was, sie trinken was. Und wir haben viel entspanntere Gäste.“ Deshalb habe sie sich auch sofort gemeldet, als ein Dortmunder Zwillingsvater auf Facebook kinderfeindliche Antworten auf eine harmlose Frage bekommen habe.

Mit ganz kleinem Kind ins Café – auch Stephan und Miriam waren mit ihrer Ava im "Rot".
Mit ganz kleinem Kind ins Café – auch Stephan und Miriam fühlten sich mit ihrer Ava im "Rot" wohl. © Althoff

Zwillingsvater ist eingeladen

Wo es in Dortmund Cafés oder Restaurants gebe, die er mit den Kindern besuchen könnte, wollte er wissen. Die Reaktion darauf unter anderem, sinngemäß: Nirgends habe man seine Ruhe vor Kindern. Das nerve in Restaurants doch. Selvi Aksünger Caphur suchte direkt den Kontakt zum Zwillingsvater und lud ihn ein zu einem besonderen Termin.

Einmal im Monat, samstags, gibt es im „Café Rot“ Frühstück mit Kinderbetreuung. Im hinteren Bereich kümmern sich Aksüngers Mitarberiterinnen – „meine Mädels“ – um die Kinder. Vorne „dürfen die Eltern endlich mal in Ruhe ihr Brot aufessen“. Acht Anmeldungen für diese Termine könne sie nur annehmen, mehr Platz sei leider nicht. Zuletzt seien 380 Anfragen gekommen.

Für den Termin im Februar auf der Liste: der Zwillingsvater mit Anhang. „Ich habe ihn schnell auf die Liste gesetzt, noch bevor ich den Termin online gestellt habe.“

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