Ganz profan könnte man sagen, die Gründung von Joos ist eine Schnapsidee gewesen. „Irgendwann Ende 2021 haben wir beim Bier zusammengestanden und uns überlegt, wie man die Bezahlung im Internet fairer gestalten könnte“, sagt Thomas Gösken, mit dem Marketingspezialisten Fabian Zenses sowie dem Softwareentwickler Janek Noest im Februar 2022 Gründer von Joos.
Weil sie selbst gestreamt haben, war ihnen das Problem bekannt: das der nicht adäquaten Bezahlung von Influencern, Bloggern oder Podcastern für das, was sie auf Social Media veröffentlichen. Kurz: Die Kreativen machen die Arbeit - YouTube, Instagram, TikTok und Co. verdienen das Geld.
Der Algorithmus entscheidet
Algorithmen seien oft dafür verantwortlich, wo die Beiträge landen, ob auf der Startseite oder im Off. „Man muss Glück haben“, sagt Zenses, „dann können sie viral gehen. Oder sie fliegen unter dem Radar, weil sie nicht gepusht werden.“ Der Algorithmus entscheide, und der arbeite in der Regel für die Interessen der Plattform. „Eine schreiende Ungerechtigkeit“ sei das.

Zwei Grundprobleme sind ausgemacht. „Einerseits haben Kreative keine regelmäßigen Einkünfte“, erklärt Gösken, „weil sie von Plattformen wie YouTube nach intransparenten Kriterien bezahlt werden – nämlich nach der Eignung für Werbeunterbrechungen.“ Das führe zu starken Einkommensschwankungen.
Andererseits, weil Inhalte und Zahlungen nicht direkt zwischen Kreativen und Fans ausgetauscht würden, sondern sich Zwischenhändler einmischten. „Das können Verrechnungsstellen, Banken oder Kartenlesegerätevermieter sein“, sagt der Betriebswirt. Ein Ungleichgewicht durch Abgreifen zum Nachteil der schöpferisch Arbeitenden.
Mit Joos könnten sie ohne Banken, PayPal oder Zwischenhändler Zahlungen von ihren Fans erhalten – etwa durch Abos. Dank Blockchaintechnologie würden alle Transaktionen nachvollziehbar und günstig abgewickelt. Das Credo, so Zenses, laute: „Der, der nimmt, zahlt an den, der liefert.“ Joos wäre an jeder Transaktion mit 3,3% beteiligt.
Joos sieht ferner vor, dass die Schöpfer von Inhalten (Content Creators) ihre Fans an ihren Erfolgen teilhaben lassen – und zwar durch Verkauf, Verleih oder Verschenken von Anteilen. So könnten sich Fans und Investoren die Möglichkeit einer Beteiligung am zukünftigen Gewinn des Creators sichern.
Beispiel: Eine YouTuberin benötigt Geld, um eine Reise zu unternehmen, von der sie Videos ins Netz stellen möchte. Sie muss die Reise vorfinanzieren, weiß allerdings nicht, ob das Geld wegen der intransparenten Zahlungskriterien wieder reinkommt, auch wenn viele Zuschauer ihr Video anklicken. Sie sammelt also Geld ein und beteiligt im Gegenzug ihre Gönner an ihrem zukünftigen Einkommen, das sie mit den Posts erzielt. „Kein Invest-, ein Fanvestment“, so Zenses.
Beiden ist klar, dass Joos gegen die Interessen der werbebasierten Plattformen arbeitet. „Ihr Geschäftsmodell wird sich in Zukunft ohnehin ändern müssen, weil Etats gekürzt werden und die Werbung den Nutzer stört“, schätzt Gösken.
Und Kreative fänden immer Möglichkeiten, ihre Inhalte zu präsentieren – zur Not auf einem eigenen Kanal. Über 50 Millionen Kreative gebe es weltweit. „Es gibt welche, die mehr Zuschauer haben als die Tagesschau – und zwar täglich. Es ist der am schnellsten wachsende Markt für Kleinunternehmen.“
Erste Kreative haben sich Joos bereits angeschlossen, darunter ein Ex-Formel 1-Fahrer sowie eine spanische TikTokerin mit mehreren Millionen Followern. Weitere werden gesucht - und auch Investoren. „Wir haben alle unsere Jobs gekündigt“, sagt Gösken, „wir versuchen, hier was hochzuziehen.“
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