Welchen Einfluss haben Eltern auf die Freundschaften ihrer Kinder? Diese Frage stellt sich eine Mutter seit einigen Wochen jeden Tag. Denn von einem Tag auf den anderen war im Freundeskreis ihres siebenjährigen Sohnes nichts mehr wie vorher – aufgrund seiner Religion.
Anfang Dezember stellte die 36-Jährige, die in diesem Artikel zum Schutz ihres Kindes nicht namentlich genannt werden möchte, Auffälligkeiten im Verhalten ihres Sohnes fest. Der Junge besucht die zweite Klasse der Schopenhauer-Grundschule und „war plötzlich in sich gekehrt und wurde schnell aggressiv“, erinnert sich die Mutter.
Anruf der Klassenlehrerin
Immer wieder habe sie mit ihm gesprochen, ihr Kind vertraute sich ihr jedoch nicht an. „Er stellte aber plötzlich komische Fragen, wollte zum Beispiel wissen, ob wir als Christen Schweinefleisch essen dürfen.“
Einige Tage später sei sie schließlich von der Klassenlehrerin ihres Sohnes angerufen worden, weil der Junge sich im Unterricht kaum beruhigen ließ. „Ich habe mich mit der Klassenlehrerin über die mögliche Ursache für diesen Vorfall ausgetauscht und dann erneut meinen Sohn angesprochen“, sagt die 36-Jährige.
Mehrmals habe sie nachgehakt, dann habe sich ihr Sohn ihr gegenüber geöffnet: Er erzählte, dass er von seinen Freunden in der Schule ausgegrenzt werde. „Mein Sohn ist nahezu der einzige Christ in der Klasse, die Mehrheit der Kinder ist muslimischen Glaubens“, erzählt die Mutter. „Das muss plötzlich zum Problem geworden sein“, bedauert sie.
„Eltern machen Druck“
Ihr Sohn erzählte von Äußerungen wie „du darfst nicht an diesem Tisch sitzen, das ist ein Tisch nur für Moslems“ und „wir spielen nicht mit dir, weil du Schweinefleisch ist“. Die Klassenlehrerin habe ebenfalls vermutet, dass die unterschiedlichen Religionen der Grund für den Konflikt seien. „Mein Sohn hat das durch seine Schilderungen bestätigt“, so die Mutter.
Dass ihr Kind aufgrund seiner Religion ausgegrenzt werde, berührt die 36-Jährige besonders. „Das ist doch kein kindliches Verhalten und kommt doch von den Eltern, die machen da Druck“, ist sie sich sicher. „Mein Sohn wusste bis dahin überhaupt nicht, dass es unterschiedliche Religionen gibt.“
Gespräche mit den Eltern
Sie bat deshalb die Schulleitung in einem ausführlichen Brief, der auf den 21. Dezember datiert ist und dieser Redaktion vorliegt, um sofortige Abhilfe. Auf Anfrage schreibt die stellvertretende Schulleiterin Sahver Münch: „Sie können sicher sein, dass die angesprochene Situation von uns als professionellem Team sehr sorgfältig begleitet und aufgearbeitet wurde.“
Mit der Mutter des Siebenjährigen, der Klasse und den anderen Eltern hätten die Schulleitung und die Klassenlehrerin Gespräche geführt, das gesamte Kollegium sei sensibilisiert. „Uns ist sehr daran gelegen, unsere Schulgemeinde zu verbinden und nicht zu spalten“, betont Münch.
Mutter möchte Schule wechseln
Von dieser Stellungnahme der Schule zeigt sich die Mutter überrascht: „Ich habe nicht mitbekommen, dass es Gespräche mit den anderen gab.“ Zudem werde ihr Sohn nach wie vor von seinen Mitschülern ausgegrenzt.
Sie habe auch selbst das Gespräch mit den Eltern der Mitschüler gesucht. „Ich kenne die Eltern und Kinder schon aus dem Kindergarten, es gab nie Probleme, die Kinder waren richtig gute Freunde“, erzählt sie. Eine Mutter habe ihr versprochen, mit ihrem Kind zu sprechen. „Aber seitdem grüßt sie mich nicht mehr.“
Die 36-Jährige würde nun am liebsten einen Schulwechsel forcieren, doch noch hänge ihr Sohn sehr an der Schopenhauer-Grundschule. „Das waren ja seine besten Freunde“, sagt sie. „Er wünscht sich einfach, dass sie wieder mit ihm spielen.“