Dieses Foto entstand im Jahre 1913 kurz nach dem Umzug der Pötters von der Kaiserstraße zur Evinger Str. 272

Dieses Foto entstand im Jahre 1913 kurz nach dem Umzug der Pötters von der Kaiserstraße zur Evinger Straße 272. © Archiv Evinger Geschichtsverein

Metzgerei Pötter: Erinnerungen an den Ururopa und den Fleischwurstpokal

rnEvinger Geschichtsverein

Nachdem sich der Evinger Geschichtsverein kürzlich der Kneipengeschichte angenommen hat, kommt nun die Metzgerei Pötter an die Reihe. Sie begann vor fast 150 Jahren mit ihrem Handwerk.

Eving

, 25.10.2022, 07:05 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die lange Tradition der Wurstherstellung steht im Mittelpunkt des Treffs des Evinger Geschichtsvereins am Montag (31.10.). Gast und Gesprächspartner ist der Evinger (Traditions-) Metzgermeister Ernst Pötter.

Mit Ernst Pötter stand bereits die fünfte Generation von Metzgermeistern an der Wurstmaschine und dem Hackbrett. Eigentlich wollte Ernst Pötter Modellschreiner werden. Doch für seinen Vater stand fest: „Du wirst Metzger.“ So lernte Ernst Pötter ab 1966 im elterlichen Betrieb das Fleischerhandwerk von der Pieke auf. Später folgte die Meisterprüfung.

Start vor fast 150 Jahren in Westhofen

Begonnen hatte die Familie mit dem Metzgern vor fast 150 Jahren mit einer Fleischerei des Ururgroßvaters Heinrich Huster in Westhofen, dem heutigen Stadtteil von Schwerte. Sein Schwiegersohn Carl Wilhelm Pötter verkaufte seine Wurst auf Wochenmärkten und eröffnete schließlich eine eigene Metzgerei in der Kaiserstraße 46 in Dortmund.

1913 erfolgte der Umzug nach Eving. Im Haus Evinger Straße 272 befanden sich im Erdgeschoss das Geschäft, darüber die Wohnung des Metzgers und darüber drei vermietete Etagen. In dem schmalen Haus lebten vor dem Ersten Weltkrieg 48 Kinder.

Und so sah der Laden an der Evinger Str. 272 im Jahr 1956 aus. Bereits 1956 war eine Verkäuferin, die aus Ungarn stammte, bei Pötters tätig

Und so sah der Laden an der Evinger Straße 272 im Jahr 1956 aus. Bereits 1956 war eine Verkäuferin (r.), die aus Ungarn stammte, bei Pötters tätig. © Archiv Geschichtsverein Eving

Mit Wurst hatte der Großvater von Ernst Pötter sein Geld zuerst in New York und Sydney verdient, bevor der Globetrotter heimkehrte und 1929 in Dortmund mit einer Goldmedaille für seine Wurstwaren ausgezeichnet wurde. Die Geschichte von seiner blauen Hühnerzucht können die Besucher des Geschichtstreffs erfahren.

1952 übernahm der Vater von Ernst Pötter die Metzgerei an der Evinger Straße. Mit der Übernahme des Betriebs zum Beginn der 80er-Jahre durch Ernst Pötter wurde die Umgestaltung der Kühlhäuser und Reiferäume mit konstantem Klima sowie der Wurstküche und der Rauchanlage fortgesetzt, denn „modernste Technik und handwerkliches Geschick waren wichtig für die Zukunft des Betriebs“, so Ernst Pötter.

Ein Foto von einer Messeteilnahme, Stand 203, in Leipzig. "Sämtliche hier ausgestellten Wurst und Fettwaren (1) sind hergestellt vom Metzgermeister Aug. Pötter, Evinger Str. 272", war hier zu lesen.

Ein Foto von einer Messeteilnahme, Stand 203, in Leipzig. "Sämtliche hier ausgestellten Wurst und Fettwaren (1) sind hergestellt vom Metzgermeister Aug. Pötter, Evinger Str. 272", war hier zu lesen. © Archiv Evinger Geschichtsverein

Neben dem Stammhaus an der Evinger Straße wurde 1997 ein zweites Fachgeschäft an der Bayrischen Straße eröffnet. „Anlass war die langjährige Großbaumaßnahme an der Evinger Straße, die den Kunden die Zufahrt zum Geschäft sehr erschwerte“, erinnert sich Cornelia Pötter, die gelernte Steuerfachfrau, die Verkauf und Büro leitete, während ihr Mann für die Produktion zuständig war.

2500 Kilogramm Fleisch wurden pro Woche in der Metzgerei verarbeitet. Rind- und Schweinefleisch zerlegten die Metzger zu küchenfertigen Stücken. Bis zu 800 Mittagstische nach Hausmacher Art wurden täglich zubereitet. Salate und Wurstwaren - über 80 Sorten konnten nach Spezialrezepten hergestellt werden - kamen von der Evinger Straße.

Würste in Zellophan

Aber Wurstwaren waren seit jeher Chefs Lieblinge: Die Metzgerei Pötter war vor hundert Jahren die erste Dortmunder Metzgerei, die Würste in Zellophan verpackte. Das war damals eine absolute Neuheit. Ernst Pötter fand bei den Wurstwaren seine Lücke und kreierte zahlreiche neue Rezepte.

Aber was stets blieb, war der Donnerstag, der Fleischwursttag. Mit der Fleischwurst errang das Pötter-Team mehrere Auszeichnungen, Goldmedaillen und sogar den Fleischwurstpokal. „Frische ist dabei das beste Gewürz, ohne Laktose und Geschmacksverstärker“, sagt Ernst Pötter.

Tiere direkt bei Bauern ausgesucht

Bereits vor 40 Jahren setzte er auf kurze Wege und das Tierwohl. Die Tiere kamen aus der Umgebung und wurden von Ernst Pötter direkt bei den Bauern teilweise auf der Weide ausgesucht. So war nicht nur die Herkunft der Tiere bekannt, sondern ein Blick in die Futterliste zeigte dem Metzgermeister auch, woher die Bauern ihr Futter bezogen. Kurz war der Weg vom Bauern zum nahegelegenen Schlachthof in Lünen und von dort zur Produktion an der Evinger Straße.

In dem schmalen Haus Evinger Straße 272 (hier etwa 1912/13) lebten 48 Kinder

In dem schmalen Haus Evinger Straße 272 (hier etwa 1912/13) lebten 48 Kinder. © Archiv Evinger Geschichtsverein

Schließlich wurde der Betrieb in der Publikation „Der Feinschmecker“ als eine der 500 besten Einkaufsadressen in Deutschland aufgenommen. Kunden kamen aus Münster, Hamm, Iserlohn oder fuhren quer durch die Stadt nach Eving. Dabei verfolgte das Pötter-Team die Philosophie: Nicht ein Kunde, sondern ein Gast kommt, der sich bei uns wohlfühlen soll.

„Das 22-köpfige Pötter-Team war schon etwas Besonderes“, sagt Cornelia Pötter und erinnert sich, dass neue Mitarbeiterinnen von den Kolleginnen mit einem Blumenstrauß begrüßt wurden.

Die Betriebsleitungen für Fleisch und Wurst blieben dem Unternehmen über viele Jahrzehnte treu. Vielleicht auch weil in der Produktion die 5-Tage-Woche galt, was bis heute nicht in allen Fleischereien selbstverständlich ist. Samstags arbeitete nur der Chef in der Produktion und lieferte anschließend Waren an die Kunden aus. Dabei erfuhr er viele Geschichten aus Eving.

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Anerkennenswert findet Wolfgang Skorvanek, Vorsitzender des Evinger Geschichtsvereins, wie sich die Pötters für Eving engagiert haben, „sei es mit der Veranstaltung von kleinen Oktoberfesten mit Leberkäs und Schweinshaxn, Weihnachtsmärkten oder der Einladung von Schulklassen und Kindergärten zur Betriebsbesichtigung bis hin zur Verfügungstellung von Räumen für Kunstausstellungen“, sagt Wolfgang Skorvanek.

Nach drei Jahrzehnten intensiver und erfolgreicher Arbeit der Eheleute Pötter wurde die Metzgerei aus gesundheitlichen Gründen geschlossen. Die Veranstaltung des Evinger Geschichtsvereins findet statt am Montag (31.10.) ab 18 Uhr im Wohlfahrtsgebäude (Evinger Schloss), Nollendorfplatz 2 (barrierefrei). Der Eintritt ist frei.

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