Schüler zu Messerangriff an Berufskolleg „Alle waren aufgeregt, ein Mädchen hat geweint“

Messer-Angriff in Schule: „Alle waren aufgeregt, ein Mädchen hat geweint“
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Kalter Februar-Nieselregen geht an diesem Donnerstagmittag auf die vielen kleinen Schüler-Grüppchen nieder, die zum Beginn der Pause auf dem Platz vor dem Paul Ehrlich-Berufskolleg zusammenstehen. Die Stimmung ist entspannt, es werden Scherze gemacht und hastig Snacks aus der Cafeteria gegessen.

Nichts deutet auf die dramatischen Szenen hin, die sich am selben Ort gut 24 Stunden zuvor abgespielt hatten: Am späten Mittwochvormittag waren Polizei und Rettungskräfte mit einem Großaufgebot zum Schul-Komplex in Hacheney geeilt. Dort hatte eine Lehrerin um 11.10 Uhr den Notruf gewählt und einen Messer-Angriff auf einen 19-jährigen Schüler gemeldet.

Schnell stellte sich heraus, dass es sich bei dem Vorfall um einen eskalierten Streit auf dem Pausenhof gehandelt hatte und nicht um eine größere Gefährdungslage für den Rest der Schule. Der 17 Jahre alte mutmaßliche Angreifer wurde später im Schulgebäude festgenommen, gegen ihn wird wegen schwerer Körperverletzung ermittelt. Sein Opfer wurde lediglich leicht verletzt und konnte das Krankenhaus noch am selben Tag verlassen.

Dennoch: Bei einigen Schülern saß der Schreck tief. Etwa in der Klasse von Sepan Mahmadan. Nachdem die Nachricht vom Angriff die Runde durch die Schule gemacht hatte, sei die Ansage gekommen, dass alle in ihren Klassenräumen bleiben sollen.

Polizei und Rettungskräfte waren am Mittwochvormittag (1.2.) mit zahlreichen Kräften am Paul-Ehrlich-Berufskolleg im Einsatz.
Polizei und Rettungskräfte waren am Mittwochvormittag (1.2.) mit zahlreichen Kräften am Paul-Ehrlich-Berufskolleg im Einsatz. © Markus Wüllner/news4 Video-Line

„Wir haben durch die Fenster gesehen, wie die Sanitäter den Patienten in den Krankenwagen gebracht haben“, erzählt der 20-Jährige, der 2015 aus dem Irak nach Dortmund geflohen war und gerade seinen Realschulabschluss macht. Das Opfer habe einen Verband um den Kopf gehabt und Blut auf der Kleidung. „Alle waren aufgeregt, die Mädchen hatten Angst, eines hat geweint.“

Der Vorfall hinterlässt ein ungutes Gefühl bei dem jungen Iraker: „Wir machen uns Sorgen“, sagt er, bevor er sich auf den Weg zur nahen Stadtbahn-Station macht. Der nächsten Gruppe, drei Schülerinnen auf dem Heimweg, geht es ähnlich: „Anfangs waren wir etwas panisch“, sagt eine von ihnen.

„Angst hatte keiner“

Schüler hingegen, die zu dem Zeitpunkt in einem anderen Teil des riesigen Schulgebäudes waren, gehen bedeutend entspannter mit dem Vorfall um. „Man fühlt sich gar nicht bedroht“, sagt der 20-jährige Tim, der eigentlich anders heißt, aber seinen richtigen Namen nicht in einem Artikel über einen Messer-Angriff lesen will.

Zwar sei der Angriff nach dem vorzeitigen Schulschluss am Mittwoch um 12.45 Uhr das dominierende Thema unter den Schülern in der Stadtbahn gewesen, „aber Angst hatte keiner“.

Notfallseelsorger Hendrik Münz berichtet von „einer Handvoll“ Gespräche mit Betroffenen, was nicht übermäßig viel sei.
Notfallseelsorger Hendrik Münz berichtet von „einer Handvoll“ Gespräche mit Betroffenen, was nicht übermäßig viel sei. © Jessica Will (Archivbild)

Auch Hendrik Münz, Leiter der ökumenischen Notfallseelsorge, die am Mittwoch und Donnerstag mit jeweils vier Notfallseelsorgenden vor Ort war, berichtet von keinem erhöhten Betreuungsbedarf an der Schule. Man habe lediglich „eine Handvoll“ Gespräche geführt.

Auch darüber hinaus wurde den Schülern des Berufskollegs Gelegenheit gegeben, über den Angriff und ihre Gedanken dazu zu reden. Ein Sprecher der für Dortmunds Schulen zuständigen Bezirksregierung Arnsberg sagte, dass „nach Möglichkeit“ zwei Lehrkräfte in den Klassen eingesetzt worden seien, „um auch dort spontanen Gesprächswünschen nachzukommen“. In der Klasse von Sepan Mahmadan sei am Donnerstag eine halbe Stunde über den Vorfall gesprochen worden, berichtet der Schüler.

Nur drei weitere Einsätze seit Anfang 2022

Bei der Dortmunder Polizei bezeichnet man den Angriff am Tag danach als „Ausnahmezustand“. Das Paul-Ehrlich-Berufskolleg „ist aus polizeilicher Sicht bisher nicht auffällig geworden“, sagt eine Sprecherin.

Seit Anfang 2022 habe es dort lediglich drei weitere Polizeieinsätze gegeben, was für eine Schule mit rund 1800 Schülern nicht viel sei. Erwähnenswert sei von ihnen lediglich ein Einsatz Ende November, als in einem Klassenraum Pfefferspray versprüht worden war. Messer spielten in keinem von ihnen eine Rolle.

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