Kein Bock mehr auf Krise Corona, Krieg, Klima - ich will das alles nicht mehr

Kein Bock mehr auf Krise, trotzdem ist Verzicht wichtig
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Redakteur Kevin Kindel

Beim Begriff Energie-Krise denkt man an stark gestiegene Preise und unterbrochene Gas-Lieferwege. Ich habe aber auch eine ganz persönliche Energie-Krise, in mir drin.

Winter-Blues gibt es immer wieder, wenn es draußen kalt und dunkel und matschig wird. Doch in diesem Jahr wird‘s auch drinnen kalt, weil die Heizung nicht so weit aufgedreht werden soll wie sonst. Und das ist nicht das einzige zermürbende Problem des Jahres.

Seit fast drei Jahren geht das Coronavirus schon um. Seitdem ist bis heute im Hinterkopf, wann man wen treffen kann. In der Woche nach einem Konzert oder einem Abend in einer vollen Kneipe fühlt sich mancher Risikogruppen-Besuch weiterhin nicht richtig an.

Ich soll nicht mehr in den Urlaub fliegen. Ich soll Zug statt Auto fahren, obwohl es teurer ist und länger dauert und da unangenehme Fremde mitfahren. Ich soll die Fußball-WM aus moralischen Gründen nicht gucken, ich soll die Heizung nicht zu warm aufdrehen. Ich soll nix mit Palmöl essen.

„Aber man sollte doch...“

Ich möchte schreien, auch wenn es nichts bringt. Einfach weil ich keine Lust mehr habe, vernünftig zu sein. Keine Lust mehr auf freiwilligen Verzicht, auf Krise, auf Moral und „Aber man sollte doch“.

Auch wenn das alles ganz verschiedene Themen sind: In meinem Bauch stapeln sie sich aufeinander, bis sie aus dem Hals wollen. Wahrscheinlich ist es das große Luxusproblem unserer Generation: Freiwilliger Verzicht nervt sehr, wenn man nicht wirklich dazu gezwungen wird.

Nordsee statt Mittelmeer

Das Anstrengendste an all diesen Dingen: Alle sind absolut sinnvoll, manche auf lange Sicht sogar alternativlos. Und weil ich das weiß, mach ich eben nicht einfach, was ich will. Auch wenn es nervt: Die Heizung bleibt niedrig, der nächste Urlaub findet an der Nordsee und nicht am Mittelmeer statt.

Energiesparen, Klimaschutz, verantwortungsvoller Konsum - all das hat seinen Sinn und lohnt sich. Mit dem „Social Distancing“ haben wir in der Pandemie wahrscheinlich viele Menschenleben gerettet.

Und wenn wir fast drei Jahre mit einem tödlichen Virus geschafft haben, sind drei Monate Winter mit etwas mehr Strickwaren statt Gasheizung ja wohl kein Problem. Man muss schließlich auch nicht komplett verzichten - nur etwas sparen. Und zwischendurch darf man auch mal schwach werden. Wenn man sich ganz bewusst entscheidet, eine kurze Pause vom Verzicht zu nehmen.