
An der Kampstraße kam es zuletzt zu Problemen. Manche davon sind hausgemacht, andere haben Ursachen in einer gesellschaftlichen Entwicklung. So wie es ist, kann es jedenfalls nicht bleiben, meint unser Autor. © Fotos/Montage: Felix Guth
Dortmund hat die Kampstraße im Stich gelassen - jetzt kommt die Rechnung
Meinung
Neues Sorgenkind der Innenstadt statt prächtiger „Boulevard“: Das ist gerade die Realität an der Kampstraße. Die Probleme sind das Resultat jahrelanger Ignoranz, meint unser Autor.
Dortmund hat ein wachsendes Problem mit Kriminalität und Gewalt in der Innenstadt. Dabei sticht die Kampstraße laut der Polizei Dortmund statistisch nicht einmal heraus.
Doch die Situation ist nach mehreren schweren Auseinandersetzungen mit Verletzten innerhalb kurzer Zeit gerade angespannt. Die Situation an der zentralen Straße zeigt, wie Entwicklungen in der Gesellschaft und in der Stadtentwicklung zusammenhängen.
Orientierungslose Jugendliche mit Gewaltpotenzial
Die Probleme haben mit einer gesellschaftlichen Entwicklung zu tun, die junge Menschen betrifft. Viele der Gruppen, die zwischen Kampstraße und unterer Brückstraße zu sehen sind, wirken geradezu orientierungslos. Einige suchen den Konflikt.
An die Selbstverständlichkeit, mit der Waffen und auch harte Drogen ein Teil dieser Szene sind, hat man sich schon beinahe gewöhnt.
Doch junge Menschen mit Messern und Crackpfeifen sind nichts, was man einfach so hinnehmen sollte. Hinzu kommt: Die Gewalt bleibt nicht im internen Kreis, sondern trifft auch Unbeteiligte.
Günstiger „Feiern“ dank 24-Stunden-Kioske
Das Freizeitverhalten solcher Gruppen unterscheidet sich von dem früherer Ausgeh-Generationen. Sie sind länger draußen und damit nicht unter sozialer Kontrolle in Clubs oder Bars – die vielfach ohnehin außerhalb ihrer finanziellen Möglichkeiten liegen.
Viel günstiger feiern können sie durch die 24-Stunden-Kiosks, in denen sie an Alkohol, Zigaretten oder süße „Durstlöscher“ kommen.
Doch das Dilemma in der City hat auch hausgemachte Ursachen. Als vor einigen Monaten die Pläne zum „Boulevard Kampstraße“ wieder auf den Tisch kamen, kamen darin teils absurd überholte Ideen wie ein Wasserlauf in der City zum Vorschein.
Was als bürokratische Schnarchnasigkeit belächelt wurde, ist eigentlich überhaupt nicht lustig.
Jahrelange Ignoranz der Straße rächt sich jetzt
Die Liste der Probleme beginnt mit einer Straßenführung, die vor allem schwächere Verkehrsteilnehmer in Gefahr bringt. Sie geht weiter mit „toten“ Ecken, in denen sich hervorragend dunkle Geschäfte treiben lassen. Und endet bei einer Vernachlässigung einfacher Dinge wie der Straßenbepflasterung.
Diese Straße im Herzen der Stadt derart zu ignorieren, beschleunigt Probleme. Dort, wo scheinbar niemand hinsieht, sammeln sich gewaltorientierte Gruppen schließlich besonders gerne.
Der Hinweis auf einen „Boulevard“ im Jahr 2025 hilft dabei niemandem. Am wenigsten denjenigen, die nahezu täglich mit der Situation konfrontiert sind.
Es sind dabei Antworten gefragt, die über den Impuls „Verdrängung“ hinausgehen. Die Polizei muss auf Straftaten reagieren. Aber von Seiten der Verwaltung ist Flexibilität gefragt.
Jetzt. Nicht 2025.
Seit 2010 Redakteur in Dortmund, davor im Sport- und Nachrichtengeschäft im gesamten Ruhrgebiet aktiv, Studienabschluss an der Ruhr-Universität Bochum. Ohne Ressortgrenzen immer auf der Suche nach den großen und kleinen Dingen, die Dortmund zu der Stadt machen, die sie ist.
