Erkältungen und Grippe sind die Begleiterscheinungen gerade der kalten Jahreszeiten.

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Grippe, Erkältung und Co.: Ist es in diesem Jahr schlimmer als sonst?

rnInterview

Gefühlt startet die Grippe- und Erkältungssaison früher - und heftiger. Stimmt das? Wir haben einen Experten gefragt: den bekannten Dortmunder Immunologen Prof. Dr. Carsten Watzl.

Dortmund

, 26.09.2021, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Winterzeit ist Grippe- und Erkältungszeit. Doch vor allem Kinderärzte schlagen Alarm: Durch das Masketragen und Social Distancing könnte die Welle in diesem Jahr schlimmer ausfallen. Wir sprachen dazu mit dem Dortmunder Immunologen Prof. Dr. Carsten Watzl vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung der TU Dortmund.

Prof. Dr. Carsten Watzl, sind wir durch Maske und Social Distancing echt nicht mehr so immun wie früher?

Nur weil wir Maske tragen und die uns vor eine Infektion geschützt hat, ist es nicht so, dass unser Immunsystem aufgehört hat, zu arbeiten. Das ist nicht wie ein Muskel, der immer wieder trainiert werden muss. Aber es gibt natürlich Infektionen, gegenüber denen ich meine Immunität im Laufe der Zeit verliere.

Prof. Dr. Carsten Watzl ist Immunologe am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung der TU Dortmund.

Prof. Dr. Carsten Watzl ist Immunologe am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung der TU Dortmund © Oliver Schaper (Archiv)

Welche sind das?

Bei den RSV und saisonalen Coronaviren, also bei Erkältungsviren, kann es sein, dass man schon im vergangenen Jahr mit einer erneuten Infektion fällig gewesen wäre. Nur konnte da die Immunität nicht aufgefrischt werden wegen der Maske und den Beschränkungen. Dann ist man aber eben dieses Jahr fällig.

Dazu kommen dann noch die Leute, die dieses Jahr sowieso erkrankt wären. Es entsteht also eher ein Rückstau, weil mehr Leute als sonst ihre Immunität auffrischen müssen. Daher sieht man schon vermehrt und früher Erkältungskrankheiten. Gerade Kinderärzten fällt auf, dass sie sehr früh im Jahr schwere Erkältungsfälle bei Kindern haben.

Und bei der Grippe?

Bei der Grippe ist es so, dass sich der Erreger von Jahr zu Jahr verändert. Da ist es nicht so, dass ich mir die Immunität im letzten Jahr hätte holen können. Daher wird man dagegen geimpft. Was aber aufgefallen ist, ist dass es dieses Jahr schwieriger war, den Grippeimpfstoff festzulegen, weil es weniger Grippeviren im letzten Jahr gab.

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Dann bedeutet das auch nicht, dass Infektionen schlimmer ausfallen, oder?

Nein. Es kann sein, dass wenn man schon längere Zeit nichts hatte, es sich heftiger anfühlt.

Und häufiger krank wird man im Umkehrschluss auch nicht.

Auf persönlicher Ebene nicht. Es kann nur sein, dass man im Bekanntenkreis merkt, dass vermehrt Leute krank werden.

Sie hatten vorhin erzählt, dass es in diesem Jahr schwierig war, den Grippeimpfstoff zu bestimmen. Wieso?

Es handelt sich hierbei um eine Voraussage der WHO, die in allen Ländern Referenzzentren hat. Aufgrund aller auftretenden Grippeerkrankungen in der südlichen Halbkugel wird untersucht, welches Virus im Winter die nördliche Halbkugel treffen könnte.

Im Norden wird dies im Februar für den kommenden Winter festgelegt, im Süden im Juli. Da hat man schon sehr gute Erfahrungen mit gemacht. Aber es kann halt sein, dass keine der vier Viren, die in der Impfung enthalten sind, dem jetzigen Grippevirus entspricht. Da ist der Schutz dann vorhanden, aber nicht ganz so gut.

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Man fängt jetzt an, Corona- und Grippeimpfungen zusammen zu verimpfen. Ist das sinnvoll?

Ja. Im Kindesalter bekommt man bis zu sieben Impfstoffe gleichzeitig. Man hat das bei der Corona-Impfung zuerst aus Sicherheitsbedenken nicht gemacht und gesagt, dass man vor und nach der Corona-Impfung zwei Wochen lang keine andere Impfung bekommen soll.

Aber demnächst kommt eine neue Stiko-Empfehlung, die besagt, dass gerade bei den Ü60ern - bei denen eine Grippeimpfung empfohlen wird - zumindest bei der Auffrischung beide Impfstoffe gespritzt bekommen sollen.