
© Felix Guth (Archiv)
Bomben-Evakuierung: Auch 300 Häftlinge müssen raus – wie macht man das?
Gefängnis Dortmund
Eine große Ausnahme-Evakuierung kommt auf Dortmund zu. Im betroffenen Gebiet liegt auch die Dortmunder JVA. Der Anstaltsleiter erklärt, wie man sich auf die besondere Herausforderung vorbereitet.
Die bislang letzte Mega-Evakuierung Dortmunds im Januar 2020 war schon besonders aufwendig, weil die Patienten von gleich mehreren Krankenhäusern in Sicherheit gebracht werden mussten. Nun steht eine andere Einrichtung mit ganz besonderen Sicherheitsvorkehrungen im Fokus: die Justizvollzugsanstalt (JVA).
Am Schwanenwall, am östlichen Rand der City, werden gleich vier Bomben-Blindgänger vermutet. Dortmunds Gefängnis liegt nur etwa 200 Meter von einem der Orte entfernt. „Das ist schon eine Herausforderung“, sagt JVA-Leiter Ralf Bothge: „Das macht man nicht so häufig, dass man einen Knast evakuiert.“
Allerdings betont er auch: „Ich bin nicht ansatzweise nervös.“ Grundsätzlich habe man Pläne für Evakuierungen in der Tasche, beispielsweise für den Fall eines Brandes im Gebäude. Außerdem wisse das Team bereits seit mehreren Tagen von dem Fund und bis zur geplanten Evakuierung am 15. August (Sonntag) hat man auch noch etwas Zeit.
Viele Details möchte Bothge nicht verraten, damit die Fahrtwege für Insassen und Angehörige „eine Überraschung“ bleiben, wie er sagt. Fest steht aber, dass die rund 300 Gefangenen in andere Gefängnisse gebracht werden. „Wir müssen sie da unterbringen, wo wir sie im Super-Gau-Fall über Nacht lassen können“, so Bothge.
Sporthallen seien dabei beispielsweise keine Option. Für den Transport werden speziell gesicherte JVA-Busse genutzt. Darin gebe es einzelne Zellen, der Behördenleiter nennt sie „fahrende Gefängnisse“.
Aufnahmebitten von anderen Einrichtungen
In den vier Jahren, in denen Bothge nun in Dortmund tätig ist, habe er noch keine entsprechende Aufnahmebitte einer anderen JVA erhalten, erzählt er. Vorher war er aber in Gelsenkirchen beschäftigt. Da sei mal ein spontaner Anruf aus Essen gekommen, weil dort spontan alle Insassen wegen eines Bombenfundes praktisch sofort verlegt werden mussten.
Damals habe das Essener Team das Problem dann aber doch lösen können, indem alle in einem bestimmten Trakt des Gebäudes zusammengerutscht sind. Mit Blick auf den nahegelegenen Fundort steht für Bothge jetzt aber fest: „Wir werden evakuieren müssen.“
Zu Spitzenzeiten sind in den vergangenen Jahren rund 440 Personen an der Lübecker Straße inhaftiert gewesen. Aus Gründen des Corona-Schutzes ist die Belegung gedrosselt worden, aktuell sitzen rund 300 Männer ein.
Kevin Kindel, geboren 1991 in Dortmund, seit 2009 als Journalist tätig, hat in Bremen und in Schweden Journalistik und Kommunikation studiert.
