Die Versorgungslage mit Medikamenten bleibt weiterhin äußerst angespannt. Schon seit Längerem kämpfen Apotheken auch in Dortmund mit erheblichen Lieferengpässen. Um den Jahreswechsel herum waren es insbesondere Fiebersäfte für Kinder, die kaum noch zu bekommen waren.
Zwar habe sich die Lage bei den Fiebersäften inzwischen etwas entspannt, sagt Michael Beckmann. Er ist der Vorsitzende der Bezirksgruppe Dortmund im Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) und Inhaber der Markt-Apotheke in Aplerbeck. Doch jetzt gebe es große Probleme bei Antibiotika. „Das ist ein Albtraum“, sagt Beckmann. Auch Candesartan, ein Mittel gegen Bluthochdruck, sei inzwischen betroffen. „Seit Wochen wird es schlimmer“, sagt Beckmann über die Engpässe.
Probleme mit Lieferketten
Die Gründe sind nicht neu: Lieferketten-Probleme treffen auf eine saisonbedingt hohe Nachfrage. „Es gibt im Moment einen recht hohen Krankenstand“, erklärt Beckmann. Schon seit Jahren existiert ein hoher Druck auf Preise und Herstellungskosten bei patentfreien Arzneimitteln, weshalb viele Hersteller ihre Produktion zurückgefahren oder sogar eingestellt haben.
Janet Olgemöller, Apothekerin aus Essen, berichtete kürzlich auf der Plattform Tiktok, dass ein Kunde, den sie leider habe „abweisen“ müssen, sie übel beleidigt habe. Er habe sie unter anderem als „Hure“ und „Schlampe“ beschimpft. „Das muss nicht sein. Wir versuchen im Moment alles Menschenmögliche, um euch zu versorgen“, stellt Olgemöller in dem Videoclip klar.
Verständnis für Kunden
Macht Michael Beckmann in der Aplerbecker Markt-Apotheke auch solche Erfahrungen? „Es gibt Kunden, die ausfallend werden“, bestätigt er. Dass Kunden sauer werden, „passiert hier x-mal am Tag“, ergänzt er. Doch der Zorn treffe die Falschen. „Wir können nichts dafür. Die Leidtragenden sind die Mitarbeitenden.“ Denen gegenüber sei ein solches Verhalten „unfair“.
Beckmann betont, dass er den Ärger der Kunden durchaus gut nachvollziehen könne. „Wenn man auf ein Medikament angewiesen ist und schon in vier oder fünf Apotheken war, aber das Mittel nirgendwo bekommen hat.“ Der Apotheker versichert: „Wir versuchen, dagegen anzukämpfen, denn wir leben davon, dass wir Arzneimittel verkaufen.“
Täglich sei das Team der Markt-Apotheke stundenlang damit beschäftigt, Ware zu beschaffen, was früher ohne großen Aufwand möglich gewesen sei. Inzwischen seien Zeit- und Arbeitsaufwand eine „Extrem-Belastung“, so Beckmann. „Das ist ein Problem, das uns lähmt.“
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch (5.4.) einen Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums gebilligt, mit dem Karl Lauterbach gegen die Medikamentenengpässe vorgehen will. Unter anderem soll der Kostendruck bei der Produktion von bestimmten patentfreien Medikamenten verringert werden. Zudem soll die Wirkstoffproduktion in der EU gestärkt werden.
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