Maximilian Derwald ist mit 28 Chef im Familienunternehmen „Ich zähle die Stunden gar nicht“

Maximilian Derwald ist mit 28 Jahren Juniorchef des Bauunternehmens
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Es war längst nicht ausgemacht, dass er mal in die Fußstapfen seines Vaters, seines Großvaters und seines Urgroßvaters treten würde. Maximilian Derwald trägt zwar auch ihre Vornamen - in seinem Pass steht Maximilian Falko Walter Derwald -, doch als Abiturient am Mallinckrodt-Gymnasium wusste er noch nicht so recht, was er beruflich gerne machen würde. Interessiert war er immer an Geschichte, war auch im Geschichts-Leistungskurs. Studiert hat er dann Betriebswirtschaftslehre, war jahrelang erstmal weit weg von Dortmund - und ist jetzt doch Juniorchef der traditionsreichen Dortmunder Bauunternehmung.

„Klar“, sagt der gerade 28-Jährige, „man ist damit aufgewachsen und hat als Kind irgendwann gemerkt, dass auf vielen Baustellen in der Stadt der eigene Name steht. Aber ich bin nie dazu gedrängt worden, mal die Firma zu übernehmen.“

Dass nach dem BWL-Studium in Mannheim, einigen Jahren in der Berliner Start-up-Szene und der Tätigkeit bei einer Unternehmensberatung genau das aber seit gut zwei Jahren sein Weg ist, das muss er sich selbst noch manchmal aufsagen.

„Gefühlt ist es noch gar nicht lange her, dass ich mit meinem Vater Bauklötze aufgetürmt habe, damit ich sie sofort wieder umwerfen konnte. Heute bauen wir sie quasi auch wieder gemeinsam auf, nur dass sie jetzt etwas größer sind und ein echtes Fundament haben“, sagt Maximilian Derwald.

Mit ihm ist die vierte Generation der Derwalds in der Unternehmensführung tätig. Als Juniorchef hat er am gerade bezogenen Firmensitz an der Walter-Bruch-Straße 9 auf Phoenix-West ein nagelneues Büro. Davor hat er aber am Burgweg 56 nahe des Fredenbaums noch im Büro seines Urgroßvaters gearbeitet. Das war zufällig frei, während die beiden anderen Chefsessel seit Jahrzehnten besetzt sind. „Nicht nur mein Vater Falko Derwald“, sagt Maximilian Derwald, „auch Opa Walter ist mit über 80 immer noch jeden Tag im Büro.“

Und das sagt er nicht belächelnd, sondern mit höchstem Respekt. Dabei kann man sich ja auch jede Menge Reibung vorstellen, wenn man jeden Tag mit dem Papa und auch noch mit dem Opa zusammenarbeiten muss.

Konstruktives Miteinander

„Nein“, sagt Maximilian Derwald bei im Hintergrund leise laufender Musik, „wir gehen sehr konstruktiv miteinander um. Als neue Generation geht man natürlich mit anderen, mit offenen Augen durch das Unternehmen. Na klar, habe ich Ideen. Aber zurzeit geht es mir noch ums Verstehen. Erst im zweiten Schritt werde ich dann versuchen, neue Impulse hereinzubringen.“

Geduld ist allerdings nicht die Stärke des jungen Unternehmers, der meist im Hemd, das er locker über der Jeans trägt, in die Firma kommt. „Ich bin generell ungeduldig. Wenn Dinge zu lange dauern, ärgert es mich. Ich bin auch ein sehr pünktlicher Mensch und möchte, dass etwas zum vereinbarten Zeitpunkt auch fertig ist“, sagt er selbst.

Dabei hat er schon gemerkt, dass Veränderungen und Neuerungen in einer alteingesessenen Firma länger dauern, als bei den Startups, in denen er tätig war. „Digitalisierung“, sagt er beispielsweise, „ist für mich natürlich ein größeres Thema als für meinen Vater oder meinen Opa. Es muss aber darum gehen, ob damit auch mehr Wertschöpfung erreicht wird. Nur eine Software in die Firma zu schmeißen, bringt nichts. Es funktioniert ja alles. Das ist bei einem Familienunternehmen in vierter Generation nicht so wie auf der grünen Wiese eines Startups. Ich werde also keine Digitalisierung nur um der Digitalisierung willen machen.“

„Drei Walter Derwalds auf einmal", sagt Maximilian Derwald gerne zu diesem alten Familienfoto der Unternehmerfamilie Derwald in Dortmund. Er selbst heißt mit Zweitnamen auch Walter und ist hier als Kleinkind zu sehen - mit seinem Urgroßvater (r.) und seinem Großvater (l.).
„Drei Walter Derwalds auf einmal", sagt Maximilian Derwald gerne zu diesem alten Familienfoto. Er selbst heißt mit Zweitnamen auch Walter und ist hier als Kleinkind zu sehen - mit seinem Urgroßvater (r.) und seinem Großvater (l.). © privat

In die alleinige Chefrolle will er in einem fließenden Prozess hineinwachsen. Dazu gehört jetzt erstmal eine Rollenverteilung zwischen Vater und Sohn. „Das Verhältnis zwischen uns ist in der Firma ein anderes als im Umfeld der Familie. Wir sind hier beide auf die betrieblichen Dinge fokussiert. Dabei entwickelt sich eine klare Aufteilung. Mein Vater ist als Bau-Ingenieur der Experte für die Bauabläufe. Da kann ich ihm als Betriebswirt nicht ansatzweise das Wasser reichen“, sagt Maximilian Derwald.

Und während er sich in seinem lässigen Look „am liebsten duzen“ lässt, werden sein Vater und Großvater „primär gesiezt“. Für ihn ist das der offensichtlichste Generationen-Unterschied in dem klassischen, mittelständischen Betrieb.

„Bin viel auf Baustellen“

Interessant ist, dass es die Bauingenieur-Kaufmann-Konstellation bei den Derwalds schon mal gegeben hat. „Für meinen Opa muss es damals ähnlich gewesen sein. Er war auch Kaufmann und mein Urgroßvater war Ingenieur. Mein Großvater war dann mit seinem kaufmännischen Hintergrund auch bald für das Bauwesen verantwortlich“, sagt Maximilian Derwald und will daraus das Selbstbewusstsein ziehen, das er als künftiger Chef braucht.

„Und auch mein Großvater und mein Vater haben vorgemacht, wie eine reibungslose Staffelübergabe laufen kann“, sagt er. „Mein Großvater hat meinem Vater, der ja nach meinem Urgroßvater wieder als Bauingenieur ins Unternehmen gekommen ist, immer freie Hand gelassen. Die Dynamik, die die beiden sich erarbeitet haben, ist super. Ich wünsche mir, dass das meinem Vater und mir auch gelingt. Bisher liegen wir oft auf einer Wellenlänge. Ich muss lernen und auch er muss digital noch mitlernen. Da können wir gut voneinander profitieren.“

Maximilian Derwald und Walter Derwald stellen die zweite und die vierte Generation des Familienunternehmens in Dortmund dar.
Maximilian und Walter Derwald: „Auch wenn Opa sich sehr über meinen Einstieg in das Familienunternehmen gefreut hat, gedrängt wurde ich dazu nie“, sagt Maximilian Derwald. © Stephan Schütze

Derwald ist heute ein Full-Service-Dienstleister rund um den Bau mit den Geschäftsbereichen Projektentwicklung, Bauunternehmen und Immobilienservice. Die 50 Beschäftigten planen für die Kunden vor allem Mietobjekte. Es gibt nur noch wenige eigene Maurer oder Handwerker bei Derwald.

Von daher muss Maximilian Derwald nicht selbst die Gummistiefel anziehen, um sich den Respekt der Malocher auf den Baustellen zu verdienen. „Respekt muss man sich aber immer verdienen“, sagt er. Und was am Bau vor sich geht, will er genau wissen. „Selbst mauern sollte ich besser nicht. Aber ich bin viel auf Baustellen und höre mir alles an, um die Prozesse und Begrifflichkeiten zu verstehen“, sagt der Juniorchef.

Maximilian Derwald im Gespräch über seinen Einstieg in das Familienunternehmen in Dortmund.
Maximilian Derwald im Gespräch mit unserer Redaktion. „Ich werde keine Digitalisierung nur um der Digitalisierung willen machen“, sagt er. © Stephan Schütze

Auch wenn er ein Mensch der Zahlen und Bilanzen geworden ist, so ist ihm die Bauwirtschaft doch in die Wiege gelegt worden. „Ich war nie ein Technik-Mensch, aber so ein Gebäude, das es zuerst nur als Zeichnung gibt, dann entstehen zu sehen, das ist für mich seit Kindheitstagen durchaus faszinierend und macht den Beruf hier im Unternehmen einfach schön“, so Maximilian Derwald.

„Die Krise fordert Kreativität“

Dass er sich in seiner neuen Juniorchef-Rolle gerade in der wohl schwersten Krise der Bauwirtschaft in der Nachkriegszeit behaupten muss, ist für ihn mehr Herausforderung denn Belastung.

„Wir haben als Unternehmen viele Jahre gute Zeiten gehabt. Wir bauen weiter und es wird wieder bergauf gehen“, sagt er überzeugt und ergänzt: „Die Krisensituation fordert Kreativität und dafür bringe ich frische Ideen für Serielles Bauen, für das Bauen im Bestand oder auch für eine Verschlankung von Prozessen ein.“

Maximilian Derwald steht hier vor einem Baucontainer am Firmensitz in Dortmund.
Maximilian Derwald spürt als Juniorchef auch Verantwortung: „Wenn es Probleme gibt, ist man dafür da, sie zu lösen. Für mich war es unglaublich wertvoll, schon sehr früh unternehmerisch aktiv gewesen zu sein. So konnte ich mit nötigem Selbstvertrauen in die neue Rolle schlüpfen. “ © Stephan Schütze

Bei allem Optimismus merkt der junge Familienunternehmer aber auch die Belastung. Eine 50-Stunden-Woche dürfte für ihn die Regel sein. „Ich zähle die Stunden gar nicht“, sagt er.

Sein eigener Chef zu sein, sagt Maximilian Derwald, erlaube zwar einige Freiheiten, aber man spüre auch die Verantwortung. „Wenn es Probleme gibt, etwa wenn Deadlines drohen, nicht eingehalten zu werden“, sagt er, „dann ist man dafür da, sie zu lösen. Da guckt man nicht auf die Uhr. Und es bereitet schon mal schlaflose Nächte, aber es lässt einen auch wachsen. Mir ist es wichtig, jetzt auch selbst die Kohlen aus dem Feuer zu holen und sich nicht auf den Papa zu verlassen.“

Maximilian Derwald (r.) mit seinem Vater Falko in Dortmund. "Er ist der Experte für die Bauabläufe. Da kann ich ihm als Betriebswirt nicht ansatzweise das Wasser reichen", sagt der Juniorchef.
Maximilian Derwald mit seinem Vater Falko. „Er ist der Experte für die Bauabläufe. Da kann ich ihm als Betriebswirt nicht ansatzweise das Wasser reichen“, sagt der Juniorchef. © Derwald

Vater Falko Derwald ist 57 Jahre alt und wird dem Sohn sicher noch einige Jahre zur Seite stehen. Und wer weiß, vielleicht kommt einer der beiden jüngeren Brüder Paul (22) oder Philip (25) ja demnächst auch noch in die Geschäftsführung.

Beim Verlassen seines Büros fällt noch ein Steinbrocken auf der Fensterbank auf. „Ich bin halt ein Geschichts-Nerd“, sagt Maximilian Derwald und ergänzt: „Zudem bin ich auch ein Lokalpatriot und fand es einfach toll, als man beim Stadtfest ‚Dortbunt‘ im Mai 2023 einen der letzten 30 Steine aus der historischen Stadtmauer zugunsten des Kinderschutzbundes ersteigern konnte.“

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien erstmals am 30. März 2024. Wir haben ihn aufgrund des großen Interesses erneut veröffentlicht.