Mit sechs Hunden in einer kleinen Dachgeschosswohnung lebt Margo (32) aus Dortmund. Das Wohnzimmer ist klein und ordentlich. Angenehmer Geruch von Räucherstäbchen liegt in der Luft. Als Margo sich an den Tisch setzt, legt sich jeder Hund in sein Körbchen oder aufs Sofa. Innerhalb von fünf Minuten kehrt Ruhe ein.
Es sind nicht ihre eigenen Hunde, der große weiße Theo, der kleine verkuschelte Henry oder der wuschelige Boomer mit dem niedlichen kleinen Überbiss. Margo bietet eine Pflegestelle für Hunde aus dem Tierschutz. Sie ist mit Tieren groß geworden. „Mit Anfang zwanzig habe ich meinen ersten Hund mit nachhause gebracht.“ Dass sie eines Tages ihr ganzes Leben den Hunden ausrichten wird, ist ihr damals noch nicht klar.
Die gebürtige Dortmunderin arbeitet seit Jahren im kaufmännischen Bereich, als Corona den Lockdown auslöst. Ihre Arbeit hängt deswegen etwas in der Schwebe. Eines Abends sieht sie einen Instagram-Post der Tierschutzorganisation ‚Best Friends Foundation‘. „Die suchten Leute für Pflegestellen, und ich dachte mir: ,Warum nicht?‘“ So schnell gesagt, so auch getan. Anfangs hat Margo ein bis zwei Hunde da, die sie vermittelt.

„Ich war nie glücklich in meinem Job“
Es dauert nicht lang, da hat Margo ihren Vollzeitjob gekündigt, um eine Vollzeit-Pflegestelle anzubieten. Sie lässt ihre Zeit als Kauffrau Revue passieren: „Ich bin morgens zur Arbeit gegangen und habe gedacht, hoffentlich ist der Tag schnell rum.“ Die Entscheidung ist ihr wie in den Schoß gefallen, fügt sie hinzu. Auf Teilzeit macht sie einen Job im Homeoffice. „Irgendwie muss ich ja krankenversichert sein“, sagt sie auf ihre trockene Ruhrpott-Art. „Das rutscht mir immer wieder durch, auch in Gesprächen mit Interessenten“, sagt sie lachend.
Um sich mehr Wissen über hündische Kommunikation anzueignen, macht Margo noch eine Ausbildung zur Hundetrainerin. „Das hilft mir total, die Tiere besser einzuschätzen und dann auch besser vermitteln zu können.“ Ihr Alltag läuft dabei meist so ab, dass sie mit den Hunden zum Haus ihrer Eltern fährt. „Da haben wir einen großen Garten, und ich kann von dort aus mit dem Laptop arbeiten.“
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„Ich bekomme so viel Unterstützung von meinen Eltern und meinem Partner. Ohne die wäre das alles hier nicht möglich“, sagt Margo. Und trotzdem: „Viele denken glaube ich, ich sitze den ganzen Tag nur rum und kuschel Hunde.“ Das stört Margo merklich. Mittlerweile ist sie Teamleiterin der Tierschutzorganisation ‚Best Friends Foundation‘ in Deutschland. Dazu gehört eine Menge an Organisationsarbeit. „Ich führe jeden Tag Erstgespräche mit Pflegestellen oder Adoptanten und bin stündlich im Kontakt mit meinem Team.“ Wochenenden gibt es bei Margo nicht.
Keine Krokodilstränen
Die Kosten für alles tragen Margo und ihr Partner selbst. „Wir haben in den letzten Jahren bestimmt 5000 bis 6000 Euro für unsere Pflegehunde bezahlt.“ Die eine Hälfte der Schutzgebühr von 475 Euro pro Hund, fließt direkt in die Tierschutzorganisation und damit in die Versorgung der Pflegehunde.
Die andere Hälfte in das Transportunternehmen. Das ist aber auch berechtigt, findet Margo. „Es ist ein lizensiertes Unternehmen. Die Boxen sind fest in die Busse eingebaut, es ist klimatisiert, beleuchtet und die Hunde bekommen regelmäßig Futter und Wasser.“
Von einer Woche bis zu mehreren Monaten dauert es, bis Margo ein Zuhause für einen Hund findet. „Das ist super individuell.“ Die Tiere abzugeben, fällt ihr dabei sogar fast leicht. „Ich kenne ja die Gegebenheiten in Bulgarien und deswegen tut mir das eigentlich immer gut, wenn ein Hund vermittelt wurde. Ich weiß dann, ich habe Platz für den nächsten.“
Außerdem ist es auch nicht mit jedem Hund ein Match. Da ist Margo sehr ehrlich. „Da habe ich hier Abends die Sektkorken knallen lassen und dachte: Jawollo!“

Großpflegestelle in Dortmund
Auch wenn Margo den Alltag mit ihren Pflegehunden in der kleinen Wohnung gut hinbekommt, ist es für sie auf Dauer extrem kräftezehrend. „Allein mit den Hunden aus dem Haus zu gehen, ist ein Riesenakt.“ Margo braucht mehr Platz. „Seit zwei Jahren feile ich an diesem Plan“: Sie möchte eine Großpflegestelle für Tierschutz-Hunde eröffnen. „Ein großer Hof mit Grundstück wäre mein Traum.“
Dort möchte sie dann nicht nur Pflegestelle sein, sondern auch Hunden ein gutes Zuhause bieten, die nicht vermittelt werden können. „Diese Hunde haben genauso ein tolles Zuhause verdient, in dem sie Alt werden dürfen.“ Außerdem soll auch Platz für eine Hundetagesstätte sein, für Hunde, dessen Halter tagsüber arbeiten müssen. „Ich möchte dort einen Ort schaffen, wo ich lebe und arbeite, der aber gleichzeitig den Tieren zugutekommt.“
Oft wird sie belächelt für ihre Ziele, doch Margo ist da sehr klar. „Ich renne da nicht blind in etwas rein. Da steckt ganz viel Planung und jahrelange Erfahrung hinter.“ Das einzige, was Margo noch von der Umsetzung ihres Plans abhält, ist das Geld. „Es war schon oft ein passender Hof oder Grundstück da.“ Margo hat sich deshalb entschlossen, den Schritt an die Öffentlichkeit zu gehen. Über einen Go-Fund-Me Link erhofft sie sich Unterstützung von anderen Hundeliebhabern. „Ich will ja keine Marmorküche oder einen Swimmingpool. Ich möchte vor allem eins: dass die Tiere dort sicher aufgehoben sind.“

Ab und zu fliegt Margo in die bulgarische Großstadt Warna, dem Hauptsitz der Organisation. Von dort aus kommen die Hunde nach Deutschland. „Nicht alle Hunde sind Straßenhunde“, erklärt Margo. Einige von ihnen wurden von Familien ausgesetzt oder ins Tierheim gebracht. „Oft muss ich die Entscheidung treffen: Welcher Hund braucht es am dringendsten. Das bedeutet dann gleichzeitig, dass viele andere Hunde dort bleiben müssen.“

Dürfen Hunde ins Bett?
Viele Fotos oder Videos zeigen Margo kuschelnd mit ihren Pflegehunden im Bett. Ein kontroverses Thema, auch in der Hunde-Branche. Margo hat dazu eine klare Meinung. „Ist dieser Hund besonders dreckig, besonders krank? Hat dieser Hund es besonders nicht verdient, weil er aus Bulgarien kommt, von der Straße?“ Margo schüttelt den Kopf. Die Hunde sind sauber, gechipt und geimpft. „Und es gibt ja auch so was wie Waschmaschinen oder?“ Margo lacht.

Margo streichelt Theo über den Kopf, dem großen weißen „Riesen-Baby“- wie sie ihn nennt. Er schleckt ihr liebevoll übers Gesicht. „Bedingungslose Liebe!“ Sie weiß, dass sie nicht alle retten kann. „Aber so viele wie möglich. Und das lasse ich mir auch von keinem ausreden.“ Sie erzählt, dass später noch einer der Hunde abgeholt wird, von seinen neuen Menschen. „Ich glaube daran, dass alle Hunde, egal was sie auch schon erleben mussten, tolle Familienmitglieder sein können.“ Für Margo sind Hunde das größte Geschenk. „Die Hunde sind mein Spiegel - sie spüren die kleinste Veränderung an Energie. Das hilft mir, mehr Bewusstheit zu leben.“
Hinweis: Dieser Artikel ist erstmals am 19.4.25 erschienen.