Wenn die Liebe zu Ende geht Tipps für eine respektvolle Trennung und gegen Liebeskummer

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Die Paartherapeutin und Lebensberaterin Jennifer Angersbach aus Unna berät nicht nur Paare, die an ihrer Beziehung arbeiten oder Singles, die gerne einen Partner finden möchten. Manchmal kommen auch Paare in ihre Praxis, die sich so reibungslos wie möglich trennen wollen.

Meist seien es Eltern, die sie aufsuchen, obwohl sie für ihre Partnerschaft keine Zukunft mehr sehen, sagt Jennifer Angersbach. „Sie benennen ganz klar, dass sie nicht an ihrer Liebesbeziehung arbeiten wollen, aber an einem respektvollen Umgang miteinander.“ Manche Paare würden auch eine Therapie beginnen, die sie eigentlich nutzen wollten, um wieder zusammenzufinden und merkten dann, dass es keine gemeinsame Zukunft mehr gibt. „Sie nutzen die Sitzungen dennoch weiterhin für eine harmonische Trennung.“

Wie beraten Sie diese Menschen? Was kann man einem Paar, das weiß, dass die Liebe keine Zukunft mehr hat, mit auf den Weg geben?

Eine Trennung ist in den seltensten Fällen plötzlich da, meist haben Paare versucht, künstlich Harmonie zu erzeugen, Erwartungen nicht ausgesprochen, sich in der Hoffnung auf Leichtigkeit verloren oder mit Vorwürfen dafür gekämpft, Verständnis zu bekommen. Sie hangeln sich von Verletzung und Enttäuschung bis hin zur Wut, Distanz und Ablehnung des Gegenübers. Die idealen Voraussetzungen für einen Rosenkrieg: Es gibt kaum mehr Mitgefühl, man gönnt dem anderen die Butter auf dem Brot nicht mehr und beide sehnen sich danach, verstanden zu werden, um nicht die Verantwortung für das Scheitern zu tragen. Dieser Kampf um Verständnis nach der Trennung ist kontraproduktiv und verhindert das Loslassen, weil man zu sehr um einander kreist.

Ich versuche den Fokus dann eher auf die Beziehung zu lenken, die bleibt: Die Eltern-Beziehung und die damit einhergehende geteilte Verantwortung für die Kinder, nicht jedoch die Verantwortung füreinander, denn diese endet mit der Liebesbeziehung. Auch begleite ich manche Menschen einzeln, sodass sie Verständnis bekommen, ohne dafür bei der oder bei dem Ex kämpfen zu müssen.

Expertin Jennifer Angersbach lächelt in die Kamera, dahinter halten zwei Hände ein Herz.
Jennifer Angersbach ist Paartherapeutin und Lebensberaterin aus Unna. Sie beantwortet für die Leserinnen und Leser von Hellweger Anzeiger und Ruhr Nachrichten regelmäßig Fragen rund um die Liebe. © Montage Verena de Azevedo

Bestimmt mussten Sie in diesem Zusammenhang auch schon mal Menschen beraten, die Probleme hatten, über eine Beziehung hinwegzukommen. Was hilft wirklich gegen Liebeskummer?

  • Nach Möglichkeit Abstand, den Kontakt gar zunächst ganz abzubrechen oder zumindest auf das zu beschränken, was nötig ist. Wenn ich mir Alkohol abgewöhnen will, sollte ich nicht in den Weinkeller gehen.
    Der Trauer sollte Raum gegeben werden, Trost jedoch beim Expartner oder der Expartnerin zu suchen ist destruktiv und schürt nur die Hoffnung.
  • Den Fokus auf neue Freiheiten, Freunde, ein neues Hobby und vor allem sich selbst richten, statt sich fürs „Scheitern“ zu bestrafen. Durchaus auch Gespräche führen, Wut und Trauer zulassen, wenn sie hochkommen. Aber nicht darin versinken, indem ich an die Zukunft denke, die es jetzt nicht mehr gibt. Sondern mich darauf besinnen, wie schön es mal gewesen ist und wie schwer und anstrengend es zuletzt war. Abschied nehmen hat auch etwas mit Dankbarkeit zu tun, die Erinnerung bleibt. Was man verliert ist vor allem die Illusion, wie es hätte werden können.
  • Eltern rate ich für diesen Abstand bspw. die Bring- und Abholsituation zu entschärfen, indem diese über die Kita oder Schule stattfindet. So gibt es seltener diese angespannten Situationen, wenn man einander begegnet, nochmal in sein altes Zuhause muss, oder die neue stylische Wohnung des/der Ex sieht und wieder ein Stich ausgelöst wird.
  • Dieser „Entzug“ (Social-Media-Profil/ WhatsApp-Status/ Kontakt/ alte Fotos abhängen/ …), muss nicht von Dauer sein, sobald sich beide stabilisiert und sich auch emotional voneinander gelöst haben, die Verletzungen verblasst sind und die Emotionen runtergekocht sind, können beide sich wieder annähern, sofern es den Wunsch auf beiden Seiten überhaupt noch gibt. Gemeinsame Aktivitäten, Ausflüge oder Feiern, klingen erstmal verlockend, doch sind für die Kinder sehr irritierend und sie erleben immer wieder aufs neue eine Trennung.

Und wann ist der richtige Zeitpunkt, um nach vorne zu schauen, wann hat man sich „stabilisiert“?

Es gibt die Faustregel, dass man nach sechs Monaten langsam nach vorne blicken sollte, falls die Trauer dann noch immer kaum aushaltbar ist, ist professionelle Begleitung sehr sinnvoll, um raus aus den Schleifen zu kommen, die man immer wieder dreht und sich fragt, warum? Und wie hätte ich es vermeiden können? Trauern und Leiden sind unterschiedliche Konstrukte, die Trauer hilft beim Loslassen und Verstehen. Das Leid sorgt fürs Festhalten und verhindert die Akzeptanz, der neuen Realität.