Die Aufzug-Tür öffnet sich – und nun? Irritiert blickt die Frau auf das rot-weiße Absperrband mit der großen Aufschrift „Polizei“. Kurz zögert sie, dann hebt sie das Flatterband an und marschiert einfach durch zum Gleis.
Am Donnerstagmittag (29.12.) hat die Feuerwehr an dieser Stelle eine Leiche gefunden. Rund 24 Stunden später gibt es erste Erkenntnisse der Polizei. Das Flatterband sperrt den Fundort an der S-Bahn-Haltestelle Möllerbrücke weiterhin ab, doch viele stört das nicht.
59-Jähriger ohne Wohnsitz
Um einen 59-jährigen Mann habe es sich gehandelt, fasste Polizeisprecherin Annika Roß am Freitagmittag die ersten Erkenntnisse zusammen. Der Mann habe offenbar keinen festen Wohnsitz gehabt. Vermutlich sei es ein Todesfall ohne Fremdeinwirkung. Genaueres werde allerdings die Obduktion in der ersten Januarwoche zeigen.
Ein Pappbecher, ein paar Ampullen, ein paar Socken, in der Ecke ein paar Decken oder Kleidungsstücke – all das liegt am Freitagmittag noch herum zwischen den Aufzug-Ausgängen und dem Bahnsteig, von dem aus die S4 in Richtung Unna abfährt. Ein Zettel tanzt im Wind über den Boden.
Aus dem Aufzug zum Fundort
„Entschuldigung. Ich war sehr ungehalten zu Ihnen. Tut mir leid. Grüße“, steht darauf, dahinter ein Frauenname. Um all das herum ist das Polizeiband gespannt. Bis Donnerstagabend versperrte ein solches den Zugang zu den Aufzügen eine Etage darüber, direkt am Eingang zur U- und S-Bahn-Station, neben Sonnenstraße und Sparkassen-Filiale.
Doch am Freitag ist der Eingang frei. Wer also in den Aufzug steigt und auf „-1“ drückt, landet vor dem Absperrband – so wie jetzt zwei Frauen und ein Kind. Band angehoben, aus Versehen gegen die Ampullen getreten und gegen den Pappbecher. Cola-farbene Flüssigkeit läuft über den Boden. Man geht weiter, hebt auch das zweite Absperrband, auf dem Weg zum Zug.
Notarzt kann nicht mehr helfen
An der Bahnstation Möllerbrücke liege eine leblose Person. Das hatte am Donnerstag um kurz vor 12 Uhr eine Frau der Feuerwehr geschildert. Deren Notarzt konnte nur noch einen Totenschein ausstellen. Die Polizei sperrte den Fundort ab und begann die Ermittlungen.

Solche tragischen Funde werde es sicher in Zukunft häufiger geben, schätzt die Feuerwehr. Im Sommer hatte man in Dortmund gleich zwei tote Obdachlose innerhalb von zwei Tagen entdeckt: Ein Mann lag vor den Eingang einer Hilfseinrichtung für Wohnungslose an der Leopoldstraße, ein zweiter am folgenden Tag unter einer Tischtennisplatte auf dem Spielplatz an der Zimmerstraße in der Nordstadt.
Direkt unter die Polizei-Absperrung an der Möllerbrücke hat jemand ein Grablicht gestellt. Ob vor Längerem oder nach dem Leichenfund ist unklar. Die Kerze jedenfalls brennt nicht.
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