Berkay Kidik blickt aus seinem Fenster auf die Schienen der Stadtbahn auf der Bornstraße. In der Nacht zu Dienstag beobachtete er von hier einen Polizisten, der dort vergeblich nach der Tatwaffe suchte.

© Thomas Thiel

Lebensgefährlicher Angriff in der Nordstadt – „Echt, da war was?“

rnSpurensuche vor Ort

Rund um die Auseinandersetzung an der Bornstraße, nach der ein Mann in Lebensgefahr schwebt, sind noch viele Fragen offen. Was haben die Nachbarn mitbekommen? Eine Spurensuche vor Ort.

Dortmund

, 16.10.2021, 04:45 Uhr / Lesedauer: 2 min

Es gibt in Dortmund wahrlich schönere Orte als die Kreuzung Bornstraße/Eisenstraße in der Nordstadt an einem regnerisch-grauen Frühherbst-Tag: Lkw donnern über die viel befahrene vierspurige Ausfallstraße, der Asphalt wird nur durch die Stadtbahn-Gleise unterbrochen, der einzige Farbklecks ist das Rot einer Tankstelle. Ansonsten: Gewerbegebiets-Feeling.

An diesem Ort ist am späten Montag (11.10.) ein 38-jähriger Mann lebensgefährlich verletzt worden. Eine Mordkommission ermittelt wegen versuchter Tötung. Zwar gibt es einen Tatverdächtigen, doch was genau am Montag gegen 23.15 Uhr passiert ist, wissen die Ermittler noch nicht.

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Das liegt auch am Tatort: „Ab 20, 21 Uhr sind hier nur noch sehr wenig Leute unterwegs“, sagt Berkay Kidik. Der 20-Jährige, der eine Ausbildung zum Erzieher macht, wohnt mit seinem Zwillingsbruder Hamza in einem der wenigen Wohnhäuser an der Kreuzung. Die Tankstelle macht um 22 Uhr zu, im Fitnessstudio schräg gegenüber in der Eisenstraße geht das Personal zur gleichen Zeit in den Feierabend.

Die Kidiks haben von dem Vorfall nichts mitbekommen - sie hatten Freunde zu Besuch. Erst als Berkay gegen 1 Uhr vorm Schlafengehen die Rollos herunterlassen wollte, bemerkte er etwas: Durch das Fenster sah er, wie ein Polizist mit einer Taschenlampe die Stadtbahngleise abging – wohl auf der Suche nach der Tatwaffe, mit der das Opfer so schwer am Kopf verletzt wurde, dass der Mann in ein künstliches Koma versetzt werden musste.

„So oft Blaulicht, da achte ich gar nicht mehr drauf“

Wer sich am Freitagmittag (15.10.) – wenige Stunden, nachdem die Ermittler den Fall öffentlich gemacht haben – in der Nachbarschaft umhört, erntet immer wieder die gleiche Reaktion: „Echt, da war was? Haben wir nicht mitbekommen!“

Lediglich ein Anwohner erzählt von einer weinenden Frau, auf die er vor dem Haus getroffen sei, als er eines Nachts gegen 0 Uhr von der Arbeit nach Hause kam - aber ob das am Montag gewesen sei, kann er nicht mehr genau sagen.

Es könnte die Freundin des Opfers gewesen sein, die laut Staatsanwalt Felix Giesenregen später am Tatort eintraf, weil sie sich dort mit dem 38-Jährigen verabredet habe.

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Auf die Frage, ob ihr denn das Blaulicht vor ihrer Tür, dass ein solcher Einsatz sicher ausgelöst hat, nicht aufgefallen ist, sagt eine andere Anwohnerin nur: „Hier fahren so oft Wagen mit Blaulicht vorbei, da achte ich gar nicht mehr drauf.“

In Sachen Konflikten und Gewalt sei die Gegend eher ruhig, meinen die Kidik-Brüder: „Ich wohne hier seit anderthalb Jahren, ich hab hier noch nie einen Streit mitbekommen“, sagt Berkay. „Es gibt hier keinen Ort, der Probleme macht“, meint Hamza.

Der Vorfall fast vor der eigenen Haustür hinterlasse bei ihm jedoch ein mulmiges Gefühl, sagt Berkay: „Ich werde es jetzt immer im Hinterkopf haben.“