Prozess um den Tod von Mouhamed Dramé Dortmund erwartet ein riesiges Gerichtsverfahren

Landgericht vor Mammut-Prozess: So läuft der Mouhamed-Prozess ab
Lesezeit

Am 19. Dezember (Dienstag) beginnt der Prozess gegen fünf Polizistinnen und Polizisten vor dem Landgericht. Es geht um die Umstände der tödlichen Schüsse auf den 16-jährigen Mouhamed Dramé am 8. August 2022 und die Rolle der Angeklagten.

Der Fall wird vor dem Schwurgericht verhandelt. Das ist die Bezeichnung für die Strafkammer am Landgericht, die sich mit Kapitalverbrechen wie Totschlag befasst.

Nach Einschätzung unseres Gerichtsreporters Martin von Braunschweig, der sich seit vielen Jahren für diese Redaktion mit großen Gerichtsprozessen in Dortmund und der Region befasst, ist der Fall aus mehreren Gründen ungewöhnlich.

Zahlreiche Prozessbeteiligte

„Das beginnt schon bei der schieren Anzahl der beteiligten Personen“, sagt er. Es gibt fünf Angeklagte plus Verteidigung, eine Nebenklage sowie zahlreichen Zeuginnen und Zeugen. Zudem dürften das mediale und das öffentliche Interesse vor allem an Auftakt und Abschluss immens sein.

Denn auch, dass Polizisten angeklagt sind und das auch noch in dieser Zahl und mit solch schwerwiegenden Vorwürfen, kommt nicht häufig vor.

Der Anklageschrift liegt eine rund 2500 Seiten dicke Ermittlungsakte zugrunde. „Diese muss Eins-zu-Eins nachvollzogen werden“, sagt Martin von Braunschweig. Dies wird einige Verhandlungstage in Anspruch nehmen. Das Gericht habe den gesetzlichen Auftrag, aber auch ein eigenes Interesse daran, den Prozess stringent durchzuführen.

Mit einem Urteil ist vermutlich nach jetziger Prognose deshalb nicht vor Februar/März zu rechnen.

Erwartungen an den Prozess

Alle Beteiligten gehen davon aus, dass am 19. Dezember nur die Anklageschrift verlesen wird. Für den 17. Januar (Mittwoch) ist dann der erste Verhandlungstag angesetzt, mit dem begonnen wird, die Geschehnisse des 8. August 2022 juristisch aufzuarbeiten.

Anwältin vertritt die Familie

Die Dortmunder Rechtsanwältin Lisa Grüters hat für die Familie von Mouhamed Dramé das Mandat der Nebenklage übernommen. Sie sagt am Donnerstag: „Ich hoffe, dass der Polizeieinsatz offen und transparent aufgeklärt wird und die Verantwortlichkeiten der einzelnen Beteiligten geklärt werden.“

Die Dortmunder Anwältin Lisa Grüter vertritt die Familie von Mouhamed Dramé.
Die Dortmunder Anwältin Lisa Grüter vertritt die Familie von Mouhamed Dramé. © Bastian Bochinski

Anwältin Lisa Grüters ist in regelmäßigem Kontakt mit Mouhamed Vater Lamine und Sidy Dramé, einem der Brüder des Getöteten. „Sie sind extrem froh, dass der Prozess jetzt beginnt und es nicht im Sande verläuft“, sagt die Rechtsanwältin.

„Moralische Reparation“

Die Familie möchte bei Teilen der Verhandlung dabei sein. Dafür sind allerdings noch Fragen wie Reisekosten, Visa oder Unterkunft zu klären.

Der Solidaritätskreis „Justice 4 Mouhamed“ zitiert Sidy Dramé in einer Mitteilung zum Prozessstart mit diesen Worten: „Nichts auf der Welt wird Mouhamed zurückbringen. Alle Verantwortlichen müssen erklären, was passiert ist und Rechenschaft für ihre Taten abgeben.“ Die Familie erwarte eine „moralische Reparation, in der klar gemacht wird, dass Mouhamed das Opfer war.“

William Dountio vom Solidaritätskreis sagt: „Wir sind an diesen Punkt nur gekommen dank des Engagements und der Solidarität vieler Menschen deutschlandweit. Aber es liegt jetzt noch ein langer Weg vor uns.“

Verteidigung der Polizisten

Die Strafverteidiger der beschuldigten Polizisten hatten deren Vorgehen in früheren Stellungnahmen als gerechtfertigt bezeichnet. Sie wiesen auf die Bedrohungslage durch das Messer in Mouhameds Hand und die Dynamik der Situation hin. Die Staatsanwaltschaft sieht das laut Anklageschrift gegenteilig.

Christoph Krekeler, Anwalt des als Schützen angeklagten 29-Jährigen, hatte im Februar gesagt, dass der Tod von Mouhamed Dramé seinen Mandanten „tief bewegt“ habe und belaste. Den Vorwurf des Totschlags, also eine Tötung mit Vorsatz, bezeichnete Krekeler als „über das Ziel hinausgeschossen“.

Todestag von Mouhamed Dramé jährt sich zum 2. Mal: Was bis Prozessbeginn alles passierte

Todesschüsse auf Mouhamed Dramé (†16) in Dortmund: Prozess beginnt noch im Dezember

80 Prozent mit ausländischen Wurzeln: Wie lebt es sich in der Dortmunder Nordstadt?