Die Zahl der Flüchtlinge und Asylbewerber steigt weiter. Jetzt ist bekannt geworden, dass die schwarz-grüne Landesregierung bereits zum 1. Januar eine zentrale Flüchtlingsunterkunft mit bis zu 500 Betten in Dortmund plant – als eine von fünf in NRW.
Die Absicht, dafür ein Hotel anzumieten, bestätigte auf Anfrage Ministeriumssprecher Fabian Voß am Donnerstag (28.9.). Geplant seien maximal 500 Plätze. Die Zahl könne auch geringer ausfallen, teilte die zuständige Bezirksregierung Arnsberg mit.
Oberbürgermeister Thomas Westphal hatte bei der Ratssitzung eine Woche zuvor (21.9.) nach entsprechenden Presseveröffentlichungen erklärt, die Stadt habe dem Ministerium für Flucht und Integration ausdrücklich „kein Angebot“ gemacht, eine zentrale Landeseinrichtung für Flüchtlinge in Dortmund zu ermöglichen, sondern nur unter bestimmten Bedingungen die Bereitschaft erklärt.
Angebot schon vor langer Zeit
Im Gegensatz zu Westphal ließ Sozialdezernentin Birgit Zoerner am Donnerstag auf Anfrage mitteilen: „Die Stadt Dortmund hat der Landesregierung bereits vor langer Zeit angeboten, in Dortmund eine Landeseinrichtung zu betreiben.“
Leider habe die Stadt „trotz des Zeitdrucks bis heute dazu keine verbindliche Aussage der Landesregierung erreicht“, so Zoerner weiter.
Über die am Donnerstag bekannt gewordenen öffentlichen Äußerungen von Ministerin Josefine Paul „sind wir sehr irritiert“, sagte die Sozialdezernentin. „Wir warten darauf, dass die Landesregierung intern ihre nach wie vor ungeklärten Prozesse klärt.“
Erst verbindliche Entscheidung
Sobald der Stadt eine verbindliche Entscheidung des Landes vorliege, werde es - wie in der letzten Ratssitzung dargelegt - zunächst die notwendige Beteiligung der politischen Gremien in Dortmund geben, versicherte Zoerner. Die Frage nach dem Hotel, in dem das Land die Flüchtlingsunterkunft plant, beantwortete sie ebenso wenig wie das Land, beziehungsweise die Bezirksregierung.
OB Westphal hatte erklärt, dass Dortmund nur dann einer zentralen Landeseinrichtung zur Aufnahme von Flüchtlingen zustimme, wenn der Qualitätsstandard dem in städtischen Flüchtlingseinrichtungen entspreche. Gleichzeitig geht die Stadt davon aus, dass das Land – wie angekündigt – alle Kosten dafür übernimmt.
„Dass eine solche Einrichtung eine entsprechende Qualität für die Unterbringung der Menschen haben muss, versteht sich dabei von selbst“, betont Ulrich Langhorst, grünes Ratsmitglied und Vorsitzender des Sozialausschusses.
Breite Mehrheit
Der Rat habe sich gerade erst mit breiter Mehrheit dem Antrag der Grünen angeschlossen, „die Einrichtung einer solchen Unterkunft des Landes zu unterstützen: Zum einen, weil für die schnell steigende Zahl von schutzsuchenden Menschen akut ein Hilfsangebot geschaffen werden muss. Aber auch, weil wir in Dortmund schon auf wertvolle Erfahrungen und eine erprobte Beteiligungskultur und Willkommensstruktur setzen können.“
Erste Erfahrungen mit einer Unterbringungseinrichtung des Landes habe Dortmund schon bis 2016 mit der damaligen Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete sammeln können.
Humanitäre Verantwortung
Neben der humanitären Verantwortung spielt für die Grünen, aber auch für andere Fraktionen, eine wichtige Rolle, dass die Zahl der Geflüchteten in Landeseinrichtungen künftig zu 100 Prozent auf die Aufnahmeverpflichtung der jeweiligen Stadt angerechnet werden und das Land auch die damit zusammenhängenden Kosten übernimmt.
Für die Grünen darf die Unterbringung von Flüchtlingen in Großeinrichtungen nur eine Übergangsphase sein. Die entscheidende Aufgabe sei es, langfristige und zuverlässige Lösungen für geflüchtete Menschen zu finden, an denen sich auch der Bund finanziell beteiligen müsse.
Landesunterkunft als „Puffer“
Landeseinrichtungen in NRW haben laut Bezirksregierung unter anderem die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Geflüchteten registriert werden, einen Gesundheitscheck durchlaufen und ihr Asylantrag auf den Weg gebracht wird. Noch vor der Antragsstellung fänden grundsätzlich keine Zuweisungen aus dem Landessystem an die Kommunen statt, so die Behörde in Arnsberg.
Eine Landesunterkunft fungiere zusätzlich zu den kommunalen Unterkünften als eine Art „Puffer“, bis die Geflüchteten regulär in den Kommunen unterkämen.
Die Landesregierung arbeite mit Hochdruck am Ausbau weiterer Unterbringungskapazitäten im Landessystem, um die Kommunen zu entlasten, teilt die Bezirksregierung mit. Aktuell kämen viele Schutzsuchende nach Deutschland und auch nach NRW, die eine gute Bleibeperspektive hätten oder für die aufgrund der Situation in ihren Herkunftsländern nur eine schlechte Rückkehr- oder Rückführungsperspektive bestehe.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 28. September 2023.
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