
Über einen Großauftrag aus Berlin freut sich Sebastian Grabert aus der Unternehmensführung der Brackeler Compleo Charging Solutions AG. Die ersten Ladesäulen für Elektroautos sollen bereits im Juli geliefert werden. © Compleo/Frank Peterschröder
Compleo gewinnt Großauftrag in Berlin: Bringt das die Aktie in Schwung?
E-Mobilität
Ladesäulen aus Dortmund halten künftig E-Auto-Fahrer in Berlin mobil. Die Firma Compleo erhielt jetzt einen Millionenauftrag. Hilft das dem gefallenen Aktienkurs wieder auf die Beine?
In einer Zeit, in der der Aktienkurs ziemlich am Boden ist, kann der Dortmunder Ladesäulen-Hersteller Compleo einen Großauftrag in Berlin vermelden. Die Berliner Stadtwerke GmbH baut in der Bundeshauptstadt Ladeinfrastruktur mit Ladesäulen der Compleo Charging Solutions AG aus Brackel auf.
Gepunktet hat die Dortmunder Firma mit der Eichrechtskonformität ihrer Ladesäulen und der Bezahltechnologie. „Beim Aufbau neuer Ladestationen müssen laut Ladesäulenverordnung bis zum 1. Juli 2023 Kartenlesegeräte zur Bezahlung verfügbar sein. Wir starten deswegen rechtzeitig mit dem Aufbau. Damit bieten wir auch künftig eine verbrauchernahe Lösung an“, sagt Dr. Kerstin Busch, Geschäftsführerin der Berliner Stadtwerke.
Der kommunale Ökostromproduzent übernimmt im Sommer 2022 die Verantwortung für das öffentliche Ladenetz in der Hauptstadt und dessen Ausbau. Die erste Lieferung von Compleo soll bereits im Juli erfolgen.
Bezahlen an der Ladestation soll kinderleicht sein
Compleo war bereits bei der Umsetzung des Eichrechts Vorreiter. So erhielt das Unternehmen als erster Hersteller die Zulassung der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) für eine eichrechtskonforme DC-Ladestation, also eine Schnellladesäule. Bei eichrechtskonformen AC-Lösungen war Compleo nach eigener Aussage ebenfalls einer der ersten Anbieter am Markt.

Über einen Zeitraum von zwei Jahren nehmen die Berliner Stadtwerke eine große Anzahl von Ladestationen des Typs DUO IMS ab. Produziert werden sie in Dortmund. © Compleo
„Durch die Zukäufe der wallbe GmbH, der innogy eMS GmbH und die Bündelung von technischem Know how“, sagt Sebastian Grabert, Leiter des Finanzierungs- und Kapitalmarktbereichs, „kann Compleo noch besser auf die Anforderungen der Stadtwerke Berlin eingehen. Compleo integriert die Direct Payment Technologien von vornherein in seine Ladelösungen und gehört damit erneut zu den Vorreitern in der Branche.“

„Wir treiben Innovationen beim Bezahlen voran, damit das Laden und Bezahlen an der Ladestation für alle kinderleicht wird“, sagt Alfred Vrieling aus dem Management von Compleo. © Compleo/Frank Peterschröder
„Als technologiegetriebenes Unternehmen“, so betont Alfred Vrieling aus dem Compleo-Management, „treiben wir Innovationen beim Bezahlen voran, damit das Laden und Bezahlen an der Ladestation für alle kinderleicht wird - an jedem Ort zu jeder Zeit.“
Weiterer Auftrag aus einer Stadt in NRW kündigt sich an
Der Gesamtumfang des Rahmenvertrags mit den Berliner Stadtwerken beläuft sich auf ein Volumen im geringen einstelligen Millionenbetrag. Und in wenigen Wochen will Compleo schon den Abschluss - dann mit einer größeren Stadt in NRW - verkünden. Kann das die seit Monaten fallende Compleo-Aktie wieder nach oben bringen?
Für 49 Euro ist sie beim Börsengang im Herbst 2020 ausgegeben worden. Zwischenzeitlich erreichte sie einen Wert von fast 110 Euro. Seit September 2021 geht es allerdings abwärts. Am Donnerstag (12.5.) war sie auf 25,55 Euro gerutscht, am Tag darauf machte sie einen Sprung auf 30 Euro.
„Weder positive noch negative Unternehmensmeldungen schlagen sofort auf den Kurs durch. Die Börse ist zurzeit sehr nervös. Viele Aktien sind abgestürzt, auch unsere. Wir sind damit nicht zufrieden, aber es ist nicht zielführend, die Unternehmensleistung derzeit nur nach dem Aktienkurs zu messen“, sagt Sebastian Grabert.
Als wachsendes Unternehmen mit geringer Liquidität spüre Compleo jede Nervosität an der Börse - jeden Tag.
Grabert verweist auf den Anstieg der Zinsen, der von USA getrieben werde: „Jede Zinserhöhung ist für uns Gift.“ Hinzu kämen die Lieferschwierigkeiten durch die Corona-Lockdowns in China als auch durch den Krieg in der Ukraine.
Compleo-Aktie: „Geduld ist erforderlich“
„Geduld ist erforderlich. Wir sehen für die E-Mobilität auf Jahrzehnte große Wachstumsraten. Und diese Einschätzung teilt die ganze Industrie“, sagt Sebastian Grabert in Richtung der Anleger. Er verweist darauf, dass allein in Deutschland die Zahl der öffentlichen Ladepunkte von derzeit knapp 60.000 auf 1,5 Millionen ausgebaut werden soll.
Weil man am Hauptsitz an der Obersten-Wilms-Straße in Brackel kaum noch Entwicklungschancen hat und sich der Betrieb bereits auf zwei weitere Standorte in Dortmund verteilt, ist ein neuer Standort auf Phoenix-West im Gespräch. Seit 2018 hat sich die Zahl der Beschäftigten von 60 auf über 600 erhöht.
Bis heute hat Compleo nach eigenen Angaben rund 135.000 Ladepunkte an seine Kunden geliefert. Dazu zählen unter anderem Unternehmen wie Aldi, E.ON, Telekom, Siemens sowie über 300 Stadtwerke.
Nach mehreren Stationen in Redaktionen rund um Dortmund bin ich seit dem 1. Juni 2015 in der Stadtredaktion Dortmund tätig. Als gebürtigem Dortmunder liegt mir die Stadt am Herzen. Hier interessieren mich nicht nur der Fußball, sondern auch die Kultur und die Wirtschaft. Seit dem 1. April 2020 arbeite ich in der Stadtredaktion als Wirtschaftsredakteur. In meiner Freizeit treibe ich gern Sport: Laufen, Mountainbike-Fahren, Tischtennis, Badminton. Außerdem bin ich Jazz-Fan, höre aber gerne auch Rockmusik (Springsteen, Clapton, Santana etc.).
